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STELLUNGNAHME/022: Abchasien und Südossetien - Staatsbesuch in Venezuela (Falkenhagen/Queck)


Die Staatschefs von Abchasien und Südossetien zum Staatsbesuch in Venezuela

Von Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck, 28. Juli 2010


Der Präsident von Abchasien, Sergej Bagapsch, und der Präsident von Südossetien, Eduard Kokoity kamen auf Einladung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu einem Staatsbesuch nach Venezuela. Die Staatsoberhäupter von Abchasien und Südossetien begannen ihren offiziellen Besuch am 22. Juli 2010 in Caracas mit einer Kranzniederlegung am Grabe des Nationalhelden von Venezuela, Simon Bolivar.

Im Rahmen eines Treffens von Hugo Chávez, Sergej Bagapsch und Eduard Kokoity, das am 24. Juli in Caracas im Präsidentenpalast Miraflores stattfand, wurde eine Reihe von Abkommen über die Zusammenarbeit der beiden kaukasischen Staaten mit Venezuela unterzeichnet. In Gegenwart der Präsidenten Chávez, Bagapsch und Kokoity wurde das Abkommen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen von Venezuela mit Abchasien und Südossetien sowie auch ein Memorandum über gegenseitige Verständigung unterzeichnet, das insbesondere die Schaffung eines Mechanismus politischer Konsultationen vorsieht. Außerdem wurden während des Treffens Verträge über die Zusammenarbeit abgeschlossen, die die Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen auf den Gebieten der Wirtschaft, des Handels, der Energie, der Landwirtschaft und einer Reihe anderer Gebiete vorsehen.

Zum Abschluss setzten die Präsidenten der drei Länder ihre Unterschriften unter eine Gemeinsame Erklärung, in der die feste Überzeugung zum Ausdruck kommt, "die engen Beziehungen der Freundschaft und Zusammenarbeit in den Sphären der Politik, Wirtschaft und Kultur zu festigen und auszubauen.

Am 22. Juli wurden die beiden Staatsgäste Bagapsch und Kokoity zu Ehrengästen der Hauptstadt Caracas ernannt. Beiden wurden die entsprechenden Urkunden ausgehändigt, Kokoity und Bagapsch erhielten auch vom Bürgermeister des Munizipiums Libertator, des größten Stadtteils von Caracas, die symbolischen Schlüssel der Hauptstadt überreicht.

Itar-Tass, vom 23. und 24. Juli 2010
http:www.itar-tass.com/level2.html?NewsID=15340750&PageNum=02
http:www.itar-tass.com/level2.html?NewsID=15344428&PageNum=02

Übersetzt und bearbeitet von: Hans-Jürgen Falkenhagen


Kommentar von Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck

Auch kleine Staaten haben es bisweilen in sich. Mit ihnen, durch sie und über sie lassen sich oft Beziehungen abwickeln, die sich größere Staaten und vor allem Großmächte nicht so ohne weiteres, ohne Ärger zu bekommen, leisten können, einen Ärger, den kleine Staaten leichter verkraften können, wenn sie denn die Rückendeckung größerer Staaten haben. Deswegen erwägen immer mehr Staaten der Welt, Abchasien und Südossetien völkerrechtlich anzuerkennen und mit ihnen diplomatische Beziehungen herzustellen. Vier Staaten haben das schon getan, nämlich Russland, Venezuela, Nicaragua und Nauru. Weitere werden in Kürze folgen.

Die beiden Staatspräsidenten von Abchasien und Südossetien, Sergej Bagapsch und Eduard Kokoity, sind übrigens nicht nur ausgezeichnete Staatsmänner, sondern auch Meister der Diplomatie. Sie verstehen es sehr geschickt, den völkerrechtlich selbstständigen Status ihrer Staaten im Interesse guter Nachbarschaftsbeziehungen und guter Beziehungen zu allen Ländern der Welt sowie auch zum Wohle des abchasischen und ossetischen Volkes zu nutzen. Präsident Chávez hat voll erkannt, welchen Nutzen Venezuela aus den wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen sowie sonstigen Beziehungen zu Abchasien und Südossetien ziehen kann. Schon die geostrategische Lage dieser beiden Staaten als selbständige Völkerrechtssubjekte in der unmittelbaren Nachbarschaft Russlands, der Ukraine und vieler islamischer Staaten hat einen kaum zu unterschätzenden Wert.

