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REDE/812: Merkel - Regierungserklärung zum Afghanistan-Konzept der Bundesregierung, 27.01.10 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
"REGIERUNGonline" - Wissen aus erster Hand - 28.01.2010

Regierungserklärung zum Afghanistan-Konzept der Bundesregierung von Bundeskanzlerin Merkel vor dem Deutschen Bundestag am 27. Januar 2010 in Berlin

Stenografische Mitschrift des Deutschen Bundestages


Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Ende 2001 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, deutsche Soldaten im Rahmen des internationalen NATO-Einsatzes auf der Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrates nach Afghanistan zu entsenden. Das war eine der schwierigsten Entscheidungen, die die damalige Bundesregierung und der Deutsche Bundestag im ganzen letzten Jahrzehnt zu treffen hatten. Leicht gemacht hat es sich damals niemand. Mitgetragen haben diese Entscheidung am Ende die allermeisten in diesem Hohen Haus, und zwar bis heute. Dafür danke ich Ihnen im Namen der Bundesregierung und unserer Soldaten ganz herzlich.

Nach den Anschlägen des 11. September galt es mitzuhelfen, dem internationalen Terrorismus die Rückkehr an seine wichtigste Heimstatt zu verwehren. Es galt mitzuhelfen, Afghanistan den Weg zurück zu Frieden und Stabilität zu öffnen. Dieser Auftrag hat an seiner Bedeutung und seiner Gültigkeit nichts verloren. Dennoch: Heute, gut acht Jahre später, ist die Bilanz dieses Einsatzes gemischt.

Es gab manche Fortschritte und zu viele Rückschläge.

Außer Zweifel steht: Die internationale Staatengemeinschaft hat das Ziel ihres Einsatzes noch nicht er­reicht. Deshalb müssen wir handeln. Frankreich, Großbritannien und Deutschland haben dazu im September letzten Jahres, also noch zu Zeiten der damaligen Bundesregierung der Großen Koalition, die Initiative ergrif­fen und eine internationale Afghanistan-Konferenz angestoßen. Sie findet morgen in London statt. Unser Bundesaußenminister Guido Westerwelle wird Deutschland dort vertreten. Ich möchte ihm von diesem Ort aus ausdrücklich für die hervorragende Vorbereitung der Konferenz danken.

Danken möchte ich genauso dem Verteidigungsminister, dem Innenminister und dem Entwicklungshilfeminister.

In London wird die internationale Staatengemeinschaft beraten, wie die Aufgabe, in Afghanistan für Si­cherheit und Stabilität zu sorgen, in den nächsten Jahren Schritt für Schritt in die Hände der Afghanen gelegt werden kann.

Meine Damen und Herren, in London geht es also um nichts weniger als um eine Weichenstellung. Es geht um eine Weichenstellung, die nach meiner Überzeugung über Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes in Afghanistan entscheiden wird. In einem Satz: Es geht um die Entwicklung einer Strategie zur Übergabe in Verantwortung, und zwar einer gemeinsamen internationalen Strategie. Übergabe in Verantwortung - daran müssen wir alles ausrichten: die Zahl der Soldaten und Ausbilder, die Grundsätze des Einsatzes, die regionalen Zuständigkeiten.

In diesem Sinne hat die Bundesregierung ein Paket für eine Weiterentwicklung unseres Afghanistan-Einsatzes geschnürt. Gestern habe ich gemeinsam mit den zuständigen Ministern die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien darüber unterrichtet. Heute nun möchte ich Ihnen in diesem Hohen Haus unser Konzept vorstellen. Es umfasst fünf Punkte:

