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SICHERHEIT/153: Feldeinsätze gefährlicher denn je - 61 UN-Mitarbeiter im letzten Jahr getötet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2015

UN: Feldeinsätze gefährlicher denn je - 61 UN-Mitarbeiter im letzten Jahr getötet

von Thalif Deen


Bild: © Martine Perret/UN

Blauhelme der UN-Mission im Kongo
Bild: © Martine Perret/UN

New York, 14. Januar (IPS) - Die weltweiten Einsätze der Vereinten Nationen, vor allem in den afrikanischen, asiatischen und nahöstlichen Konfliktgebieten, fordern von Jahr zu Jahr mehr Menschenleben. Die Gefahr für Leib und Leben ist oftmals so absehbar, dass die Weltorganisation ihre Mitarbeiter indirekt dazu ermuntert, ihr Testament zu machen.

Für die Weltorganisation zu arbeiten, hat sich besonders im letzten Jahr als lebensgefährlich herausgestellt. Mitarbeiter wurden gezielt angegriffen oder sahen sich äußerst bedrohlichen Situationen ausgesetzt, wie vom Ständigen Ausschuss der UN-Gewerkschaft für die Sicherheit und Unabhängigkeit des internationalen zivilen Dienstes zu hören ist.

Es ist für die Vereinten Nationen schwierig, das eigene Personal in solchen kritischen Überseeeinsätzen angemessen zu schützen. "Die Hauptschutzverantwortung kommt den Ländern zu, in denen die UN-Mitarbeiter leben und arbeiten", meint dazu die Vorsitzende der UN-Gewerkschaft, Barbara Tavora-Jainchill. Für sie stellt sich die Frage, ob die UN ihre Mitarbeiter überhaupt an Orte schicken sollte, wo sie für deren Sicherheit nicht garantieren könne.

Im vergangenen Jahr kamen mindestens 61 Menschen, die für die Vereinten Nationen direkt oder indirekt tätig waren, ums Leben. Unter den Opfern waren 33 Blauhelme, 16 zivile Mitarbeiter, neun Begleitpersonen und drei Berater. 2012 starben im UN-Einsatz 37 Mitarbeiter - davon 20 Zivilisten und 17 Blauhelme.

Dem Ständigen Ausschuss der UN-Gewerkschaft zufolge stellte sich im letzten Jahr vor allem Nordmali als gefährlicher Einsatzort heraus. Dort gerieten im vergangenen Oktober neun UN-Soldaten in einen tödlichen Hinterhalt. Zwischen Juni und Oktober wurden dort insgesamt 28 Blauhelme getötet. Der Gazastreifen wurde zwischen Juli und August für elf zivile UN-Mitarbeiter zur tödlichen Falle.

Auch die Einsätze in Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo (DRC), in Kambodscha, Pakistan, Somalia, dem Südsudan, dem sudanesischen Darfur und der Zentralafrikanischen Republik verliefen für einige UN-Mitarbeiter tödlich.


Gezielte Angriffe

Während eines Festakts im Gedenken an die vielen Opfer in den UN-Reihen erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in diesem Monat, dass ihn die Zahl der zivilen Helfer und Blauhelme, die im letzten Jahr "gezielt" attackiert worden seien, zutiefst empöre. Als Beispiel für solche vorsätzlichen Taten führte er den Angriff auf UN-Mitarbeiter in einem Restaurant im afghanischen Kabul und auf zwei Kollegen in Somalia an, nachdem diese aus einem Flugzeug ausgestiegen waren.

Auf der gleichen Veranstaltung meinte Ian Richards, Vorsitzender des Koordinationsausschusses der internationalen Mitarbeiterverbände: "Wir werden zu den schwierigsten und gefährlichsten Plätzen der Welt gerufen. Die Arbeit ist erfüllend und wir tun sie freiwillig. Das einzige, was wir von der Organisation verlangen, ist, dass sie ihr Bestes tut, um uns zu schützen, dass sie sich um unsere Familien kümmert und unsere Angreifer, auch wenn sie aus Regierungskreisen kommen, haftbar gemacht werden."

In einer am 13. Januar verbreiteten Mitteilung wies der Ständige Ausschuss der UN-Gewerkschaft darauf hin, dass der Sudan das Land ist, in dem die meisten einheimischen UN-Mitarbeiter verhaftet oder entführt würden. Im Mai letzten Jahres hatte es geheißen, dass Mitglieder der südsudanesischen Streitkräfte in zwei separaten Zwischenfällen in Juba zwei UN-Mitarbeiter angegriffen und ohne rechtliche Grundlage verhaftet hätten.

Im August nahm der südsudanesische Nationale Sicherheitsdienst zwei einheimische UN-Angehörige fest. Und im Oktober hinderten acht bewaffnete Männer in Zivilkleidung einen Beschäftigten des Weltgesundheitsprogramms daran, vom Flughafen Malakal abzufliegen, und fuhren mit ihm davon. Etliche weitere UN-Mitarbeiter und deren Begleiter seien in Geiselhaft genommen, entführt oder verschleppt worden, heißt es in der Mitteilung.

Auf den Golanhöhen verhafteten im Zeitraum vom 28. August bis 11. September 2014 bewaffnete Mitglieder der politischen Opposition 44 Blauhelme von den Fidschi-Inseln. Im Jemen, in der sudanesischen Darfur-Region, in Pakistan und im Südsudan wurden weitere UN-Mitarbeiter verschleppt. Am 12. Juni war immerhin ein Inder, der für die UN-Mission in Darfur (UNAMID) gearbeitet hatte, nach 94-tägiger Gefangenschaft auf freien Fuß gesetzt worden.


Gefahrenzulagen bei gefährlichen Jobs

Wie Barbara Tavora-Jainchill gegenüber IPS bestätigt hat, bekommt das UN-Personal je nach Einsatzort und Grad der Bedrohung eine Gefahrenzulage. "Jede internationale Dienststelle unterliegt besonderen Herausforderungen, die letztendlich über die Höhe der Gefahrenzulage entscheiden." Das UN-Personal profitiere zudem von einem Rentenfonds, der im Sterbefall den Angehörigen Renten beziehungsweise Entschädigungen zahle.

Kollegen, die sich auf ihren Einsatz in den gefährlichen Weltregionen vorbereiteten, würden aufgefordert, "ihre Angelegenheiten und Papiere in Ordnung zu bringen", bestätigte die Vorsitzende der UN-Gewerkschaft, die sich nach eigenen Angaben innerhalb der UN-Verwaltung diesbezüglich umgehört hatte. "Für mich klingt das so, als könnte mit 'Papiere ordnen' durchaus auch ein 'Testament machen' gemeint sein." (Ende/IPS/kb/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/01/u-n-field-operations-deadlier-every-year/

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IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2015


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