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MILITÄR/851: Ermittlungen zu Kunduz eingestellt - Freispruch für ein Massaker an Zivilisten (IPPNW)


IPPNW - Dienstag, 20. April 2010
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.

Freispruch für ein Massaker an Zivilisten

Bundesanwaltschaft stellt Ermittlungen zu Kunduz ein


Mit Empörung haben die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges die Nachricht aufgenommen, dass die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel Wilhelm wegen des Luftangriffs vom 4. September 2009 in der Nähe von Kunduz eingestellt hat. "Das ist im Ergebnis der Freispruch für ein Massaker an unbewaffneten Zivilisten", kritisierte Matthias Jochheim, stellvertretender Vorsitzender der Friedensorganisation, die Einstellung des Verfahrens.

Jochheim bezweifelt, dass im Verfahren Aussagen bewertet wurden, nach denen Oberst Klein den Angriff der US-Flugzeuge durch unwahre Angaben an die US-Armee erzwungen hatte. Weil die der Entscheidung der Bundesanwaltschaft zugrunde liegenden militärischen Informationen zum überwiegenden Teil geheime Verschlusssache seien, könne er dies nicht nachvollziehen. Laut einem NATO-Untersuchungsbericht und dem Kommandeur des afghanischen Regionalkommandos Nord in Masar-i-Sharif, Brigadegeneral Jörg Vollmer, habe Oberst Klein eine "Feindberührung" als zwingende Voraussetzung für den Angriff der Piloten behauptet. Diese Behauptung einer "Feindberührung" war aber unwahr.

Zudem wertet Jochheim die dubiosen Aussagen des Gouverneurs der Region Kunduz, Mohammed Omar, wonach zum Zeitpunkt des "Luftschlags" an den entführten Tanklastern befindliche Personen "Taliban" gewesen sein müssten, möglicherweise als Ausdruck eines regionalen Konfliktes zwischen Paschtunen und Nicht-Paschtunen, für den sich die Bundeswehr habe instrumentalisieren lassen.

Die IPPNW fordert einen sofortigen Waffenstillstand und die Ausarbeitung eines zügigen Abzugsplanes aller ausländischen Truppen.


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Quelle:
IPPNW-Pressemitteilung vom 20.4.2010
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges /
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.
IPPNW-Geschäftsstelle, Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2010