Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

DEMOGRAPHIE/265: Arm aber jung - demographische Dividende für am wenigsten entwickelte Länder (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Mai 2011

Bevölkerung: Arm aber jung - UNFPA-Chef sieht demographische Dividende für LDCs

Von Sanjay Suri


Istanbul, 11. Mai (IPS) - In den 48 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, den sogenannten LDCs, ist nicht nur die Armut, sondern auch das Bevölkerungswachstum besonders hoch. Was auf den ersten Blick Anlass zur Sorge gibt, könnte sich für die LDC-Staatengruppe als lohnend herausstellen. Das zumindest meint der Exekutivdirektor des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA), Babatunde Osotimehin.

"Das Bevölkerungswachstum in den LDCs ist größer als in anderen Entwicklungsländern", erläuterte er im IPS-Gespräch am Rande der Vierten LDC-Konferenz der Vereinten Nationen vom 9. bis 13. Mai in Istanbul. "Wir rechnen mit drei bis 3,5 Prozent." Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wird sich die derzeitige LDC-Bevölkerung bis 2050 auf zwei Milliarden Menschen mehr als verdoppeln.

Dass gerade in Staaten mit hoher Geburtenrate auch die Armut zunimmt, ist eine Binsenweisheit, die gerade für die ärmsten Länder zutrifft. Dieses Zusammenspiel gilt es Osotimehin zufolge dringend zu unterbinden. "Wir müssen den Armutszyklus umkehren", sagte er. "Wenn uns das gelingt, lässt auch das Bevölkerungswachstum nach."


Mehr Mäuler, mehr Möglichkeiten

Die Chancen für einen solchen Wandel sind dem UNFPA-Chef zufolge durchaus gegeben. Das hätten schließlich schon die Schwellenländer China und Indien vorgemacht. Denn mehr Mäuler zu stopfen bedeute mehr kluge Köpfe und mehr arbeitsame Hände, sagte der gebürtige Nigerianer. 60 Prozent der Menschen in den LDCs sind unter 25 Jahre alt. Gewusst wie könnte eine enorme demographische Dividende erzielt werden, betonte Osotimehin. Mit der Energie so vieler junger Menschen ließe sich die produktive Basis in jeder Hinsicht verbreitern. "Auch die südostasiatischen Tigerstaaten sind mit den jungen Leuten gewachsen."

Sollten die richtigen Entscheidungen zugunsten von Bildung, Gesundheit und sozialer Integration getroffen werden, steige auch die Produktivität. "Sollten wir eine solche Entwicklung nicht fördern, werden wir erleben, wie junge Kinder das tun, was bereits ihre Eltern taten: mehr Kinder auf die Welt setzen und somit die Armut vergrößern", warnte der UNFPA-Chef.

Wie der Weg aus der Aussichtslosigkeit aussehen muss, darüber herrscht auf der LDC-Konferenz in Istanbul eine klare Vorstellung. So wird immer wieder die Forderung laut, dass ein faires Handelssystem gefragt ist, damit die ärmsten Länder der Welt den Armutskreislauf durchbrechen können.


Auch Frauen entscheidend für Entwicklung

Einem neuen UNFPA-Bericht mit dem Titel 'Population Dynamics and Poverty in the LDCs: Challenges and Opportunities for Development and Poverty Reduction' zufolge sind aber auch Investitionen in junge Menschen und insbesondere in die Frauen, in ihre Ausbildung und ihre Gesundheit entscheidend für den wirtschaftlichen Aufstieg.

Die Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen fange schon beim Zugang zu reproduktiver Gesundheit und Familienplanung an, so Osotimehin in dem UNFPA-Bericht. "Zu viele Teenager-Mädchen werden Mütter, zu viele bringen Kinder auf die Welt, zu viele verlassen die Schule, zu viele werden in ihrem Alltag missbraucht und diskriminiert."

Solche Investitionen tragen zu einem Rückgang der Müttersterblichkeit und der Familiengröße bei. In kleineren Familien wiederum steht mehr Geld für die Gesundheit und Bildung der Kinder zur Verfügung, wie Osotimehin vorrechnete. "Dieser tugendhafte Kreislauf hilft den Familien, der Gemeinschaften und Staaten, der Armut zu entrinnen." (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.un.org/wcm/content/site/ldc/home
http://www.unfpa.org/public/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=55567

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. Mai 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2011