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KRIEG/1494: Töten und getötet werden in Afghanistan - de Maizière gibt Durchhalteparolen aus (SB)



"Why?" Diese mit einem sterbenden Soldaten plakativ hinterlegte Frage hat seit dem Vietnamkrieg ihre Bedeutung nicht verloren. Viele Jahre und ein gutes Dutzend Kriege später sterben noch immer Soldaten. Sie sterben einen "sinnlosen" Tod, wie es oftmals heißt - als ob in Sterben und Tod eines Soldaten Sinn gefunden werden könnte. In den Ohren der Angehörigen muß die Behauptung eines Sinn zynisch klingen. Doch die anklagende, nach einer Adresse rufende und somit letztlich Beruhigung suchende Frage "Why?" kann beantwortet werden: Die Entsendung von Soldaten an die Front geht immer mit dem Kalkül einher, sie könnten bei ihrem Auftrag sterben. Das kann vom Standpunkt der Herrschenden sehr wohl einen Sinn ergeben, beispielsweise wenn es der Sicherung der eigenen Vorteilsposition dient.

Wenn nun aus aktuellem Anlaß, da die Taliban in Nordafghanistan einen Schützenpanzer vom Typ Marder in die Luft gesprengt und dabei einen Bundeswehrsoldaten getötet, weitere teils schwer verwundet haben, die Politiker wieder von einem feigen Anschlag, Terrorismus, etc. sprechen sollten, dann haben solche Worte die Funktion, vorzutäuschen, daß ihnen der Verlust von Soldaten nahegeht ... damit die anderen Soldaten bereit sind, weiterhin einen Krieg zu führen, von dem sie sich einreden müssen, daß er Sinn macht.

Der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch ist nicht alternativlos! Deutschland befindet sich viel weniger in einer Zwangslage als jene Menschen, auf die die Kanonenmündungen der deutschen Schützenpanzer ausgerichtet sind.

Die Strategie der Bundeswehr sei richtig, sie greife, die Taliban verlören an Boden, vor Gewalt dürfe man nicht weichen, gab Verteidigungsminister Thomas de Maizière Durchhalteparolen aus [1]. Binnen weniger Tage wurden vier Bundeswehrsoldaten getötet, mindestens drei schwer verletzt, weitere erlitten leichte Verwundungen. In jüngster Zeit greifen die Taliban die ISAF-Truppen immer vehementer an. Das bekamen die italienischen Soldaten zu spüren, die US-amerikanischen und inzwischen auch die deutschen, insbesondere in Regionen, die bislang als relativ ruhig galten. Zudem haben die Taliban eine großangelegte Offensive in Pakistan begonnen. De Maizière will der Öffentlichkeit und den Soldaten glauben machen, sie befänden sich in der Defensive. Das widerspricht ganz und gar dem, was täglich aus der Region berichtet wird.

Militärisch sind die Taliban nicht zu besiegen, hat es schon vor Jahren aus Expertenkreisen geheißen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz. Deutschland steigt immer tiefer in den Krieg ein, und mit Thomas de Maizière hat der Sohn eines ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr das Sagen. Sterben und töten gehört zum Soldatenleben dazu, behauptete er in einem FAZ-Interview [2] und kündigte sogar weitere internationale Einsätze an.

Niemand kann übersehen, daß die Taliban eigentlich genau das tun, was der Verteidigungsminister für sich reklamiert: Sie weichen nicht der Gewalt. Die vergangenen Wochen waren gekennzeichnet von opferreichen Angriffen der ISAF, zu Dutzenden kamen Kämpfer und Zivilisten ums Leben. Wenn keine der Kriegsparteien der Gewalt weicht, werden unabweislich auf allen Seiten sehr, sehr viele Menschen sterben. Das ist die eigentliche Botschaft de Maizières. Deutsche Soldaten werden töten und getötet werden.

Quellen:
[1]
http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-06/afghanistan-anschlag-bundeswehr

[2]
http://www.faz.net/artikel/S30923/de-maiziere-im-f-a-z-gespraech-toeten-und-sterben-gehoeren-dazu-30378016.html

2. Juni 2011