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NAHOST/1158: Kriegswolken ziehen am Persischen Golf auf (SB)


Kriegswolken ziehen am Persischen Golf auf

Saudi-Arabien bereitet sich auf Schließung der Straße von Hormus vor



Nach dem Inkrafttreten des Embargos der Europäischen Union für Öl- und Gasprodukte aus dem Iran am 1. Juli und der gleichzeitigen Verhängung schwerer Finanzsanktionen der USA gegen jedes Unternehmen, das Geschäfte mit der Islamischen Republik betreibt, nehmen die Spannungen am Persischen Golf spürbar zu. Vor dem Hintergrund eines dreitägigen Kriegsspiels, bei dem Mittelstreckenraketen getestet wurden, die Israel und sämtliche US-Stützpunkte in der Region erreichen können, erneuerte am 2. Juli General Ahmad-Reza Pourdastan, der Oberkommandierende der iranischen Landstreitkräfte, die Drohung Teherans, die Straße von Hormus, durch die 40 Prozent des Öls für die Weltwirtschaft transportiert werden, zu schließen. Um eine solches Vorhaben zu unterbinden, hat die US-Marine in den vergangenen Wochen die Zahl ihrer Minensuchboote am Persischen Golf von vier auf acht verdoppelt.

Wie die New York Times am 3. Juli berichtete, hängt die Erhöhung der Anzahl der Minensuchboote, welche der 5. US-Flotte zur Verfügung stehen, mit einer großangelegten Aufstockung der amerikanischen Streitkräfte in der Nähe des Irans zusammen. Hierzu gehören die Verlegung der USS Ponce, der ersten schwimmenden Kommando- und Logistikplattform des Pentagons, in den Persischen Golf, um im Kriegsfall als Basis für die Spezialstreitkräfte zu dienen und amphibische Operationen gegen Ziele entlang der iranischen Küste zu koordinieren, sowie die Stationierung dort von weiteren Kampfjets vom Typ F-22 und F- 15C. Letztere sollen laut New York Times "die Fähigkeit des US-Militärs erweitern, Raketenbatterien in Küstennähe zu treffen sowie Ziele tief im Inneren des Irans anzugreifen". Gemeint sind natürlich die wichtigsten iranischen Atomanlagen in Arak, Fordo, Isfahan und Natans.

Nach offiziellen Angaben der Regierung Barack Obama will Washington durch Handelssanktionen und Säbelrasseln die Iraner dazu bringen, in eine diplomatische Lösung des sogenannten "Atomstreits" einzuwilligen. Die einzige, die bisher für die USA in Frage kommt, geht jedoch mit einer Beschneidung des Rechts des Irans als Unterzeichnerstaat des Atomwaffensperrvertrages auf Zugang zu allen Aspekten der zivilen Kernenergie einher. Sie ist folglich für Teheran nicht annehmbar. Lieber nimmt die iranische Führung die schweren Wirtschaftssanktionen in Kauf und riskiert einen Krieg, als vor dem "großen Satan" zu kapitulieren. Und da sich der Demokrat Obama, der derzeit erbittert um seine Wiederwahl als Präsident im November kämpft, seitens des republikanischen Herausforderers Mitt Romney und der pro-israelischen Neokonservativen den Vorwurf, gegenüber den "bösen Mullahs" in Teheran Nachsicht zu üben, nicht gefallen lassen darf, läuft im Augenblick alles in Richtung eines Krieges noch in diesem Herbst.

Auf diese Möglichkeit bereitet sich Saudi-Arabien jetzt schon vor. Riad feuert nicht nur die Destabilisierung Syriens, des wichtigsten Verbündeten des Irans, mittels Finanzierung und Aufrüstung sunnitischer "Terroristen" an, sondern trifft bereits umfangreiche Vorkehrungen für den Fall, daß dem Iran die Schließung der Straße von Hormuz gelingen sollte - und sei es auch nur vorübergehend. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am 28. Juni exklusiv berichtete, hat Riad vor fünf Monaten eine Pipeline in Testbetrieb genommen, mittels derer man größere Mengen Öls von den saudischen Ölfeldern im Osten des Landes an die Häfen im Westen am Roten Meer pumpen könnte.

Die Iraqi Pipeline in Saudi Arabia (IPSA) war in den achtziger Jahren gebaut worden, um vor dem Hintergrund des Iran-Irak-Krieges, der von einer schweren Beeinträchtigung des Seehandels am Persischen Golf begleitet wurde, irakisches Öl doch noch auf den Weltmarkt bringen zu können. 2001 hat Saudi-Arabien die Pipeline wegen nichtbezahlter Schulden des Iraks konfisziert. Die Saudis fördern derzeit acht Millionen Barrel Öl täglich. Die IPSA hat eine Kapazität von täglich fünf Millionen Barrel. Seit dem Einmarsch der irakischen Streitkräfte in Kuwait im August 1990 ist kein Öl mehr über die IPSA exportiert worden, was die Tragweite in den Vorkehrungen Riads erkennen läßt.

4. Juli 2012