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AFRIKA/2173: BRICS-Konferenz - die alten sind die neuen Herren ... (SB)



Südafrika richtet ab Mittwoch das diesjährige Treffen der BRICS-Staaten aus. Im Mittelpunkt der Gespräche dürfte der sogenannte Handelskrieg stehen, den die USA unter Präsident Trump mit der Erhebung von Einfuhrzöllen eingeläutet haben und der andere Staaten bereits zu Gegenmaßnahmen veranlaßt hat. Obschon Südafrika aufgrund seiner industriellen Entwicklung eine Sonderrolle innerhalb Afrikas einnimmt, wird das Land dennoch als Sprachrohr der afrikanischen Staaten insgesamt angesehen. Ihnen war jahrzehntelang von den vom globalen Norden dominierten Finanzinstitutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) nahegelegt worden, teils unter Verwendung beinahe erpresserischer Methoden, keine Zölle zu erheben, Handelsschranken abzubauen und zudem ausländische Investoren ins Land zu lassen. Jetzt praktizieren die USA unverhohlen das genaue Gegenteil davon, sie errichten Schranken. Nun sollen alle anderen erneut folgen.

Das Treffen der BRICS-Staaten Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika, das in diesem Jahr den Vorsitz innehat, steht unter dem Titel "BRICS in Africa: Collaboration for Inclusive Growth and Shared Prosperity in the 4th Industrial Revolution" (z. Dt.: BRICS in Afrika: Zusammenarbeit für inklusives Wachstum und geteilten Wohlstand in der 4. Industriellen Revolution). Mit "inklusive" ist gemeint, daß jeder Staat die Wachstumserrungenschaften auf die Gesellschaft verteilt, und hinter "geteiltem Wohlstand" steht die Idee, daß die wirtschaftlich stärkeren Länder den schwächeren unter die Arme greifen.

Diese Leitlinien unterscheiden sich nicht im geringsten von denen, die von den Regierungen des globalen Nordens - USA, Japan, EU - als Mittel der Wahl, Methode und Ziel ihrer multilateralistischen Handels- und Wirtschaftspolitik propagiert werden. Dabei geht es am Ende stets darum, der eigenen Wirtschaft Vorteile zu verschaffen, beispielsweise durch die Sicherung von Rohstoffen, Öffnung von Märkten und Bewahrung von Absatzräumen für eigene Waren. Mit dem nun unter US-Präsident Donald Trump favorisierten Unilateralismus - America first! - werden diese Ziele nicht obsolet, vielmehr sollen sie auf andere Weise durchgesetzt werden.

Der südafrikanische Energiekonzern Eskom hat von der im Juli 2014 eingerichteten BRICS-Bank, der New Development Bank, einen Kredit in Höhe von etwas über zwei Milliarden Rand (rund 150 Mio. Dollar) für den Ausbau des Stromnetzes erhalten und erst im Mai dieses Jahres erhielt das südafrikanische Unternehmen Transnet einen Kredit in Höhe von 2,7 Mrd. Rand (200 Mio. Dollar) zur Absicherung des Baus eines Containerterminals in der Hafenstadt Durban. Zwei Beispiele, die zeigen, daß die BRICS-Staaten prinzipiell wirtschaftlich überhaupt nicht anders ausgerichtet sind als ihre Konkurrenten im globalen Norden. Die Gründung einer eigenen Bank war keine Absage an das profitorientierte System, sondern die Antwort auf die massive Benachteiligung der Schwellenländer bei der Stimmverteilung in den beiden traditionellen Finanzinstitutionen Weltbank und IWF.

Zu dem BRICS-Treffen in der südafrikanischen Stadt Johannesburg werden die Staats- und Regierungschefs unter anderem von Ägypten, Äthiopien, Angola, Gabun, Ruanda und Sambia erwartet. Und so wie auch die Bundesrepublik Deutschland die Industrie 4.0 als ihr Zukunftsmodell propagiert, bei der in nahezu allen Wirtschaftsbranchen eine umfassende Digitalisierung Einzug hält und voraussichtlich Arbeitsplätze in großer Zahl wegfallen, wollen sich auch die BRICS-Staaten auf diesem Gebiet behaupten oder gar wie China eine globale Führerschaft einnehmen.

Das Reich der Mitte ist der wichtigste Investor unter den vier BRIC-Staaten in Südafrika. Bereits seit 2003 haben sie 17,8 Mrd. Dollar, verteilt über 189 Projekte, in den Kapstaat investiert. Dabei waren 36.852 Arbeitsplätze geschaffen worden - die Hälfte davon in der Provinz Gauteng. Das Wort stammt aus dem Sesotho und bedeutet "Ort des Goldes". Den Goldbergbau von einst gibt es hier nicht mehr. Jedoch wird hier heute auf andere Weise nach "Gold" geschürft. In dieser kleinsten, aber bevölkerungsreichsten Provinz Südafrikas, in deren Mittelpunkt die wohlhabende Metropole Johannesburg liegt, werden über 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes erwirtschaftet.

Die BRICS-Staaten haben eines gemeinsam, sie werden alle durch die aktuelle US-Handelspolitik unter Zugzwang gesetzt. Genauer gesagt - denn bedrängt wurden sie auch vorher schon, eben das war ja der Grund, weswegen sie sich unter dem Stichwort Süd-Süd-Partnerschaft zusammengeschlossen haben - hat Trump die Karten neu gemischt, in der Hoffnung, auf diese Weise Vorreiter in Sachen globaler Handel zu werden und sich dadurch Vorteile verschaffen zu können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sich die BRICS-Staaten nun noch enger zusammenschließen und versuchen, die USA wirtschaftlich einzuhegen. Angesichts insbesondere von Chinas wirtschaftlicher Stärke stehen die Chancen nicht schlecht, daß die USA bei dieser Form des Handelskriegs den kürzeren ziehen.

Dann werden sie sich womöglich neu auszurichten versuchen. Vielleicht kehren sie von ihrem unilateralistischen zum multilateralistischen Modell des Handels zurück, vielleicht wechseln sie aber auch vom Handel direkt zum Händel über. Dann würden sie den Krieg - wie in der zivilen Variante des immer gleichen Konflikts - nicht mehr nur mit bloßer Androhung des Einsatzes militärischer Mittel fortsetzen. Und zukünftige Historiker würden rückblickend auf die heutige Zeit womöglich mehr ver- denn erklärend konstatieren, daß die Staaten damals in den Weltkrieg "hineingetaumelt" sind ...

Die Bedeutung der BRICS-Staaten wächst. Unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität entfällt bereits rund ein Drittel des weltweiten BIP auf diese fünf Staaten. Nichts würde sich ändern, wenn die Vorherrschaft des Westens im globalwirtschaftlichen Geschehen durch die Schwellenländer gebrochen würde. Auch sie erzielen ihre hohe Produktivität aus der Sicherung von Ressourcen, der Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette, der Verwertung der Arbeitskraft in teils unsäglichen, sklavereiähnlichen Produktionsverhältnissen.

23. Juli 2018


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