Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

BERICHT/022: Konferenz in Stockholm - Entwicklung, junge Abgeordnete als Akteure des Wandels (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. April 2014

Entwicklung:
Junge Abgeordnete als Akteure des Wandels

von A. D. McKenzie



Stockholm, 30. April (IPS) - Fidelis Molao war 33 Jahre alt, als er 2009 ins botswanische Parlament einzog. Damals war er der jüngste Abgeordnete seines Landes und ist es auch heute mit 38 noch. Er engagiert sich seit langem für die Rechte junger Leute.

Auf der anderen Seite des Atlantiks, in Trinidad und Tobago, sitzt der 41-jährige Amery Browne im Unterhaus. Der studierte Mediziner ist das jüngste Mitglied seiner Partei, der oppositionellen Nationalen Volksbewegung. Zuvor diente er seinem Land als Sozialminister. Das Recht auf Gesundheitsversorgung hat er zum Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht.

Die beiden Parlamentarier sind Vertreter der 'jungen' Generation von Gesetzgebern in Entwicklungs- und Schwellenländern. Noch nie zuvor war der prozentuale Anteil junger Menschen an der Weltbevölkerung höher als heute. Inzwischen zeigt die in der Politik lange unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppe Präsenz und Profil.

"Als ich in meinem Land Jugendratsleiter war, hatten wir einen Leitsatz, der lautet: 'Alles, was ohne uns für uns unternommen wird, ist gegen uns'", meinte Molao im Gespräch mit IPS. "Ich mag zwar jung sein, doch bin ich trotzdem ein gleichberechtigtes Mitglied des Parlaments."


Internationale Parlamentarierkonferenz in Stockholm

Molao und Browne hatten mit rund 260 Abgeordneten aus 134 Ländern vom 23. bis 25. April in Stockholm an der Sechsten Internationalen Parlamentarierkonferenz für die Umsetzung des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) teilgenommen.

Die Anwesenden bekräftigten ihre Entschlossenheit, für Gesetze einzutreten, die die Menschenrechte schützen und unterschiedslos jede Form von Diskriminierung bekämpfen. Diese Ziele sind im Aktionsprogramm enthalten, das vor 20 Jahren auf der bahnbrechenden ICPD in Kairo beschlossen worden war.

Zum Abschluss der Veranstaltung in Stockholm bekräftigten die Parlamentarier ihre Entschlossenheit, Strategien und Programme zu entwerfen, die die Fähigkeiten junger Leute stärken, ihren besonderen Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten.

Politische Entscheidungsträger haben erkannt, dass es sich lohnt, junge Leute an Bord zu holen, insbesondere wenn es um Fragen wie sexuelle Gesundheit und reproduktive Rechte geht. Ihr Interesse an den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich in den sozialen Netzwerken bewegen, ermöglicht es ihnen zudem, ihre eigene Peergroup und noch jüngere Leute zu erreichen.

Doch offenbar ist es nicht leicht, ältere Abgeordnete dazu zu bewegen, den Jüngeren Platz zu machen. "Es gibt einige Abgeordnete in unserem Parlament, die bereits vor meiner Geburt gewählt wurden. Es ist nicht zu übersehen, dass sie an Kraft und Energie verloren haben", meinte Molao. "Wir brauchen neue Ideen und neue Ambitionen."

Es sei zwar nicht so leicht, junge Leute für die Politik zu begeistern. Doch in den Fällen, in denen dies gelinge, habe man verlässliche Partner an seiner Seite, die Gesetze zur Verbesserung der Menschenrechte, insbesondere der der Frauen und marginalisierten Gruppen, unterstützten, versicherte er.


Entwicklungsziele leiden unter Exklusion der Jungen

Laut Dianne Stewart, Abteilungsleiterin für Information und auswärtige Beziehungen im UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA), der die Konferenz organisiert hatte, sind nationale Strategien wichtig, die junge Leute dazu bringen, sich politisch zu engagieren. Dass es bei den Bemühungen um die Umsetzung der globalen Entwicklungsziele weiße Flecken gebe, sei darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerungsgruppe der jungen Menschen vernachlässigt worden sei.

Das hat sich besonders negativ auf junge Frauen ausgewirkt. Von den Frauen, die an Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt sterben, sind sie die größte Gruppe. Auch sind sie die Hauptopfer geschlechtsspezifischer Gewalt. "Noch nie war die Generation junger Leute größer als heute. Was werden wir tun, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden?" Gerade jungen Frauen müsse der Zugang zu Verhütungsmitteln geebnet werden. Sie brauchten Schutz, und es sei wichtig, dass sie ihre schulische Ausbildung beenden könnten.

Innerhalb der Karibik gibt es eine Reihe von Ländern, die vor allem ihre sexuellen Minderheiten diskriminieren, wie Browne berichtete. Auch ist Gewalt gegen Frauen in der Region verbreitet. Um diese gefährdete Gruppe zu schützen, müssten die Gesetze überarbeitet werden. "Wir wissen längst, dass wir nicht über Menschenrechte sprechen können, wenn Menschen weiterhin ausgeschlossen werden."

Browne zufolge lassen die Entwicklungen der letzten 100 Jahre auf mehr Gleichheit hoffen. So gebe es viele Bevölkerungsgruppen, die in der Vergangenheit attackiert, diffamiert und diskriminiert worden seien, inzwischen aber in Sachen Gleichheit aufgeholt hätten.

Auf der Veranstaltung in Stockholm brachten vor allem die älteren Parlamentarier ihre legitime Sorge über die negativen Auswirkungen des Kolonialismus, über die globalen Ungleichheiten, den Exodus der klugen Köpfe und den Verlust ihrer Ressourcen zum Ausdruck. Ihre jüngeren Kollegen teilten zwar die Befürchtungen, doch galt ihre Hauptinteresse anderen Themen. So erklärte die 41-jährige jamaikanische Senatorin Kamina Johnson Smith, dass es wichtig sei, Gesetze durchzubringen, die Kindermüttern nach der Entbindung die Rückkehr in die Schule ermöglichten. Auch müsse die Politik Frauen in ihrem Lande besser vor Gewalt schützen.


"Die Macht, etwas zu bewegen"

Die gleichaltrige schwedische Abgeordnete Ulrika Karlsson, Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses ihres Landes für sexuelle und reproduktive Rechte, erklärte: "Als Abgeordnete und Gesetzgeber haben wir die Macht, etwas zu bewegen. Und die Zeit, zu handeln, ist gekommen", meinte sie.

Zur Konferenz in der schwedischen Hauptstadt waren auch junge Aktivisten aus Entwicklungs- und Schwellenländern gekommen. Zu ihnen gehörte Remmy Shawa, der in Südafrika stationierte Afrika-Koordinator von 'MenEngage', einem globalen Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen und UN-Stellen, das Jungen und Männer zu Partnern im Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter macht.

"Ich bin wirklich froh, dass einige Abgeordnete jung sind", unterstrich Shawa gegenüber IPS. "Dadurch erhöht sich unsere Chance, gehört zu werden." Auf Länderebene gelte es jetzt eine klar definierte Strategie zu entwickeln, "durch die junge Leute in den Mittelpunkt der Entwicklungsagenda rücken". (Ende/IPS/kb/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/04/leadership-growing-young/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. April 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2014