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KOLLATERAL/016: Pakistan - Falken lieben Taliban, Kämpfe halten Wilddiebe fern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. April 2013

Pakistan: Falken lieben Taliban - Kämpfe halten Wilddiebe fern

von Ashfaq Yusufzai


© Ashfaq Yusufzai/IPS

Illegal gefangene Falken im Norden Pakistans
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, 9. April (IPS) - Die Bevölkerung der Stammesgebiete unter Bundesverwaltung (FATA) im Norden Pakistans leidet weiterhin unter den Angriffen der Taliban. Für die Falken in der Region sind die Kämpfe hingegen ein Segen.

Die Raubvögel, die der Weltnaturschutzbund zu den gefährdeten Arten rechnet, wurden jahrelang von Wilddieben gejagt, die leicht Zugang zu den FATA und der angrenzenden Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KP) fanden. Die meisten Falken endeten in Gefangenschaft, in Fallen oder wurden getötet.

"Die fortgesetzte Gewalt hält jedoch die Wilddiebe und Jäger fern", sagt Khalid Shah, der für die Wildschutzbehörde in KP arbeitet. Die Überlebenschancen für Falken und Zugvögel hätten sich "gewaltig" erhöht.

Während 2005 nur etwa 2.000 Falken im Norden Pakistans vorkamen, stellte die Behörde bereits drei Jahre später einen Zuwachs auf bis zu 8.000 fest. Experten zufolge hat sich die Population erholt, seitdem die Islamisten nach dem Sturz der Taliban-Regierung in Afghanistan durch US-geführte Truppen Ende 2001 nach Pakistan ausgewichen sind. Taliban und Mitglieder des Terrornetzwerks Al Qaeda zogen sich scharenweise in die unwegsamen Bergregionen im Norden Pakistans zurück.

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Die Zahl wild lebender Falken hat sich binnen weniger Jahre vervierfacht
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Als Verbündeter der USA im so genannten 'Krieg gegen den Terror' führt Pakistan Militäroffensiven gegen die Islamisten durch, die in allen sieben Verwaltungsbezirken der FATA vermutet werden. Jagd oder Wilderei kommen für die in der Schusslinie von Armee und Islamisten gleichermaßen befindliche Bevölkerung nicht mehr in Frage.


Nahrung für Falken im Überfluss

Die Falken, die aus Sibirien, China, Russland und Afghanistan kommen, verbringen in der Regel die Monate August und September in Pakistan, entweder in wüstenähnlichen Landstrichen oder im Vorgebirge. In den FATA finden sie reichlich Nahrung in Form von Reptilien, Säugetieren, Insekten und kleinen Vögeln, wie der Umweltaktivist Ali Murad berichtet. Sie seien in den dichten Wäldern in den Stammesgebieten gut aufgehoben.

In der Region machen nicht nur Zugvögel Halt. Dort gibt es auch mehrere einheimische Falkenspezies. Insgesamt sind in Pakistan auf dem Höhepunkt der Migrationszeit zehn Falkenarten zu finden. Die Vögel leben monogam und vermehren sich nur langsam. Daher seien sie in der Bevölkerung als seltene Trophäen begehrt, sagt Murad. Weibliche Falken legen jedes Jahr nur zwei Eier. Nur eines der Küken überlebt und ist erst mit fünf Jahren ausgewachsen.

Araber setzen vor allem weibliche Falken bei der Jagd nach Kragentrappen in Pakistan und anderen Ländern ein. "Wichtige Persönlichkeiten aus arabischen Staaten besuchen KP und die FATA, um Falken zu kaufen", berichtet der Händler Fareed Khan. Fallensteller binden Kugeln aus Nylon und Federn an die Beine kleinerer Vögel wie Turmfalken, Laggarfalken oder weißäugigen Bussarden. Die größeren Falken verfangen sich mit ihren Krallen in der vermeintlichen Beute, stürzen zusammen mit dem Lockvogel zu Boden und geraten so in die Hände der Wilddiebe.

Manchmal werden auch Tauben und Wachteln als Köder unter Netzen am Boden platziert. Wenn sich die Falken auf sie stürzen, verstricken sie sich in den Netzen und können auf diese Weise leicht gefangen werden.

Die Jagd auf Falken war in Pakistan in vollem Gang, als das internationale Artenschutzabkommen CITES die Vögel 2005 auf die Liste der bedrohten Arten setzte. Die pakistanische Regierung untersagte daraufhin die Ausgabe von Lizenzen an alle jene, die das Leben der Falken bedrohten. Die Genehmigungen hatten dem Staat bis dahin jährlich etwa 12.000 Dollar eingebracht.

Vor Beginn des Terrorismus in der Region hätten Wilddiebe in KP Tausende Dollar durch den Verkauf von Falken an wohlhabende Araber verdient, sagt Murad. Laut Shah ist die Provinz ebenso wie die FATA, in der Panzer unterwegs sind und geschossen wird, inzwischen ein zu gefährliches Terrain für Jäger und Wilderer geworden.


Behörden ergreifen Schutzmaßnahmen

Wie Shah berichtet, arbeiten die Umweltbehörden nun an einer Verbesserung des Habitats für Falken, um das Wachstum der Populationen weiter anzuregen. Wilddieben drohen zudem harte Strafen.

Von Januar bis März wurden 27 illegal gefangene Falken beschlagnahmt und freigelassen. Da die Vögel aber Preise von jeweils 10.000 bis 100.000 Dollar erzielen und nicht genug Kontrolleure im Einsatz sind, rechnen die Behörden nicht damit, dass die illegalen Geschäfte vollständig verhindert werden können. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.cites.org/
http://www.ipsnews.net/2013/04/falcons-love-the-taliban/

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IPS-Tagesdienst vom 9. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2013