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ASYL/585: Griechenland - No border Lesbos 2009 (Archipel)


Archipel Nr. 171 - Zeitung des Europäischen Bürgerforums - Mai 2009

GRIECHENLAND
No border Lesbos 2009

von No border Lesbos 2009 (*)


Lesbos ist ein zentrales Eingangstor für Tausende Flüchtlinge und MigrantInnen, die nach Europa wollen. Sie stapeln sich in kleinen Plastikbooten, bei ihrem Versuch, die Wassergrenze Türkei-Griechenland zu überwinden. Manche schaffen es nie. In den letzten 20 Jahren haben mindestens 1.100 Flüchtlinge und MigratInnen ihr Leben in der Ägäis verloren.


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Die griechische Hafenpolizei mit ihren Verhinderungspraktiken der Einreise verletzt die Rechte der Flüchtlinge und gefährdet damit ihre Leben. Gleichzeitig werden ihre Aktivitäten von FRONTEX(1) unterstützt. Das erste Schiff im Rahmen von FRONTEX hat im Juli 2008 auf Lesbos angefangen, aktiv zu sein. Vor Kurzem haben FRONTEX-Offiziere im Gefängnis von Pagani in Lesbos angefangen, Interviews/Verhöre mit Flüchtlingen und MigrantInnen zu führen, die im Gefängnis festgehalten werden.

In Pagani, (2 Kilometer außerhalb von Mitilini, der Hauptstadt der Insel) befindet sich das geschlossene Aufnahmelager, in das alle Flüchtlinge und MigrantInnen gebracht werden, sobald sie Lesbos erreicht haben. Sie werden dort für Wochen oder Monate eingesperrt. Es ist ein Gefängnis, wo die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Das Gebäude ist nicht für den Aufenthalt von Menschen gebaut, es hat nicht mal das Nötigste. Sie dürfen nicht mit der Außenwelt kommunizieren und sich nicht über ihre Rechte informieren und auch keinen Hofgang haben.

Nachdem sie im System EURODAC(2) eingetragen sind, werden sie freigelassen mit einem Papier, das ihre Abschiebung ankündigt und sie zwingt, innerhalb eines Monats das Land zu verlassen. Manche von ihnen stellen einen Asylantrag und verwickeln sich dadurch in bürokratische staatliche Verfahren, indem sie staatlicher Gewalt (2 Tote bei der Ausländerbehörde in Athen in den letzten Monaten) ausgesetzt sind und nur 0,6 Prozent ihrer Anträge anerkannt werden.

Die, die ihre Reise nach Rest-Europa weiter zu führen versuchen - meistens via Italien - stapeln sich in den Häfen von West-Griechenland wie Patras. Die Repression von Seiten der Hafenpolizei ist dort ebenso ein alltägliches Phänomen wie die Toten in den Verstecken auf LKWs während der Reise. Die es schaffen, weiter zu reisen, werden später durch das DUBLIN II - Abkommen nach Griechenland zurückgeführt.

Von dem Schengen-Abkommen bis zum Dublin-Abkommen, vom Einwanderungspakt der EU bis zur «Direktive der Schande», von FRONTEX bis IOM (International Organization of Migration), vom geschlossenen Aufnahmelager, den Abschiebungen und den Abwehrmethoden an den Grenzen bis zur Unterdrückung in den Metropolen: Europa beweist, dass es das Phänomen von Flucht und Migration nur als ein Problem begreift, dem mit Grenzüberwachung und Repression begegnet werden muss.

Hier in Lesbos, wo die Kontrollsysteme der europäischen Grenzen klar sichtbar sind, laden wir Euch vom 25. - 31.8.2009 ein, dass wir gemeinsame Erfahrungen zu Grenzlinien sammeln, dass wir diskutieren, uns koordinieren und kämpfen:

gegen die neoliberale Politik und den Zwang zur Migration,

gegen das Grenzregime, Repression und Abschiebung,

gegen Kontrollen und Kriminalisierung der Migration,

gegen Knastzentren und brutalem Umgang mit Flüchtlingen und Migrant-Innen,

gegen die Ausbeutung der Arbeitskraft der MigrantInnen.

Keine Grenzen! kein mensch ist illegal!

Offene Erstaufnahme- und Gasthäuser!

Gleiche Rechte für alle!


Anmerkungen:

(*) noborder.lesvos.2009(at)gmail.com

(1) Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU

(2) Automatisches System der EU, um die registierten Fingerabdrücke überprüfen zu können, um u.a. zu erfahren, in welchem Land der Immigrant zuerst angekommen ist, so dass er nur hier, falls überhaupt, einen Asylantrag stellen kann und nicht in den anderen Ländern.


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Quelle:
Archipel - Monatszeitung des Europäischen Bürgerforums
Nr. 171, Mai 2009, S. 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2009