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STELLUNGNAHME/021: Schutz von israelischen und palästinensischen Menschenrechtsverteidigern (A. Groth)


Bundesregierung muss sich offensiver für den Schutz von israelischen und palästinensischen MenschenrechtsverteidigerInnen einsetzen

Von Annette Groth, MdB Fraktion DIE LINKE im Bundestag, 26. Juli 2010


Zur Antwort der Bundesregierung vom 23. Juli auf ihre Kleine Anfrage zu den Repressionen gegen israelische und palästinensische MenschenrechtsverteidigerInnen erklärt Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:


"Die zunehmenden staatlichen Einschränkungen demokratischer Freiheitsrechte und deren Auswirkungen auf die Arbeit von israelischen und palästinensischen MenschenrechtsverteidigerInnen werden von der Bundesregierung nicht als insgesamt bedrohliche Entwicklung anerkannt. Stattdessen beruft sie sich in ihren Vorbemerkungen darauf, dass das israelische Rechtssystem Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Anliegen gäbe. Die Bundesregierung problematisiert nicht die zunehmenden repressiven Maßnahmen der israelischen Regierung gegen die Zivilgesellschaft, insbesondere seit den Diskussionen um den Goldstone-Bericht. Stattdessen sollen ihrer Meinung nach diese Repressionen und Einschüchterungsversuche lediglich von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Die Bundesregierung versäumt es dabei, die Rolle des Staates als Garant für zivile und politische Freiheiten und das besondere Schutzbedürfnis von MenschenrechtsverteidigerInnen, so wie in den EU-Richtlinien für MenschenrechtsverteidigerInnen verankert, hervorzuheben.

Es gibt inzwischen eine Reihe von Gesetzesinitiativen, die eine gravierende Beschneidung demokratischer Rechte beinhalten und die sich entsprechend negativ auf die Arbeit von MenschenrechtsverteidigerInnen auswirken werden. Die Bundesregierung scheint auch hierbei Einzelfälle zu sehen, auch wenn sie sich zu einigen Gesetzesinitiativen besorgt äußert und bestätigt, entsprechend tätig geworden zu sein. Diese scheinen aber ihrer Meinung nach nicht eine insgesamt bedrohliche Entwicklung widerzuspiegeln, die sich voraussichtlich noch verschlimmern wird, wenn die Staatengemeinschaft nicht ausdrückliche Forderungen an die israelische Regierung richtet."

Annette Groth weiter:

"Der israelischen Parlamentarierin, Hanin Zoabi, wurden am 13. Juli aufgrund ihrer Teilnahme an der Free Gaza Flottille drei Privilegien entzogen. Die Bundesregierung stellt fest, dass sie den Fall aufmerksam verfolgt und mit dem Büro von Frau Zoabi in Kontakt steht. Ich habe die Aufnahme von Hanin Zoabi ins "Parlamentarier schützen Parlamentarier Programm" beantragt und möchte gerne für Frau Zoabi die Patenschaft übernehmen. Ich fordere die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass Frau Zoabi's Rechte als Parlamentarierin geschützt werden.

Palästinensische MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich in der friedlichen Widerstandbewegung "Stop theWall" engagieren, sind ständigen Repressionen ausgesetzt und werden immer häufiger willkürlich festgenommen und in Administrativhaft gehalten. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die israelische Besatzung in vielerlei Hinsicht mit z.T. einschneidenden Beschränkungen für die Bevölkerung im Westjordanland verbunden. Ihrer Meinung nach ist es strittig, ob es sich dabei im Einzelnen um Menschenrechtsverletzungen handelt, oder ob die israelischen Maßnahmen im Rahmen des humanitären Völkerrechts zulässige Besatzungsmaßnahmen sind. Das ist angesichts der zahlreichen Berichte, die Menschenrechtsverletzungen wie z.B. Folter in Administrativhaft dokumentieren, zynisch. Die Bundesregierung betont außerdem, dass bei der Administrativhaft nicht zwischen MenschenrechtsverteidigerInnen und anderen Personen unterschieden werde. Entscheidend ist aber vielmehr, dass MenschenrechtsverteidigerInnen qua Natur ihrer Arbeit die Politik und Maßnahmen der Regierung oder Besatzungsmacht kritisieren und daher, wie in den EU-Richtlinien verankert, eines besonderen Schutzes bedürfen.

Ich fordere die Bundesregierung daher auf, sich sowohl in bilateralen Beziehungen als auch im Rahmen der EU verstärkt für den Schutz von israelischen und palästinensischen MenschenrechtsverteidigerInnen einzusetzen."


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Quelle:
Presseerklärung vom 26. Juli 2010
Annette Groth, MdB
Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Menschenrechtspolitische Sprecherin
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
E-Mail: annette.groth@bundestag.de
Internet: www.annette-groth.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2010