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MILITÄR/815: Rußland - USA - Afghanistan (Andrej Bekenjow)


Russland - USA - Afghanistan

Von Andrej Bekenjow, Sankt Petersburg - 22. Februar 2009


Der amerikanische Luftwaffenstützpunkt in Kirgisien wird endgültig geschlossen. Das hat das kirgisische Parlament am 19.2.09 beschlossen. Einen Tag nach dem Parlamentsbeschluss, am 20.2.09, unterzeichnete der kirgisische Präsident Bakijew in der Hauptstadt Bischkek das entsprechende Gesetz. Ab diesem Tag haben die US-Truppen 180 Tage Zeit, den Stützpunkt, der von den USA als Drehkreuz zur NATO-Truppenversorgung in Afghanistan genutzt wurde, zu räumen. Aus diesem Grunde suchte der Kommandeur des US-Zentralkommandos CENTCOM, David Petraeus, nach Ersatz.

Ende Januar 2009 hatte US-General David Petraeus, Oberbefehlshaber der US-Truppen im Nahen und Mittleren Osten nach seinem Pakistan-Besuch eine Erklärung abgegeben. Demzufolge haben die USA mit Russland und einigen zentralasiatischen Staaten zusätzliche Versorgungswege für die US-Truppen mit nichtmilitärischen Gütern vereinbart.

Andrej Serenko, Experte des Zentrums für das Studium des modernen Afghanistan, erklärte dazu, dass Kasachstan und Tadschikistan bereits 2-seitige Transitabkommen mit den USA abgeschlossen hatten. Solche Abkommen würden es den USA ermöglichen, einen neuen kaspischen Transitweg für NATO-Güter über Georgien nach Aserbaidschan und dann übers Meer in die kasachische Hafenstadt Aktau zu bringen. Von dort sollte die Fracht über den deutschen Stützpunkt in Usbekistan, das im vergangenen Jahr den USA erlaubte, diesen mit zu benutzen, nach Afghanistan gelangen.

Das Ganze hat nur einen Haken.

Der Status des Kaspischen Meeres sieht vor, dass mit einem solchen Transit alle Länder des Kaspischen Beckens, darunter der Iran, einverstanden sein müssten. Mit Irans Einverständnis dürfte kaum zu rechnen sein. Demnach wären den Amerikanern nur zwei Wege geblieben: "Entweder Transit durch Russland oder gar keiner", sagte Michail Margelow, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im russischen Föderationsrat.

Am 14. Februar 2009 hatte der russische Experte Leonid Iwaschow anlässlich des 20. Jahrestages des Truppenabzugs sowjetischer Truppen aus Afghanistan RIA Novosti ein Interview gegeben. Darin erklärte er: "Mit ihrem Afghanistan-Feldzug wollte die Sowjetunion ihre südliche Flanke absichern. Wir haben uns in den Konflikt eingemischt, um eine stabile und freundschaftliche Regierung in Afghanistan zu erhalten ... Gorbatschow hat Nadschibullah im Stich gelassen. Heute ist Afghanistan faktisch eine Domäne der USA. Afghanistan sei für die USA nicht nur als zukünftiges Ressourcengebiet interessant, sondern vor allem als "günstiges militärisches Aufmarschgebiet, um die Lage in Pakistan, Indien, Iran und China zu destabilisieren".

Dass Russland darüber beunruhigt sein muss, wenn quasi vor seiner Haustür verstärkt NATO-Truppen stationiert werden, versteht sich. Deshalb prüft die Schanghaier Organisation, die ein Gegengewicht zur NATO in diesem Raum darstellt, die Aufnahme Irans als Vollmitglied. Die Entscheidung dazu soll im Juni diesen Jahres in Jekaterinburg erwartet werden. Der Organisation gehören heute Russland, China, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan an. Indien, die Mongolei, Pakistan und Iran haben zur Zeit einen Beobachterstatus inne.

Laut "Kommersant" wandte sich der iranische Verteidigungsminister Mustafa Muhammad Nadschar bezüglich der Lieferung des Flugwehr-Raketensystems S-300 PMU-1 für die Islamische Republik an Russland. Dieser Liefervertrag zwischen Russland und dem Iran ist schon lange unterschrieben, aber Russland zögert im Moment, dem Iran diese Waffen zu liefern, um den sich anbahnenden Dialog zwischen dem neuen US-Regierungschef Obama mit Russland nicht zu stören. In diesem Dialog geht es nämlich um solch wichtige Fragen wie die der atomaren Abrüstung und der Aufstellung eines US-Raketenschildes in den ehemaligen sozialistischen Ländern.

Übersetzung ins Deutsche: Brigitte Queck


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Quelle:
Andrej Bekenjow, St. Petersburg
mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Übersetzerin
© 2009 Andrej Bekenjow, St. Petersburg


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2009