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INTERNATIONAL/058: G20 drängt USA zur Ratifizierung von IWF-Reformpaket (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Februar 2014

Finanzen: G20 drängt USA zur Ratifizierung von IWF-Reformpaket

von Carey L. Biron


Bild: © Weltwirtschaftsforum / cc by 2.0

IWF-Chefin Christine Lagarde
Bild: © Weltwirtschaftsforum / cc by 2.0

Washington, 26. Februar (IPS) - Die G20-Industrie- und Schwellenländer haben die USA für die Verzögerungen bei der Umsetzung der Reformen für eine Umverteilung der IWF-Quoten- und Stimmrechtsanteile zugunsten der Entwicklungsländer kritisiert. Während zwei Drittel aller Mitgliedstaaten des Weltwährungsfonds (IWF) die Neuerungen ratifiziert haben, mauert der US-Kongress.

Die USA halten derzeit etwa 17 Prozent der IWF-Stimmrechtsanteile ('Quoten'). Da sie innerhalb der internationalen Finanzorganisation ein Vetorecht besitzen, können die beschlossenen Reformen ohne US-Zustimmung nicht vorangebracht werden. Nachdem die Januar-Frist ungenutzt verstrichen ist, soll der US-Kongress nun bis spätestens April soweit sein.

"In Anbetracht der Tatsache, dass die USA ein wichtiges Mitglied der G20 sind, ist es schon ein bemerkenswerter Sieg, den die aufstrebenden Märkte und Entwicklungsländer mit der Priorisierung der IWF-Reform erzielen konnten", meint Kevin P. Gallagher, Ko-Direktor der 'Global Economic Governance Initiative' der Boston-Universität.


Neue Frist bis April

Am 23. Februar hatte die G20 ihrem Unmut über den Stau der Reformpläne in Washington Luft gemacht und dem US-Kongress eine neue Frist für die Billigung des IWF-Reformpakets angeboten. "Wir bedauern zutiefst, dass die IWF-Quote und die 2010 beschlossene Stimmrechtsreform noch nicht in Kraft gesetzt wurden", hieß es in einer Mitteilung der G20 im Anschluss an das Ministertreffen in Australien. "Unsere höchste Priorität genießt die Ratifizierung der Reformen von 2010, und wir fordern die USA auf, dies noch vor dem nächsten Treffen im April zu tun. Im April werden wir sehen, wie wir diese Priorität umsetzen können."

Der Weltwährungsfonds schloss sich der G20-Position an. So erklärte die IWF-Chefin Christine Lagarde, dass man einen raschen Fortschritt in dieser Frage begrüßen werde.

Durch die Umverteilung der Quoten würden die rasant wachsenden Schwellenländer innerhalb der internationalen Finanzorganisationen in den Genuss eines größeren Stimmgewichts kommen. Darüber hinaus würde sich der kumulative Anteil der europäischen Mitglieder, der als übermäßig groß im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gilt, verringern.

Spanien zum Beispiel hat derzeit ein ähnlich hohes Mitbestimmungsrecht wie Brasilien, obwohl die Wirtschaftsleistung des südeuropäischen Landes um zwei Drittel niedriger ist als die Brasiliens. Die Probleme in der Eurozone haben die europäischen Staaten in den letzten Jahren zu den Hauptnutznießern der IWF-Hilfen gemacht.

Im Rahmen der Quotenreform würden sich auch die Stimmrechtsanteile der sogenannten BRICS-Staaten Brasilien, Indien, China und Südafrika erhöhen. Die Reform von 2010, die eine Umverteilung von neun Prozent dieser Anteile zugunsten der Entwicklungsländer zur Folge hätte, soll aber nicht nur den Gewichtverschiebungen in der Weltwirtschaft Rechnung tragen, sondern die ordentlichen Mittel des Fonds beträchtlich aufstocken und damit die langfristige Finanzierung des IWF gewährleisten.

