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NAHOST/1088: CIA-Chef Panetta kündigt Verbleib der USA im Irak an (SB)


CIA-Chef Panetta kündigt Verbleib der USA im Irak an

Angeblich befinden sich im Irak noch eintausend "Terroristen"


Mit der Wahl des 73jährigen CIA-Chefs Leon Panetta zum neuen US-Verteidigungsminister hat Präsident Barack Obama politisch kaum eine bessere Wahl treffen können. Presseberichten zufolge wurde Panetta am 9. Juni bei der Anhörung des verteidigungspolitischen Ausschusses des Senats zu seiner Nominierung von dessen Mitgliedern als bestmöglichen Ersatz für den scheidenden, 67jährigen Pentagonchef Robert Gates regelrecht gefeiert. Dies überrascht nicht. Panetta hatte am 2. Mai bei der erfolgreichen Operation zur Liquidierung Osama Bin Ladens im pakistanischen Abbottabad von Langley, Virginia, aus den Oberbefehl innegehabt, womit sich offenbar weitere Fragen nach seiner Eignung zur Leitung der größten und bestausgerüsteten Streitkräfte der Welt erübrigten.

In einem am 10. Juni erschienenen Artikel der New York Times wurde Panettas Auftritt vor dem Senat als "warmes Bad" beschrieben, das damit angefangen hatte, als die beiden demokratischen Senatorinnen aus Kalifornien, Dianne Feinstein und Barbara Boxer, ihren Landsmann dem Ausschuß vorstellten (Panetta hat von 1977 bis 1993, als er Stabschef Bill Clintons wurde, einen kalifornischen Wahlkreis im Washingtoner Kongreß vertreten): "'Viel Glück, und ich hoffe der Ausschuß macht dies schnell', erklärte Frau Boxer, nachdem sie Herrn Panetta als ihren Mentor und als jemanden, der 'sehr schlau' sei und der 'die Dinge versteht' beschrieben hatte."

Mit "Dingen" sind die Erfordernisse des "globalen Antiterrorkrieges" gemeint, den die Obama-Regierung trotz des Verzichts auf jenen belasteten Begriff seit zweieinhalb Jahren mit genauso viel Entschlossenheit wie die Vorgänger-Administration George W. Bushs führt und weiterhin zu führen gedenkt. Dies machte Panetta den versammelten Volksvertretern unter Hinweis auf die instabilen Lagen in Afghanistan, Libyen, Pakistan, im Irak, Jemen et cetera mehr als deutlich. So angetan waren die Senatoren von Panetta, der selbst früher beim Militärgeheimdienst war, bevor er in die Politik wechselte, daß Lindsay Graham von den oppositionellen Republikanern ihm mit dem Satz "Ich kann nicht warten, für Sie zu stimmen" seine Bewunderung entgegenbrachte. Einzig John McCain gab sich mit der ausweichenden Antwort Panettas auf die Frage nach dem Ausmaß des bevorstehenden Abzugs amerikanischer Streitkräfte aus Afghanistan unzufrieden. Wahrscheinlich hat es den ehemaligen Fliegerhelden des Vietnamkrieges, der sich seit Jahren im verteidigungspolitischen Ausschuß des Senats aufspielt, als sei er der einzige mit militärischem Sachverstand, gestört, daß Panetta ihm an diesem Tag die Schau stahl.

übrigens kam es zu der Liebesbekundung Grahams, der ebenfalls seit Jahren als Wasserträger der Rüstungslobby gilt, nachdem der Republikaner aus South Carolina den Noch-CIA-Chef folgende Frage zum Libyenkrieg gestellt hatte: "Würde Gaddhafi bleiben, welche Konsequenzen hätte das für unsere nationale Sicherheit, nachdem wir erklärt hatten, daß er weg muß? Meinen Sie, das würde das Aus für den Arabischen Frühling bedeuten?" Darauf Panetta: "Ich denke, daß würde ein schreckliches Signal an die anderen Länder senden. Ich denke, sie würden daraus schließen, daß unser Wort nicht sehr viel Wert ist, wenn wir nicht bereit sind, es zu halten." Will heißen, in Tripolis muß es zum "Regimewechsel" kommen, weil ansonsten die Glaubwürdigkeit der USA Schaden nehmen könnte.

Am bemerkenswertesten an den Ausführungen Panettas war dessen Ansichten zur Lage im Irak. Nach dem Ende 2008 von George Bush jun. und Premierminister Nuri Al Maliki geschlossenen State of Forces Agreement (SOFA) sollen die US-Streitkräfte bis Ende dieses Jahres den Irak gänzlich verlassen haben. Bekanntlich wollen die Amerikaner jedoch mehrere Zehntausend Soldaten und mehrere große Stützpunkte behalten und drängen deshalb die Regierung in Bagdad auf eine Revidierung des SOFA. Weil das Ansinnen Washingtons im Irak sehr unpopulär ist und die Maliki-Regierung in große Verlegenheit bringt, hat sich diese bisher zu keiner Entscheidung durchringen können. Dafür lieferte Panetta sie bei seinem Auftritt auf dem Kapitol. Den Senatoren erklärte er, er gehe davon aus, daß Bagdad demnächst die USA bitten werde, eine Militärpräsenz im Irak zu behalten, und legte seinem Publikum nah, die Bitte positiv zu beantworten.

Als Argument, warum die US-Streitkräfte im Irak bleiben sollten, behauptete Panetta, dort hielten sich "immer noch eintausend" Mitglieder des Terrornetzwerkes Al Kaida auf. Wie er auf diese Zahl kommt, hat er nicht erläutert. Vermutlich hat er sie einfach aus den Fingern gesogen. Schließlich heißt es seit einiger Zeit aus dem US-Sicherheitsapparat, in Afghanistan gebe es nur noch 100 Al-Kaida-Mitglieder. Müßte man daher nun nicht die zehntausende Soldaten, die nach dem Amtsantritt Obamas vom Irak nach Afghanistan verlegt wurden, wieder zurück in das Zweistromland schicken? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Politelite in Washington, was die Begründung für die diversen Elemente des "Antiterrorkrieges" betrifft, ein regelrechtes Hütchenspiel betreibt.

11. Juni 2011