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AFRIKA/2039: Libyen - Kriegsbefürworter Südafrika nun um Waffenstillstand bemüht (SB)


Afrikanische Union um mehr Einfluß auf dem eigenen Kontinent bemüht

Südafrikas Präsident Zuma beim Treffen der Internationalen Libyen-Kontaktgruppe in Rußland


Nach mehr als drei Monaten steht fest: Mit ihren fortgesetzten Luftangriffen auf Libyen verfolgt die NATO ein anderes Interesse als das des Schutzes der Zivilbevölkerung vor Angriffen durch die libysche Armee. Bemühungen seitens der Afrikanischen Union, einen Waffenstillstand herbeizuführen, wurden wiederholt unterminiert.

Dabei hätten die beiden Sicherheitsratsmitglieder Nigeria und Südafrika die Zerstörung der Infrastruktur des Landes durch die NATO verhindern können, denn das Abstimmungsergebnis im Weltgremium war knapp. Am 17. März 2011 waren zehn Staaten für die Annahme der Resolution 1973, fünf Staaten enthielten sich. Bei nur acht Zustimmungen und sieben Enthaltungen wäre die Resolution nicht angenommen worden. Das trübt die Glaubwürdigkeit der Regierung Südafrikas, die inzwischen um mehr Einfluß auf das Konfliktgeschehen ringt.

Vielleicht wurde die südafrikanische Regierung tatsächlich von der Härte und Unerbittlichkeit der NATO-Staaten, welche offensichtlich den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi beseitigen und seine Regierung stürzen wollen, überrascht. Mehr als drei Monate nach Beginn der Luftangriffe, durch die eine Flugverbotszone durchgesetzt werden sollte, um die Zivilbevölkerung zu schützten, schießt die NATO weiterhin Raketen auf Tripolis ab; gleichzeitig torpediert der westliche Militärpakt die Bemühungen der Afrikanischen Union um einen Waffenstillstand.

Südafrikas Präsident Jacob Zuma ist schon so lange im politischen Geschäft, daß man ihm keine Naivität unterstellen sollte. Möglicherweise hatte deshalb eine Melange aus Für und Wider das Abstimmungsverhalten Südafrikas im UN-Sicherheitsrat bestimmt. Zwischen dem Kapstaat und Libyen besteht zweifellos eine gewisse Konkurrenz. War es doch ausgerechnet der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, der im Jahr 2002 zum ersten Präsidenten der neu gegründeten Afrikanischen Union (AU) ernannt wurde und nicht Gaddafi. Dabei hatte dieser erhebliche finanzielle Mittel in den Aufbau der AU gesteckt und kräftig für das Projekt geworben. Er wäre der "logische" erste Kandidat für dieses Amt gewesen.

Unter den Subsaharastaaten fungiert Südafrika als wirtschaftliche und politische Führungsmacht. Für Gesamtafrika gilt das nicht. So hat Libyen, nachdem es vor einigen Jahren von der Terrorliste der USA gestrichen wurde, seine Einnahmen aus dem Erdölexport in zahlreiche ausländische Projekte gesteckt und auf diesem Wege seinen Einfluß auf dem gesamten Kontinent ausgedehnt.

Wenn man nach weiteren Motiven abgesehen vom Schutz der Zivilbevölkerung sucht, warum Südafrika für die militärische Option gestimmt haben könnte, wären sie in der latenten bis offene Konkurrenz zu Libyen zu verorten. Das gilt für Nigeria allemal. Geografisch liegt es noch viel näher an Libyen, die beanspruchten Einflußsphären beider Staaten überlappen sich. Diplomatisch formuliert, gingen Libyen und Nigeria in der Vergangenheit bezüglich der Lösung einiger bewaffneter Konflikte in Westafrika und der Sahelzone nicht unbedingt d'accord. Und daß Gaddafi im März dieses Jahres vorschlug, Nigeria zu teilen, um die sich befeindenden Christen und Muslime voneinander zu trennen, kam bei der nigerianischen Regierung gar nicht gut an ...

Südafrika und Nigeria besaßen somit auch eigene Interessen, als sie der UN-Resolution 1973 zustimmten. Allerdings muß inzwischen Südafrika zugestanden werden, daß es seitdem versucht, das Ruder wieder herumzureißen und der Afrikanischen Union, die eine Libyen-Kontaktgruppe unterhält, zu mehr Einfluß auf die Entwicklung auf dem eigenen Kontinent zu verhelfen. Doch trotz der Erfolge der Verhandlungsbemühungen, erweckt das Vorgehen von NATO und Bengasi-Milizen den Eindruck, als würden sie jede andere Lösung als die des militärisch herbeigeführten Machtwechsels ablehnen.

3. Juli 2011