"Die Europäer sind voller Häme. Sie erfreuen sich eines übermäßig hohen Einflusses, sind bemerkenswert überrepräsentiert und genießen es, dass die USA mit dem Reformprozess nicht vorankommen", meint Jo Marie Griesgraber vom internationalen Netzwerk 'New Rules for Global Finance Coalition' mit Sitz in Washington. Die BRICS fragten sich inzwischen, warum sie mehr einzahlen sollten. Auf lange Sicht könnten sie sich veranlasst sehen, sich aus dem Umfeld des IWF zurückziehen.

Am 23. Februar hatte Indiens Wirtschaftsminister Arvind Mayaram in Sydney darauf hingewiesen, dass ein Versagen bei der Quotenreform die Legitimität des IWF und der G20 ernsthaft in Frage stellen könnte. "Möglicherweise haben wir es mit dem ersten sichtbaren Scheitern der G20 zu tun", meinte er und bezeichnete die Umsetzung der Reformen von 2010 als entscheidend für die "Glaubwürdigkeit, Legitimität und Wirksamkeit des IWF".


Alternativen zum IWF im Gespräch

In den USA genießen die IWF-Reformpläne die Rückendeckung von Wählern, Unternehmer- und Finanzlobbygruppen sowie von vielen Republikanern. Auch ist Obama an der derzeitigen Situation nicht unbeteiligt, hatte er es 2012 aus politischen Gründen versäumt, den Kongress zur Zustimmung zu dem Reformpaket aufzufordern. Seither hat seine Regierung wiederholt und vergeblich für die Annahme der Reformen geworben.

Doch jedes Mal werden die Anfragen des Repräsentantenhauses, das von den Republikanern dominiert wird, aus vorwiegend ideologischen Gründen abgewiesen. Der letzte Versuch erfolgte im letzten Monat. Damals erklärten sich die Republikaner zwar grundsätzlich bereit, dem IWF-Reformvorschlag im Rahmen eines größeren Mittelbereitstellungsgesetzes zuzustimmen, verlangten aber im Gegenzug die Zustimmung der Demokraten, das US-Finanzministerium von Plänen abzuhalten, politisches 'Schwarzgeld' einzuschränken.

Präsident Obama lehnte den Deal ab, und somit verbleiben nur noch einige wenige Optionen, um das Gesetz in den nächsten Monaten durch den Kongress zu bringen - zumal Ende des Jahres der neue Kongress gewählt wird.

Am 23. Februar hatte der US-Finanzminister Jacob Lew gegenüber der G20 erklärt, dass seine Behörde auch weiterhin mit dem Kongress zusammenarbeiten werde, um das IWF-Reform-Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden und die Reformen zu sichern, "die für unsere wirtschaftlichen und nationalen Sicherheitsinteressen wichtig sind".

Die BRICS-Länder hatten im letzten Jahr ihre Absicht bekundet, eine neue multilaterale Entwicklungsbank zu gründen. Doch Fortschritte in diese Richtung vollziehen sich sehr langsam, vor allem, weil die Schwellenländer die fortgesetzten wirtschaftlichen Turbulenzen deutlich zu spüren bekommen.

"Es wird viel über diese Projekte geredet, doch die meisten Länder sind zurückhaltend, wenn es darum geht, den IWF zu verlassen. Allerdings nimmt die Bereitschaft, die Dienste des IWF in Anspruch zu nehmen, graduell ab", so Griesgraber von 'New Rules'. "Wir sind der Meinung, dass wir den derzeitigen Reformprozess durchsetzen müssen, damit wir uns wichtigeren Fragen innerhalb des Fonds zuwenden können. Lasst uns die Machtverhältnisse ausgleichen, für mehr Transparenz innerhalb des IWF-Vorstands sorgen und sicherstellen, dass die möglichen Folgen für die Armen abgeschätzt sind, bevor der IWF handelt." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/02/g20-urges-u-s-action-imf-reforms-april/

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IPS-Tagesdienst vom 26. Februar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2014