Erstens. Wir werden die Ausbildung der afghanischen Armee stark forcieren. Sie wird nicht nur wie bisher in den Camps erfolgen; nein, in Zukunft sollen unsere Soldaten gemeinsam mit ihren afghanischen Kameraden für den Schutz der Bevölkerung in der Nordregion sorgen. Diese Aufgabe wird künftig im Zentrum unseres Engagements stehen. Dazu wollen wir - natürlich vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bun­destages - 500 Soldatinnen und Soldaten zusätzlich nach Afghanistan entsenden. Sie sind für Ausbildung, für Begleitung, für den Schutz der Bevölkerung sowie für Führungsleistungen vorgesehen. Durch Umschichtung der Aufgaben im bestehenden Kontingent und durch die zusätzlichen Soldaten können statt heute 280 in Zukunft 1 400 Soldaten in die Ausbildung mit einbezogen werden. Das Kommando in der Region Nord soll auch in Zukunft von Deutschland geführt werden. Weitere 350 Soldaten werden als flexibel eingesetzte Reserve benötigt, insbesondere um auf besondere Situationen, zum Beispiel bei der Absicherung der Parlamentswahlen im Herbst, angemessen reagieren zu können. Sie werden nur - das ist neu - nach Befassung des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages eingesetzt, und zwar jeweils zeitlich befristet und auf die Aufgabe ausgerichtet.

Zweitens. Wir werden die Zahl der deutschen Polizeiausbilder in unserem bilateralen Projekt in diesem Jahr von 123 auf 200 und somit deutlich erhöhen. Damit können wir bis 2012 etwa ein Drittel der neuen Kräfte ausbilden, die laut Aufwuchsplan in die afghanische Polizei aufgenommen werden sollen. Wir werden dabei nicht nur mehr afghanische Polizisten, sondern gezielt auch afghanische Polizeitrainer ausbilden und zusätzliche Polizeiinfrastruktur aufbauen. Darüber hinaus werden wir auch unseren Beitrag zur Europäischen Polizeimission, EUPOL, kurzfristig erhöhen, und zwar von 45 auf 60 Polizeiexperten. Von 2002 bis 2009 haben wir bereits circa 30 000 afghanische Polizisten aus- und fortgebildet. 30 000 von insgesamt 97 000 afghanischen Polizisten - dieser Beitrag Deutschlands kann sich wirklich sehen lassen. Er ist in seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Genau diesen Weg - das haben wir heute Morgen auch mit dem Präsidenten Karzai besprochen - werden wir fortsetzen.

Drittens. Die Bundesregierung plant eine Entwicklungsoffensive mit einem Schwerpunkt in unserem Ver­antwortungsbereich, also im Norden Afghanistans. Unser finanzielles Engagement dazu wird nahezu verdoppelt. Konkret heißt das: Vorbehaltlich der Zustimmung der Haushaltsgremien des Deutschen Bundestages werden wir bis 2013 jährlich statt heute 220 Millionen Euro 430 Millionen Euro in den zivilen Wiederaufbau investieren.

Damit wollen wir ganz konkrete Ziele erreichen, zum Beispiel für 3 Millionen Menschen mehr Einkommen und Beschäftigung schaffen. Das sind drei Viertel der Bevölkerung in den Schwerpunktprovinzen unseres Verantwortungsbereichs. Wir werden mit diesen Mitteln weitere Straßen bauen - insgesamt 700 Kilometer -, die ganzjährig befahrbar sind. Wir werden neue Lehrer ausbilden. Und wir werden zusätzlich 500 000 Schülern einen Schulbesuch ermöglichen. Das heißt nichts anderes, als dass statt heute 25 Prozent der Kinder zukünftig 60 Prozent der Kinder Zugang zu Schulen haben werden.

Wir verpflichten uns als Bundesregierung, dem Parlament über die erreichten Fortschritte regelmäßig Bericht zu erstatten.

Viertens. Deutschland beabsichtigt, für den neuen internationalen Reintegrationsfonds jährlich 10 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre, also insgesamt 50 Millionen Euro, zur Verfügung zu stellen. Dafür müssen natürlich die Voraussetzungen stimmen. Die Risiken eines solchen Fonds liegen ohne jeden Zweifel auf der Hand, aber ebenso die Chancen. Denn wenn es uns gelingt, mit einem solchen Integrationsfonds mehr Kräfte in Afghanistan zu erreichen, die die Verfassung als Grundlage des politischen Handelns akzeptieren, und regierungsfeindliche Kämpfer zu motivieren, die Waffen niederzulegen und die Gesetze zu respektieren, dann können wir auf diesem Wege Anreize geben, damit diese Menschen auch am Aufbau des Landes mitwirken.

