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LAIRE/1230: X37B - US Air Force unterläuft friedliche Nutzung des Alls (SB)


Erfolgreicher Start des Experimentalraumschiff X37B


Die US Air Force hat am 23. April 2010 ein neuartiges, unbemanntes Raumfahrzeug mit einer Atlas-Trägerrakete vom militärischen Teil des Raumhafens Cape Canaveral ins All gebracht. Über die künftigen Aufgaben des "Space Plane", dessen Aussehen bis kurz vor dem Start sprichwörtlich verhüllt wurde, schweigen sich die Militärs ebenso aus wie darüber, wann es wieder auf der Erde landen wird. Sie teilen lediglich mit, was sie beim aktuellen Flug des X37B genannten Raumschiffs machen wollen, nicht aber welche Aufgabe es später einmal haben soll, was gewiß kein unbedeutender Unterschied ist.

Das Rätselraten über die künftigen, bis zu 270 Tage dauernden Missionen dieser rund fünf Tonnen schweren, etwa 8,80 Meter langen Miniaturausgabe eines Space Shuttles ist allerdings ganz und gar unnötig, da die Antwort auf der Hand liegt: Die Luftwaffe sucht selbstverständlich verzweifelt nach Wegen, wie mit Hilfe von Fernerkundungssystemen der weltweit zunehmende Mangel an sauberem Trinkwasser, Getreide und Energie behoben, die Erderwärmung aufgehalten und die Menschen auch in den Armutsländern vor Naturkatastrophen geschützt werden können. Wozu sonst als zu diesen löblichen Zwecken sollte die Luftwaffe der größten Militärmaschinerie der Welt ein innovatives Raumschiff entwickeln?

Auf gar keinen Fall sollte dagegen gemutmaßt werden, daß die USA, die sich als einzige Nation strikt einem international verbindlichen Vertrag zur friedlichen Nutzung des All verweigern, mit dem neuen Raumschiff einen Beweis der Gültigkeit ihrer Militärdoktrin "full spectrum dominance" (Vorherrschaft zu Wasser, zu Lande, in der Luft und im Weltraum) liefern, militärische Überlegenheit im All anstreben und dazu unbemannten Raumfahrzeugen, die beispielsweise Minisatelliten aussetzen könnten, welche feindliche Satelliten angreifen und zerstören, oder die von einem niedrigen Orbit aus Geschosse (Rods of God) mit entsprechender Durchschlagskraft auf Bodenziele abwerfen können, eine wichtige Aufgabe zuweisen. Man sollte ebenfalls nicht mutmaßen, daß das Space Plane feindliche Satelliten einfangen und unbeschädigt zur Erde zurückbringen kann, wo sie dann untersucht werden können. Auch wäre selbstredend auszuschließen, daß X37B als weltraumgestützte Testplattform für Laserwaffen dient. Nein, das alles und noch viele militärische Optionen mehr sollte man wirklich nicht annehmen.

Zudem sollte nicht gefragt werden, warum die Air Force das Projekt von der NASA übernommen hat, es bis heute im Geheimen entwickelt und aus "schwarzen Budgets" finanziert wurde, so daß nur wenigen, zu Stillschweigen verpflichteten Abgeordneten ein Teileinblick in das Projekt gewährt werden muß, oder warum weiterhin Geheimhaltung betrieben wird und nicht einmal der geographische Ort der Leitzentrale, von wo aus das Raumschiff in Zukunft manövriert werden soll, bekanntgegeben wird.

Ein sicherlich von der Air Force mit Vorfreude bedachter Nebenaspekt der enormen Geheimniskrämerei, die spätestens zu dem Zeitpunkt abgelegt werden dürfte, wenn die absolut altruistische Funktion des Space Plane bekanntgegeben wird, besteht darin, daß sich andere Staaten aufgerufen fühlen werden, nachzurüsten und ebenfalls weltraumtaugliche Waffen zu entwickeln. Wenn dann irgendwann die US-Luftwaffe das Kaninchen aus dem Hut zaubert und den rein friedlichen Zweck ihrer X37B erklärt, hat man vielleicht ganz viele Waffen im All, die auf einmal keine Waffen mehr sind, sondern dem eingangs beschriebenen Wohl der Menschheit dienen ...

23. April 2010