Abchasien hat in Ausübung des demokratischen Selbstbestimmungsrechts der Nationen als frühere Autonome Sowjetrepublik 1992 seine staatliche Unabhängigkeit ausgerufen, Südossetien tat dies als Autonomes Gebiet der früheren Sowjetunion 1991. Beide Staaten haben ihr eigene Sprache, Kultur und Wirtschaftstruktur. Schon sprachlich unterscheiden sich Abchasisch und Ossetisch grundsätzlich von der georgischen Sprache.

Es ist völkerrechtswidrig, wenn Georgien unter Saakaschwili territorialen Anspruch auf diese jetzigen Republiken erhebt, die zu Zeiten der Sowjetunion als autonome Unionssubjekte nur formalrechtlich der seinerzeitigen Sozialistischen Sowjetrepublik Georgien angeschlossen waren, aber ein wirtschaftliches, sprachliches und kulturelles Eigenleben führten und auch de facto nie von Tiflis aus wirklich regiert wurden, denn Tiflis musste zu Sowjetzeiten die Rechte dieser Nationen voll respektieren. Abchasien war Autonome Sowjetrepublik, Südossetien Autonomes Gebiet der Sowjetunion. Als sich die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (die Sowjetunion) auflöste, erklärten sich Abchasien und Südossetien nach der bestehenden Rechtslage unverzüglich zu freien Republiken und verteidigten diese Status auch erfolgreich. Die USA und die anderen westlichen Staaten legen zweierlei Maß an und sprechen mit gespaltener Zunge, wenn sie z. B. dem Kosovo ein staatliches Eigenleben zugestehen, Ländern wie Abchasien und Südossetien aber nicht, obwohl der Kosovo jahrhunderte altes serbisches Gebiet war und erst sehr spät im 20. Jahrhundert von einer steigenden Zahl von Albanern besiedelt wurde, aber Abchasien und Südossetien historisch gesehen nie georgisches Gebiet war. Es spielt dabei keine Rolle, dass Stalin in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts entschied, die dann in Folge dennoch immer selbständig gebliebenen Nationen von Abchasien und Südossetien formalrechtlich Tiflis zu unterstellen und es staatsrechtlich nur indirekt von Moskau aus zu regieren.

Ganz anders verhält es sich mit dem Kosovo!

Unter kapitalistischen Bedingungen der EU und der Herrschaft des USA- und EU-Monopolkapitals und der Großbanken fungiert der Kosovo heute nur formalrechtlich als eigener Staat, ist aber im Grunde de facto eine Kolonie des Westens.

Das kommt allein dadurch zum Ausdruck, dass das größte Werk des Kosovos, das Trepca- Werk, das bis zum Einmarsch der sog. Internationalen Staatengemeinschaft nach den 78-tägigen NATO-Bombardements ganz Jugoslawiens 1999 von den serbischen und albanischen Arbeitern verteidigt wurde, welche dann von ebendieser sog. "internationalen Staatengemeinschaft" gewaltsam aus dem Werk vertrieben wurden. Heute befindet sich dieses Werk in den Händen des internationalen Monopolkapitals, das ebenso auf die im Kosovo lagernden immensen Rohstoffe (der Kosovo hat z. B. die reichsten Kohlevorkommen Europas, andere sagen gar, der ganzen Welt) einen Anspruch erhebt.

Von dem größten außerhalb des Territoriums der USA liegenden Militärflugplatz im Kosovo ganz zu schweigen, von dem aus die USA ihre schmutzigen Kriege in aller Welt führen!!

Abchasien und Südossetien sind im Gegensatz zum Kosovo freie Nationen. Ihre Souveränität wird auch von Russland vollinhaltlich geachtet. Es gibt somit keine völkerrechtliche, auch keine moralische Grundlage, diese beiden Staaten als selbständige Völkerrechtssubjekte aufzulösen und zu annektieren, wie das der georgische Präsident Saakaschwili im westlichen Interesse zu tun beabsichtigt.


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Quelle:
Copyright 2010 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2010