Präsident Karzai hat in seiner Inaugurationsrede die Reintegration zu einem Schwerpunkt der Arbeit der neuen Regierung gemacht. Er hat dies auch bei seinen Gesprächen gestern Abend und heute Morgen hier in Berlin noch einmal ganz deutlich unterstrichen. Wir unterstützen diesen Ansatz ausdrücklich.

Fünftens. In London müssen ganz konkrete Ziele vereinbart werden, damit wir gemeinsam mit der afghanischen Regierung präzise überprüfen können, wie weit wir auf dem Weg zu Sicherheit und Stabilität vorangekommen sind. Dazu gehört vor allem eine klare Verabredung, welchen Umfang die afghanischen Sicherheitskräfte in den Jahren 2010 und 2011 erreichen sollen. Wir gehen von insgesamt gut 300 000 Sicherheitskräften aus; das ist die Summe aus Soldaten und Polizisten. Die in London zu vereinbarenden Zielmarken sollten den endgültigen Umfang der afghanischen Sicherheitskräfte darstellen. Dann können wir auch den tatsächlichen Bedarf feststellen und die notwendigen Maßnahmen zur Ausbildung und Ausrüstung ergreifen.

Zugleich muss uns die afghanische Regierung einen glaubwürdigen Entwicklungsplan vorlegen und Bereit­schaft zu strukturellen Reformen erkennen lassen, um gute Regierungsführung auch auf zentraler und lokaler Ebene zu stärken. Damit es keine Missverständnisse gibt: Wir haben keine Illusionen hinsichtlich bestimmter Demokratievorstellungen nach unseren Kriterien. Solche Vorstellungen wären angesichts der Geschichte und Tradition des Landes wohl auch vermessen. Dennoch müssen wir Mindestanforderungen an die Effizienz und die Legitimität der Institutionen stellen. Korruption muss wirksamer bekämpft werden. Wahlen müssen nach demokratischen Standards ablaufen. Drogenanbau muss intensiver bekämpft werden, und regierungsfeindliche Kräfte dürfen keinen weiteren Unterschlupf außerhalb Afghanistans finden.

Um das zuletzt Genannte zu erreichen, muss der Dialog zwischen Afghanistan und den Partnerländern, ganz besonders Pakistan, dringend intensiviert werden. Ohne eine verbesserte regionale Kooperation, insbesondere zwischen Afghanistan und Pakistan, wird es in Afghanistan keinen Frieden geben.

Meine Damen und Herren, das sind die fünf Punkte, mit denen Deutschland morgen in die Afghanistan-Konferenz gehen wird. Sie zeigen das Leitmotiv unseres Handelns: Ohne Sicherheit kann es nicht gehen; aber dauerhaft stabilisieren kann Afghanistan nur eine politische Strategie. Ziviler Aufbau und Entwicklung, militä­rische Ausbildung und Schutz der Bevölkerung, das geht für uns Hand in Hand. Unser Konzept ist eng mit unseren wichtigsten Partnern abgestimmt: mit Frankreich, mit den Vereinigten Staaten von Amerika genauso wie mit Großbritannien.

Die internationale Staatengemeinschaft hat eine klare Vorstellung von Sinn und Zweck der Londoner Konferenz. London ist weder eine Geber- noch eine Truppenstellerkonferenz; London ist eine Strategiekonferenz. Ihr Ziel ist es, die Voraussetzungen für die Übergabe in Verantwortung zu schaffen, und zwar gemeinsam mit den afghanischen Autoritäten. Wenn die Umsetzung dieser Strategie gelingt, strebt Deutschland unter den jetzt bekannten Voraussetzungen an, die Übergabe in Verantwortung in einzelnen Distrikten in Nordafghanistan bereits im ersten Halbjahr 2011 einzuleiten. Dann beabsichtigt Deutschland, einzelne Fähigkeiten, die nicht mehr benötigt werden, ab Ende 2011 zu reduzieren. Dann können ab diesem Zeitpunkt gegebenenfalls auch der Gesamtumfang unserer Truppen und die Mandatsobergrenze gesenkt werden.

