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THEORIE/169: Wie funktioniert das "internationale Regieren"? (highlights - Uni Bremen)


highlights - Informationsmagazin der Universität Bremen

Wie funktioniert das "internationale Regieren"?


Früher waren die Nationalstaaten noch stark - sie wiesen ein gewisses Maß an Souveränität nach innen und nach außen auf. Im Zeitalter der Globalisierung haben sich die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Staaten zugunsten internationaler Formen des Regierens stark verschoben. Das Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Universität Bremen untersucht seit nunmehr 13 Jahren, wie diese "Global Governance" funktioniert und gestaltet werden kann.


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Die politischen Veränderungen sind offensichtlich: Probleme und Konflikte, die noch in den 1970er Jahren überwiegend diplomatisch zwischen den Staaten behandelt wurden, werden zunehmend durch überstaatliche Institutionen oder im Rahmen internationaler Abkommen entschieden. Beispiel Europäische Union: Ob es um Glücksspiel, Mehrwertsteuer, Landwirtschaftspolitik oder Rauchverbot geht überall "regiert" die EU in ihre Mitgliedsstaaten hinein. Weitere Beispiele für einflussreiche internationale Institutionen sind die Vereinten Nationen, der Internationale Strafgerichtshof oder die Welthandelsorganisation. Zudem sind die Staaten heute oft internationalen Vereinbarungen verpflichtet, etwa dem Kyoto-Protokoll zur Reduzierung von Treibhausgasen.

Die grundlegende Frage für die Forscher des InIIS: Wie kann im Zeitalter der Globalisierung internationales Regieren nicht nur effektiv, sondern auch legitim und gerecht gestaltet werden? Effektiv heißt: Zeigen internationale Maßnahmen Wirkung, führen sie zu Lösungen? Bei der Legitimität geht es um den demokratischen Hintergrund von Entscheidungen. Inwiefern internationales Regieren zugleich gerecht ist, lässt sich besonders schwer beantworten - "denn es gibt keine von allen Ländern anerkannte politische und soziale Weltordnung", erläutert InIIS-Sprecher Professor Stefan Gosepath.

Die Wissenschaftler des Instituts nähern sich ihrem Forschungsgegenstand von zwei Seiten: Einerseits normativ durch die Bewertung der aktuellen internationalen Beziehungen auf Grundlage von politischer Theorie und Philosophie, andererseits empirisch durch eine Erhebung und Interpretation von Daten und Vorgängen aus der globalen Politikgestaltung. Dabei arbeitet das Institut nicht allein: Das InIIS hat maßgeblich dazu beigetragen, dass an der Universität Bremen weitere starke sozialwissenschaftliche Forschungseinrichtungen entstanden sind. Dazu gehören der Sonderforschungsbereich 597 "Staatlichkeit im Wandel" und die in der Exzellenzinitiative erfolgreiche Bremen International School of Social Sciences (BIGSSS). Die Arbeit dieser Einrichtungen sowie mit ihnen verzahnter Institute wie dem InIIS hat zu einer hohen Reputation für die Bremer Politikwissenschaft geführt.


Friedenseinsätze nur wenn es sich lohnt?

Ein Blick auf einige Projekte verdeutlicht Richtung und Bandbreite der Forschungen am InIIS. So wird in einem Vorhaben die Frage untersucht, wann und in welchem Umfang Staaten öffentliche Güter - beispielsweise in Form von Hilfslieferungen, Geld oder Militär - für internationale Friedenseinsätze zur Verfügung stellen. "Es gibt die These, dass der Grad des Engagements davon abhängig ist, welchen Nutzen die Staaten aus ihrem Einsatz ziehen können", sagt der Projektverantwortliche Alex Kocks. Einfacher: Wenn es um Öl geht, wird mehr in den Auslandseinsatz 'investiert' als bei einer Hungerkatastrophe. "Dieser Annahme mögen viele Menschen spontan zustimmen - doch es bleibt eine Annahme. Sie wissenschaftlich zu fundieren, ist Aufgabe unserer Forschungsarbeit", so InIIS-Geschäftsführer Professor Lothar Probst. Ein anderes Beispiel ist das Projekt zum "Rätsel des demokratischen Friedens". Warum führen Demokratien keine Kriege gegeneinander, gehen aber gegenüber nichtdemokratischen Staaten aus eigennützigen Gründen manchmal durchaus mit Gewalt vor? "Vielleicht gibt es ja eine Art 'ungeschriebenes Gesetz' zwischen den Demokratien, das - wenn man seine Struktur, seine 'Formel' herausbekommen hat sich vielleicht auch auf die Beziehungen nichtdemokratischer Staaten übertragen lässt", sagt Michael Carle, der das Projekt bearbeitet.

Ein anderes Vorhaben zeigt, dass die Forschung am InIIS manchmal "ganz oben" angesiedelt ist. So untersucht die Politologin Silke Weinlich in ihrem Dissertationsprojekt gerade, wie groß der Einfluss des UN-Sekretariats auf die Weiterentwicklung von internationalen Friedensoperationen ist. Dazu muss sie ins Zentrum der Weltpolitik - denn sie führt viele Interviews direkt am Sitz der Vereinten Nationen in New York.


Institut für Interkulturelle und Internationale Studien
Geschäftsführung: Prof. Dr. Lothar Probst
Tel. (+49) 0421/218-3236
E-Mail: lothar.probst@iniis.uni-bremen.de
www.iniis.uni-bremen.de


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Quelle:
highlights - Informationsmagazin der Universität Bremen
Heft 20 - Dezember 2008, S. 24-25
Herausgeber: Rektor der Universität Bremen,
Redaktion: Universitäts-Pressestelle
Postfach 33 04 40, 28334 Bremen,
Telefon: 0421/218-60150
Email: presse@uni-bremen.de
WWW: http://www.uni-bremen.de/campus/campuspress/highlights


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2009