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MILITÄR/881: Abrüstung - Mythos der nuklearen Abschreckung auf dem Prüfstand (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2010

Abrüstung: Mythos der nuklearen Abschreckung auf dem Prüfstand

Von Kanya D'Almeida


New York, 10. Dezember (IPS) - Im öffentlichen Diskurs hat die Theorie der nuklearen Abschreckung der internationalen Abrüstungsdebatte ihren Stempel aufgedrückt. Sie wurde nun von prominenten Rechtsexperten auf einer Podiumsdiskussion des NGO-Komitees für Abrüstung, Frieden und Sicherheit der Vereinten Nationen als "Mythos" entlarvt, die jeder konstruktiven Abrüstungsdiskussion im Wege steht.

Wie Ward Wilson am 'Centre for Non-Proliferation Studies' (CNS) kürzlich in New York erklärte, wird es mit Blick auf die Abrüstungsdebatte Zeit für einen ähnlich radikalen Paradigmenwechsel, wie ihn die Lehre des Kopernikus herbeigeführt habe. Seinen Forschungen zufolge können weder der Einsatz von Kernwaffen, noch die Drohung, sie einzusetzen, Kriege verhindern, beenden oder gewinnen.

Japan muss meist als Beispiel dafür herhalten, das Atomwaffen ein Abschreckungspotenzial besitzen. Das ostasiatische Land hatte sich nach dem US-Abwurf der Atombombe 'Little Boy' am 6. August 1945 auf Hiroschima ergeben. Die Tragödie galt den USA Jahrzehnte lang als Erfolgsgeschichte - zu unrecht, wie Wilson betonte. Dem Atomwaffengegner zufolge werden einige entscheidende Fakten ignoriert, die die These in Frage stellen.


Kriegsende durch Einmarsch der Sowjets

Wilson zufolge war Hiroshima nur eine von 68 japanischen Städten, die über Monate gnadenlos bombardiert wurden. Was die Zahl der Todesopfer anging, belegte sie damals den neunten oder zehnten Platz. Dass sich Nippon jedoch erst nach dem Angriff auf Hiroshima ergab, führen er und andere Wissenschaftler vor allem auf die sowjetische Invasion kurz vor der Explosion einer zweiten Atombombe in Nagasaki am 9. August zurück.

John Burroughs, Exekutivdirektor des 'Lawyers' Committee on Nuclear Policy' (LCNP), sieht in Atomwaffen die größte Sicherheitsgefahr für die USA, deren Besitz zudem illegal sei. "Die Tatsache, dass der Einsatz von Atomwaffen in den Haager und Genfer Konventionen rechtswidrig ist, "bedeutet notwendigerweise, dass auch jede US-Androhung, diese Waffen einzusetzen, ungesetzlich sein muss".

Dem Juristen zufolge stellt sich automatisch die Frage, warum ein Land Kernwaffen besitzt, wenn es nicht bereit ist, sie unter gegebenen Umständen einzusetzen. "Die Welt ist nun von der ständigen Gefahr der atomaren Vernichtung bedroht, kritisierte Burroughs. Den USA warf er vor, die Unverfrorenheit zu besitzen, die eigenen atomaren Waffenarsenale zu stärken und Länder wie Iran, Nordkorea und Syrien der internationalen Verdammnis preiszugeben. (Ende/IPS/kb/2010)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2010