Wir unterstützen das Ziel der afghanischen Regierung, bis 2014 die Verantwortung für die Sicherheit zu übernehmen. Aber ich sage an dieser Stelle klar und deutlich: Ein endgültiges Abzugsdatum nenne ich aus­drücklich nicht.

Das hielte ich für kontraproduktiv und für falsch. Mehr noch: Gerade wer tatsächlich möchte, dass der Einsatz der internationalen Staatengemeinschaft in Afghanistan nicht unendlich weitergeht, sondern in absehbarer Zeit abgeschlossen werden kann, und zwar erfolgreich, der darf dem manchmal vielleicht emotional ja nachvollziehbaren Impuls, ein solches Abzugsdatum zu nennen, nicht nachgeben. Das ist meine tiefe Überzeugung.

Deshalb wird die Bundesregierung das auch nicht tun.

Dabei kenne ich die kritischen Fragen so gut wie Sie alle: Engagieren wir uns nicht schon genug in Afghanis­tan? Lassen wir uns zu sehr von anderen drängen? Können wir dort überhaupt erfolgreich sein? Ich weiß sehr gut, dass gerade die Erhöhung der Zahl der Soldaten von niemandem mit leichtem Herzen beschlossen werden kann. Ich weiß sehr gut, dass wir sie in einen belastenden, in einen gefährlichen Einsatz schicken. Deshalb sind wir es ihnen, den Soldaten, den Polizisten, den zivilen Aufbauhelfern, die wir in diesen gefährlichen Einsatz schicken, ja, wir sind es der gesamten deutschen Öffentlichkeit schuldig, hier und heute ehrlich Rechenschaft abzulegen - Rechenschaft über das, was erreicht wurde, und über das, was nicht erreicht wurde.

Ja, es ist wahr: Der Einsatz dauert länger, und er ist schwieriger, als wir zu seinem Beginn vor gut acht Jah­ren gedacht haben. Ja, es hat schwere Rückschläge gegeben, die wir so nicht vorausgesehen haben. Und ja, der Einsatz fordert Menschenleben bei unseren Soldaten, bei den Polizisten, bei den zivilen Helfern und in der afghanischen Bevölkerung, Menschenleben, deren Verlust wir inständig gehofft haben nicht beklagen zu müssen. Es gibt Menschen, die auch infolge deutschen Handelns ihr Leben verloren haben oder verletzt wurden, wie dies beim Luftschlag von Kunduz am 4. September des vergangenen Jahres geschehen ist. Die Bundesregierung bedauert dies zutiefst. Die Bundesregierung trauert um jedes unschuldige Opfer.

Wir sehen nicht darüber hinweg: Es herrscht immer noch kein Frieden in diesem leidgeprüften Land. Zerstö­rung und Tod sind tägliche, bittere Erfahrungen. Unsere Soldaten erleben vor Ort hautnah, was es bedeutet, wenn wir von kriegsähnlichen Zuständen sprechen. Das sollten wir, die hier im fernen, sicheren Berlin debattieren, in keiner Sekunde vergessen. Wir müssen uns der Größe der Aufgabe bewusst sein. Doch sollte uns die Größe dieser Aufgabe entmutigen? Sollte sie etwas daran ändern, dem internationalen Terrorismus entschlossen entgegenzutreten und alles zu tun, um einen neuen 11. September, ein neues Madrid, ein neues London zu verhindern? Ich sage ganz klar: Nein. Die Aufgabe war 2001 richtig, und sie ist es heute genauso.

Manche meinen, Afghanistan sei ein unverständliches Land, weit weg, getrennt von uns durch andere Kultur­kreise. Ja, das mag so sein. Dieses Land mag vielleicht tatsächlich weit weg sein, aber was auf dem Spiel steht, das ist ganz und gar nicht weit weg. Wir dürfen nie die Umstände vergessen, die alle Bundesregierungen seit Ende 2001 bis heute zum Afghanistan-Einsatz bewogen haben: dass das von Taliban und al-Qaida beherrschte Afghanistan die Brutstätte des Terrors vom 11. September 2001 war. Ihm folgten weitere Anschläge. Deshalb galt damals und gilt heute: Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des internationalen NATO-Einsatzes war und ist in dringendem Interesse der Sicherheit unseres Landes.

