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STANDPUNKT/007: Die Wachstumsdebatte ist überfällig (NaturFreunde Deutschlands)


Bundesvorstandes der NaturFreunde Deutschlands - Pressemitteilung vom 5. März 2010

Die Wachstumsdebatte ist überfällig


Berlin, 5. März 2010 - Es muss endlich eine breite Diskussion über Sinn und Unsinn des Wachstums geführt werden, fordert der Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands. Die NaturFreunde hatten bereits Ende 2009 eine Initiative in den Umwelt- und Naturschutzverbänden gestartet, eine Debatte über die Krise des westlichen Wohlstandsmodells zu führen. Diese Verbände müssen der Motor sein, diese unbequeme Frage zu stellen und dabei herauszuarbeiten, dass Wachstum nicht mehr das zentrale Ziel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sein darf.

Das Wachstum auf unserem endlichen Planeten gerät an seine Grenzen. Die Externalisierung sozialer und ökologischer Folgen des Wachstums erfordert eine neue Verantwortungsethik. Doch Wachstum ist noch immer die Heilsbotschaft - zum Beispiel im Wachstumsplan für Europa von EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso - obwohl die Klimakonferenz von Kopenhagen an Wachstumsfragen gescheitert ist. Obwohl die Lösung der Griechenlandkrise auch deshalb so schwierig ist, weil das bisherige Wachstum die Ungleichgewichte verschärft hat. Obwohl der Zusammenhang zwischen Wachstum, Beschäftigung und sozialer Sicherheit aufgelöst ist, der unserer Gesellschaft lange Zeit Stabilität und Sicherheit gegeben hat.

In anderen Ländern wird die Debatte bereits intensiv geführt: über einen neuen Bewertungsmaßstab für das Wachstum, insbesondere die Überwindung der einseitigen Fixierung auf eine rein quantitative Bewertung. Diesen Ansatz hat auch John Maynard Keynes schon in den dreißiger Jahren in seinen Langfristperspektiven entwickelt, die auf eine "Stagnationswirtschaft" ausgerichtet sind.

In den siebziger Jahren wurde die Debatte schon sehr viel intensiver geführt. "Ende oder Wende" hieß es damals. Seitdem haben sich die Probleme zugespitzt, nicht nur ökologisch durch den Klimawandel und die Ressourcenverknappung, sondern auch durch den Finanzmarktkapitalismus, der eine gigantische Auszehrung der Zukunft bedeutet. Allein die Rettungsmaßnahmen nach dem Bankencrash von 2008 erfordern ein Wachstum von mehr als sechs Prozent über 15 Jahre - völlig illusionär. In der Zeit zwischen 1998 und 2008 lag das Wachstum bei 1,5 Prozent.

Die Herausforderung heißt: Wir müssen den Weg der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung völlig neu bestimmen. Dazu bedarf es der breiten gesellschaftlichen Debatte, weil dies nur im demokratischen Prozess geht - oder gar nicht. Der erste Vorschlag muss sein, wie die Bewertung des Wachstums geändert werden kann. Dieser Ansatz ist überfällig.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 5. März 2010
NaturFreunde Deutschlands e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2010