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LATEINAMERIKA/2283: Tropfen auf dem heißen Stein der Kubafrage (SB)


Obama-Administration signalisiert Tauwetter und führt aufs Glatteis


Die Länder Lateinamerikas hatten das Ende der Blockade Kubas durch die Vereinigten Staaten zum zentralen Prüfstein ihrer Bewertung der neuen US-Regierung unter Präsident Barack Obama gemacht, der eine veränderte Herangehensweise an den Süden in Aussicht stellte. Wie weit der außenpolitische Kurs der Obama-Administration hinter den verbalen Luftschlössern des Präsidenten zurückbleibt, stellte dessen Verlängerung des Trading With the Enemy Act um ein weiteres Jahr klar, auf dessen Grundlage das Handelsembargo gegen Kuba praktiziert wird. Zudem haben Vertreter der US-Regierung wiederholt unterstrichen, daß man die Blockade erst dann lockern werde, wenn die Regierung in Havanna demokratische Reformen auf den Weg gebracht habe. Die alte Doktrin, daß der kubanische Gesellschaftsentwurf unbedingt zerstört werden müsse, hat also nach wie vor Gültigkeit.

Beim zweiten Afrika-Südamerika-Gipfeltreffen (ASA), zu dem auf der venezolanischen Urlaubsinsel Margarita Staats- und Regierungschefs aus zwölf südamerikanischen und 49 afrikanischen Staaten zusammengekommen waren, wurde auch eine Solidaritätserklärung zu Kuba beschlossen. Die Versammelten fordern darin ein Ende der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade Kubas durch die Vereinigten Staaten, die seit fast fünfzig Jahren gegen das kubanische Volk verhängt wird, sowie der Anwendung völkerrechtswidriger Gesetze und Maßnahmen wie des Helms-Burton-Gesetzes.

Die Gipfelteilnehmer verurteilten die Blockade, da sie unvereinbar mit den Prinzipien der souveränen Gleichheit der Staaten, der Nichtintervention und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten sowie den in zahlreichen völkerrechtlichen Bestimmungen festgelegten internationalen Handels- und Verkehrsfreiheit sei.

An die Regierung der Vereinigten Staaten richtet sich die dringende Bitte, die Forderung von 17 aufeinanderfolgenden Resolutionen zu erfüllen, die von der Vollversammlung der Vereinten Nationen seit 1992 verabschiedet wurden, und die Blockade Kubas zu beenden. [1]

Was die US-Regierung demgegenüber praktiziert, erinnert zwangsläufig an ein Täuschungsmanöver, das Tauwetter in den beiderseitigen Beziehungen ankündigt, während man aufs Glatteis geführt wird. Dies gilt auch für die Kubareise von Bisa Williams, die kürzlich in Havanna Gespräche mit hochrangigen Vertretern der kubanischen Regierung über eine Reihe verschiedener Themen führte, darunter auch eine verbesserte Zusammenarbeit in Fragen der Migration und ein gemeinsamer Kampf gegen den Drogenhandel. Wichtigster Grund dieser Zusammenkunft war nach Angaben des US-Außenministeriums, in dem Williams stellvertretende Staatssekretärin für die westliche Hemisphäre ist, die geplante Wiederaufnahme des Postverkehrs zwischen beiden Ländern. [2]

Inzwischen kursieren Gerüchte über Geheimverhandlungen zwischen Washington und Havanna, die unter dem Radar der antikubanischen Fraktionen in den USA geführt werden. Das US-Außenministerium trug hinsichtlich der Reise von Bisa Williams nicht dazu bei, derartigen Spekulationen den Boden zu entziehen, und deutete an, daß die Themenpalette bei diesen Gesprächen breit und das Klima offen gewesen sei. Am wahrscheinlichsten ist allerdings, daß die US-Regierung den Eindruck erwecken möchte, es finde tatsächlich eine Annäherung statt, die sich Schritt für Schritt entfaltet und letzten Endes substantieller als die leidige Kontroverse um die Blockade ist.

Anmerkungen:

[1] Dokument: Solidarität mit Kuba (30.09.2009)

junge Welt

[2] U.S. Official Meets With Cuban Authorities (30.09.2009)
New York Times

2. Oktober 2009