Ich ergänze ganz ausdrücklich: Eine Haltung nach dem Motto "Sollen doch die anderen, die Amerikaner, die Engländer, die Kohlen aus dem Feuer holen" ist für mich als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutsch­land und für die gesamte Bundesregierung unverantwortbar.

Deshalb wird es in meiner Regierungsverantwortung einen deutschen Alleingang niemals geben.

Wir haben diesen Einsatz gemeinsam beschlossen - in den Vereinten Nationen, in der NATO -, und wir werden ihn mit überarbeiteter Strategie gemeinsam fortsetzen. Wir wollen alles daransetzen, ihn gemeinsam zum Erfolg zu führen. Deswegen wäre ein einseitiger Abzug der Bundeswehr kein Beitrag zur Übergabe in Verantwortung, sondern ein Beispiel für Aufgabe in Verantwortungslosigkeit.

Das gilt umso mehr, als doch trotz aller Rückschläge auch Fortschritte zu verzeichnen sind: Gingen 2001 nur 1 Million Kinder von insgesamt rund 10 Millionen afghanischen Kindern zur Schule, davon kein einziges Mädchen, so waren es 2009 immerhin schon 7 Millionen Kinder, davon ein gutes Drittel Mädchen. Oder die Gesundheitsversorgung: Sie hat sich deutlich verbessert; die Kindersterblichkeit ist um 50 Prozent gesunken. Oder die legale Wirtschaft: Der IWF hat in diesem Bereich für das Jahr 2009 ein Wachstum von mehr als 15 Prozent festgestellt. Oder die Infrastruktur: Alle Provinzen in Nordafghanistan sind inzwischen über gut ausgebaute Straßen mit Kabul und den Nachbarstaaten verbunden; 900 000 Menschen im Norden haben oft zum ersten Mal überhaupt Zugang zu Strom und Wasser.

Noch einmal, meine Damen und Herren: Niemand in diesem Haus will hier und heute über die Probleme und Rückschläge den Mantel des Schweigens legen, ich jedenfalls nicht. Es steht außer Zweifel: Die internationale Staatengemeinschaft hat eine Bewährungsprobe zu bestehen. Es ist auch eine Bewährungsprobe für die drei Grundprinzipien, die die deutsche Außenpolitik in der Vergangenheit immer geleitet haben und sie weiter leiten werden - der Dienst für den Frieden, der wehrhafte Rechtsstaat, feste Bündnisse und Partnerschaften. Alle drei Grundsätze galten und gelten immer im Zusammenhang. Die Verteidigung der Menschenrechte hat ihren Preis, und die unserer Sicherheit auch - das ist wahr -, aber ich bin weder bereit, das eine, noch bin ich bereit, das andere aufzugeben. Beides zusammen trägt unser Land.

Genau das ist doch der Grund, warum seit der Konferenz auf dem Petersberg alle Bundesregierungen zu dieser Verantwortung Deutschlands in Afghanistan gestanden haben. Darum geht es auch heute.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, wenn es eine Aufgabe gibt, die zu wichtig ist, als dass parteipoli­tische Interessen den Ausschlag geben dürfen, dann ist es genau diese Aufgabe.

In diesem Sinne bitte ich das ganze Hohe Haus um Unterstützung, damit wir unserer Verantwortung für Deutschland und für Afghanistan gerecht werden können.

Herzlichen Dank.


http://www.bundesregierung.de/nn_1502/Content/DE/Regierungserklaerung/2010/2010-01-28-merkel-erklaerung-afghanistan.html


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Quelle:
Regierungserklärung zum Afghanistan-Konzept der Bundesregierung von
Bundeskanzlerin Merkel vor dem Deutschen Bundestag am 27. Januar 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2010