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KRIEG/1560: Grün und grausam - US-Drohnen fliegen mit Biosprit (SB)



Solarbetriebene Öko-Straßenlaternen im zerbombten Falludscha, Kriegsschiffe, die mit Biosprit im Tank ihre Gegner einkreisen, und auch Kampfdrohnen, die "grünen" Treibstoff getankt haben, um ihre tödliche Fracht ans Ziel zu bringen - ja, die Militärmaschinerie von Uncle Sam ist nicht nur die mit Abstand aufgeblähteste der Welt, sondern auch die grünste. Die Streitkräfte werden zur Zeit fundamental auf sogenannte umweltfreundliche Technologien umgerüstet, und die einzelnen Gattungen - Army, Navy, Air Force - wetteifern miteinander, wer dabei die Nase vorn hat.

Ein Drittel ihres Treibstoffverbrauchs will die US-Navy bis 2020 mit Biosprit begleichen. Die Drohne BQM-47E wird bereits mit einem Gemisch zu je 50 Prozent Biosprit und Raketentreibstoff betrieben. Die Navy habe all ihre Flugzeuge und Schiffe mit dem 50:50-Gemisch getestet, sagte Thomas Hicks, Unterstaatssekretär bei der Navy, gegenüber dem "Guardian"-Reporter Damian Carrington [1]. 500 Millionen Dollar stecken die Seestreitkräfte der USA in Biospritprogramme. Das sei vergleichbar mit dem Stahlprogramm der Navy im 19. Jahrhundert, veranschaulicht Hicks die nicht zu unterschätzende Bedeutung des gegenwärtigen Umbruchs.

In diesem Jahr wird ein Marineverband aus vier Einheiten, mit diesem Gemisch betankt, an einem Seemanöver im Pazifik teilnehmen; ab 2016 soll ein Kampfverband aus elf Schiffen, die einem atomar betriebenen Flugzeugträger zugeordnet werden, die Meere (un)sicher machen. Unterdessen bepflastern die Kameraden von der Air Force ihre Basen mit Solarzellen, errichten Windenergieanlagen und recyceln Altmetall. Die Army wiederum setzt auf Hybridautos - elektrische Antriebe haben den taktischen Vorteil, daß sie leise sind.

Ob auch in den oftmals riesigen Militärstützpunkten in den Vereinigten Staaten demnächst Warnschilder für die Krötenwanderung aufgestellt werden, ist nicht bekannt. Damit ist aber auch nicht zu rechnen. Denn hinter den zahlreichen Projekten zum Einsparen von Energien und fossilen Treibstoffen sowie zur Nutzbarmachung regenerativer Energieträger stecken kühle strategische Überlegungen: Das Erdöl wird knapp. Wenn das US-Militär in Zukunft nicht laufend weitere Kämpfe um den Zugriff auf fossile Energieträger und die Sicherung von Transportwegen anzetteln will und dabei nicht für die Aufrechterhaltung des Militärapparats selbst das meiste verbraten werden soll - das US-Verteidigungsministerium verbraucht etwa soviel Erdöl wie ganz Schweden -, dann ist den sogenannten Regenerativen eine goldene Zukunft beschieden. Mit Windrädern, Solarpaneelen und Biosprit strebt das Pentagon so weit wie möglich Energieautarkie an, um befreit vom Mangel Weltordnungskriege führen zu können. Im Unterschied zur Achtung vor Krötenwanderwegen schwächen die Öko-Energien nicht die militärische Schlagkraft, sondern sie stärken sie.

Ginge es den US-Militärs tatsächlich darum, möglichst klima- und umweltfreundlich zu handeln, müßte es sich konsequenterweise abschaffen. Nein, das Öko-Label, mit dem sich das US-Verteidigungsministerium so gerne schmückt [2], ist durch und durch tarngrün. Verbrennen und zerstören lautet nach wie vor das Motto auch einer nachhaltig agierenden Kriegsmaschinerie.

Die von US-Präsident Barack Obama beschlossenen Haushaltseinsparungen betreffen den Militärapparat nur geringfügig. Umgekehrt könnte die Neuausrichtung der USA auf den pazifischen Raum, mit dem Ausbau eines Militärstützpunkts in Nordaustralien, als Hinweis darauf gewertet werden, daß das Land bereit und willens ist, weiterhin mit militärischen Mitteln neue Konfliktfelder zu eröffnen. Dafür wird dann Treibstoff benötigt - notfalls auch aus Pflanzen, die alternativ gut als Nahrungs- oder Futtermittel verwendet werden könnten und für die ein gewaltiger Bedarf in den ärmeren Regionen der Welt besteht.

Wenn also demnächst US-amerikanische Kampfdrohnen mit einem 50:50-Gemisch betankt werden und in Afghanistan oder Pakistan ihre Hellfire-Raketen auf Dorfgemeinschaften oder Hochzeitsgesellschaften abfeuern, erhält das Modewort "nachhaltig" eine ganz neue Bedeutung. Nicht nur der Tod ist nachhaltig, sondern auch der Todbringer.



Fußnoten:

[1] http://www.guardian.co.uk/environment/damian-carrington-blog/2012/mar/15/biofuels-us-navy-drone

[2] http://www.defense.gov/home/features/2010/1010_energy/

16. März 2012