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NAHOST/1430: Söldner sollen Riad vor der Blamage im Jemen retten (SB)


Söldner sollen Riad vor der Blamage im Jemen retten

Für Saudi-Arabien wird der Einfall ins Nachbarland zum Desaster


Für Riad wird die Militärintervention im Jemen, die am 26. März begann und mit der Saudi-Arabiens neuer König Salman dem gestürzten jemenitischen Präsidenten Abd Rabbuh Mansur Hadis wieder zur Macht verhelfen sowie seine eigene Position und die seines designierten Nachfolgers, seines 29jährigen Sohns und Verteidigungsministers Mohammad, stärken wollte, zum Desaster. Die von Riad geschmiedete, sunnitische Militärallianz aus Saudi-Arabien und den anderen arabischen Monarchien am Persischen Golf - allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar - hat die Bewegung der schiitischen Huthis im Jemen namens Ansurullah trotz ununterbrochener Luftangriffe nicht bezwingen können und erleidet selbst hohe Verluste. Aus diesem Grund werben die Saudis und ihre Verbündeten, die zwar über viel Geld und moderne Waffen verfügen, jedoch militärisch nicht ernst zu nehmen sind, seit einiger Zeit Soldaten aus dem Sudan, Eritrea, Mauretanien und Senegal an, die für sie die eigentliche Kriegsarbeit im Jemen leisten sollen.

Meldungen der arabischen Presse in den letzten Wochen über die zunehmende Präsenz ausländischer Söldner in den Reihen der Huthi-Gegner haben sich als richtig erwiesen. Am 26. November berichtete die New York Times unter der Überschrift "Emirates Secretly Sends Colombian Mercenaries to Yemen Fight", Abu Dhabi habe vor kurzem "heimlich" 450 Söldner aus Kolumbien, Chile, Panama und El Salvador in VAE-Uniformen in den Jemen geschickt. Die lateinamerikanischen Soldaten und Offiziere, von denen nicht wenige über Guerillakriegserfahrungen verfügen sollen, sind laut New York Times Teil jener "ausländischen Armee", welche die VAE seit fünf Jahren aufstellt. Am Aufbau und an der Rekrutierung der 1800 Mann starken Söldnertruppe war ursprünglich Erik Prince, Gründer des berühmt-berüchtigten privaten US-Militärdienstleistungsunternehmens Blackwater, beteiligt. Seit einigen Jahren aber leitet das VAE-Militär das umstrittene Projekt selbst. Zur Bedeutung dieser Entwicklung hieß es in der New York Times:

"Söldner sind für reiche Länder, die Krieg führen wollen, deren Bürger dagegen vielleicht nicht kämpfen mögen, eine attraktive Option", erklärte Sean McFate, ranghohes Mitglied des Atlantic Council und Autor des Buchs "The Modern Mercenary". "Die private Militärindustrie ist heute global", stellte McFate fest, und fügte hinzu, die Vereinigten Staaten hätten durch ihre weitgehende Inanspruchnahme von Auftragsunternehmen während mehr als zehn Jahren Krieg im Irak und in Afghanistan die Industrie weitgehend "legitimiert". "Lateinamerikanische Söldner sind das Zeichen der Zukunft", sagte er.

Derzeit liefern sich die Huthis, die von den Teilen der staatlichen jemenitischen Streitkräfte unterstützt werden, die weiterhin dem langjährigen Ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh und seinem Klan die Treue halten, mit den Truppen Hadis, den südlichen Separatisten und der ausländischen Interventionsstreitmacht heftige Kämpfe um Taizz, die drittgrößte Stadt im Jemen. Während die Huthis nach wie vor die nordwestliche Hälfte des Jemen einschließlich der Hauptstadt Sanaa kontrollieren, müssen sich Hadis Leute und seine ausländischen Verbündeten in dem von ihnen "befreiten" Südosten um die Hafenstadt Aden mit den "Terrormilizen" Al Kaida und Islamischer Staat (IS) herumschlagen, welche die Kriegswirren dazu nutzen wollen, die bisherigen staatlichen Strukturen durch eine religiös-fundamentalistisch geprägte Gesellschaftsordnung zu ersetzen. Währenddessen leiden die einfachen Jemeniten unter den Kriegsfolgen, insbesondere der von Saudi-Arabien verhängten Seeblockade, enorm. Nach jüngsten Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks sind derzeit 21,2 Millionen Menschen, ganze 82 Prozent der jemenitischen Bevölkerung, zum Überleben auf humanitäre Hilfe aus dem Ausland angewiesen.

Die Saudis, die vor kurzem für 1,29 Milliarden Dollar die Waffenbestände ihrer Luftstreitkräfte um 19.000 Bomben und Raketen aus den USA aufgestockt haben, kümmert die Lage der jemenitischen Zivilbevölkerung wenig. Das Gegenteil ist der Fall. Das Militärabenteuer im Ausland hat die ohnehin latente innenpolitische Instabilität in Saudi-Arabien verstärkt. Dafür spricht die steigende Zahl der Hinrichtungen. In diesem Jahr wurden bereits mehr 150 Todesurteile per Köpfen vollstreckt und damit der bisherige Höchststand aus dem Jahr 1995 übertroffen. Das Herrscherhaus in Riad, das die Invasion im Jemen mit Schauergeschichten über etwaige Umtriebe des Irans dort begründet hat, fürchtet sich vor nichts mehr als einem Aufstand in seinen schiitisch geprägten, östlichen Provinzen am Persischen Golf, wo zufällig der größte Teil des Ölreichtums Saudi-Arabiens lagert. Aktuell sind König Salman und Kronprinz Mohammad auf dem besten Weg, diesen Aufstand zu provozieren, sollten sie, wie angekündigt, demnächst die gegen den höchsten schiitischen Geistlichen Saudi-Arabiens, Scheich Nimr Bakr Al Nimr, wegen angeblich aufrührerischen Verhaltens verhängte Todesstrafe vollziehen.

30. November 2015


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