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ASIEN/720: Gates kündigt dauerhafte US-Präsenz in Afghanistan an (SB)


Gates kündigt dauerhafte US-Präsenz in Afghanistan an

Obamas Abzugspläne werden immer mehr zur Fata morgana


Von liberalen Teilen der amerikanischen Presse wird dieser Tage Robert Gates für seine Besonnenheit und Weitsicht über den grünen Klee gelobt. Der ehemalige CIA-Chef, den Barack Obama von George W. Bush als Verteidigungsminister übernommen hat und der angeblich noch vor Ende des Jahres das Pentagon verlassen will, hat durch zwei Äußerungen denjenigen Kräften auf dem Kapitol um das Senatoren-Trio John Kerry (Demokrat), John McCain (Republikaner) und Joseph Lieberman (Parteiloser), die eine Militärintervention der USA in Libyen zugunsten der Gegner Muammar Gaddhafis lautstark fordern, den Wind aus den Segeln genommen. Bei einer Rede am 25. Februar vor Offiziersanwärtern an der Militärakademie Westpoint in Upstate New York zitierte Gates die berühmte Warnung von General Douglas an John F. Kennedy, wonach jeder, der dem US-Präsidenten zu einem Landkrieg "in Asien oder im Nahen Osten oder Afrika" rate, "eine Schraube locker" habe.

Am 2. März, bei einem Auftritt vor dem verteidigungspolitischen Ausschuß des Repräsentantenhauses in Washington, wurde Gates noch deutlicher, als er das "lose Gerede" der Medienkommentatoren und gewählten Volksvertreter über "militärische Optionen" in Bezug auf Libyen kritisierte und die aufgeregte Diskussion um einige Fakten bereicherte: "Lassen Sie uns Klartext reden - eine Flugverbotszone finge mit einem Angriff auf Libyen, um dessen Luftabwehr zu zerstören, an. So richtet man eine Flugverbotszone ein. Dazu wären mehr Flugzeuge, als man auf einem einzigen Flugzeugträger findet, erforderlich. Also wäre das eine große Operation in einem großen Land". Gates schob weitere gewichtige Überlegungen bezüglich eines möglichen Libyen-Abenteuers hinterher: "Sollten wir weitere Aktiva dorthin verlegen, was wären die Folgen dessen für Afghanistan, für den Persischen Golf? Und welche anderen Alliierten wären bereit, uns dabei behilflich zu sein?"

Die Art und Weise, wie Gates in der Libyen-Debatte den Handlungsspielraum des Weißen Hauses freihält, läßt erkennen, daß der Nachfolger Donald Rumsfelds in Washington über großen Einfluß verfügt. Deswegen würde Obama Gates gern bis nach der Präsidentenwahl im November 2012 im Kabinett behalten, statt noch vor Beginn des Wahlkampfes einen neuen Pentagon-Chef suchen und einsetzen zu müssen. Die Machtposition von Gates lassen auch seine jüngsten Äußerungen zu Afghanistan, die in der Öffentlichkeit weit weniger Aufmerksamkeit fanden als seine Erläuterungen zum derzeitigen Medienthema Libyen, erkennen.

Zum Auftakt eines zweitägigen Besuchs in Afghanistan erklärte Gates vor US-Militärs auf dem Stützpunkt Bagram bei Kabul, die Streitkräfte Amerikas würden auch nach dem Ende des geplanten Truppenabzugs, der im Juli beginnen und 2014 abgeschlossen werden soll, in Afghanistan präsent sein. Dies meldete am selben Tag die Nachrichtenagentur Associated Press. Gates bestritt, daß das US-Militär "dauerhafte Stützpunkte" in Afghanistan einrichten wolle, sondern behauptete, die Amerikaner wären bereit, über 2014 hinaus am Hindukusch für Sicherheit und Stabilität zu sorgen, "falls die Afghanen" das wollten. Über diese Formulierung kann man schmunzeln. Als Anfang Februar Präsident Hamid Karsai enthüllte, daß die Vertreter Kabuls und Washingtons über ein State of Forces Agreement (SOFA) verhandelten, um eine dauerhafte US- Militärpräsenz in Afghanistan vertraglich zu regeln, kam es in der afghanischen Hauptstadt zu wütenden Protesten. Darüber hinaus stellt der Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus Afghanistan die Kernforderung der Taliban dar. Ohne ihre Erfüllung werden die Männer um Mullah Mohammed Omar ihren Kampf nicht aufgeben.

9. März 2011