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NAHOST/1549: Folterstaat Bahrain umwirbt die US-Rüstungsindustrie (SB)


Folterstaat Bahrain umwirbt die US-Rüstungsindustrie

Manama deckt sich mit gigantischen Mengen amerikanischer Waffen ein


Mitte März 2011 kam es im Rahmen des "Arabischen Frühlings" zu zwei Entwicklungen, die gegensätzlicher nicht hätten sein können. Auf Betreiben Saudi-Arabiens hat die Arabische Liga als zuständige Regionalorganisation beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Mandatierung einer militärischen Intervention der NATO in Muammar Gaddhafis Libyen erwirkt, um dort die drohende Niederschlagung von Massenprotesten zu verhindern. Praktisch zeitgleich marschierten saudische Truppen, in deren Reihen sich Soldaten aus Pakistan befanden, in Bahrain ein, um die demokratische Reformbewegung dort mit brutalster Gewalt im Keim zu ersticken. Die USA, die selbsternannte Verfechterin von "Demokratie" und "Freiheit" auf der Welt, die beim Sturz Gaddhafis die führende Rolle spielten, haben für die Verfechter demokratischer Reformen in Bahrain nicht einmal den kleinsten Finger gerührt.

Für das unterschiedliche Verhalten Washingtons und Riads in den Fällen Libyen und Bahrain gibt eine einfache Erklärung: Realpolitik. Die damaligen Umwälzungen in der arabischen Welt haben sich für die Amerikaner und Saudis als perfekte Gelegenheit herausgestellt, den Störenfried Gaddhafi mit seiner ambitionierten Vision einer starken Afrikanischen Union loszuwerden. Daß dabei Libyen zum gescheiterten Staat und Tummelplatz international agierender Dschihadisten verkommt, war und ist scheinbar bis heute kein großes Problem für die USA und Saudi-Arabien. Im Gegenteil, die veränderte Lage im ölreichsten Land Nordafrikas bietet ihnen offenbar diverse Möglichkeiten der Einflußnahme - sei es auf der militärisch-sicherheitstechnischen Ebene respektive der religiös-ideologischen, sprich der sunnitisch-wahabbistischen.

In Bahrain werden Washington und Riad jedenfalls einen Teufel tun, Partei für die schiitische Bevölkerungsmehrheit gegen die sunnitische Herrscherfamilie Al Khalifa zu ergreifen. Im Hafen von Juffair, einem Vorort von Manama, ist die 5. Flotte der US-Marine mit rund 6000 amerikanischen Militärangehörigen beheimatet. Aus Sicht der Amerikaner, Saudis und Khalifas stellen die rund eine Million Schiiten in Bahrain eine fünfte Kolonne des Erzfeindes Iran dar. Und hinter ihrer Forderung nach Einführung der parlamentarischen Demokratie gemäß westlicher Standards stecke lediglich das Streben, den Zwergstaat am Persischen Golf zum Trabanten des "Mullah-Regimes" in Teheran zu machen. Deswegen finden die Klagen diverser Menschenrechtsorganisationen über die Unterdrückung in Bahrain in Politik und Medien des Westens so wenig Gehör.

Dies geschah auch im Falle des jüngsten Berichtes, den Amnesty International Ende August vorlegte und der erschreckende Angaben über das Ausmaß der Anwendung von Folterpraktiken gegen Regierungskritiker in bahrainischen Gefängnissen enthielt. Unter anderem wurde der Fall von Ebtisam al Sayegh dokumentiert, die während der monatelangen Zeit im Polizeigewahrsam von Mitgliedern der National Security Agency Bahrains bei verbundenen Augen wiederholt geschlagen und sexuell mißhandelt wurde. In dem Bericht, der sich lediglich auf die vergangenen zwölf Monate bezieht und deshalb den Titel "Bahrain's year of crushing dissent" trägt, schreiben die Autoren: "Die Regierung von Bahrain hat es geschafft, eine einst blühende Zivilgesellschaft zu zermalmen und sie auf einige wenige Stimmen zu reduzieren, die noch zu sprechen wagen." Menschenrechtsaktivisten schätzen die Zahl der politischen Gefangenen in Bahrain auf 3500 bis 4000, was gemessen an der Gesamtbevölkerung von 1,4 Millionen enorm viel ist.

Nur wenige Tage nach dem Treffen König Hamad Bin Isa Al Khalifas mit Donald Trump am Rande des Staatsbesuchs des neuen US-Präsidenten in Riad im Mai haben die bahrainischen Sicherheitskräfte einen friedlichen Protestmarsch in Manama mit Waffengewalt aufgelöst, fünf Demonstranten getötet und rund 100 verletzt. Aus Washington kamen keine Worte des Tadels. Welch niedrigen Stellenwert dort die Menschenrechte der Zivilbevölkerung in Bahrain einnehmen, wurde durch eine Bekanntmachung des Pentagons am 8. September überdeutlich. Demnach hat das US-Außenministerium - nach Absprachen mit dem Senat in Washington - Rüstungsverkäufe im Wert von 3,8 Milliarden Dollar an die Khalifa-Monarchie genehmigt. Hauptnutznießer des großen Geschäfts ist das Unternehmen Lockheed Martin. Der Flugzeugbauer soll 19 Kampfjets vom Typ F-16V im Wert von 2,7 Milliarden Dollar an die Luftwaffe Bahrains liefern. Zum Rüstungspaket gehören auch zwei 35 Meter lange Patrouillenboote mit Bordkanonen sowie 221 Anti-Panzerraketen vom Rüstungskonzern Raytheon. Außerdem soll die bereits vorhandene Kampfjetflotte der Bahrainer für 1,8 Milliarden Dollar generalüberholt und mit der neuesten Software und sonstigem Schnickschnack modernisiert werden. Wie sangen einst Liza Minelli und Joel Grey in der Filmversion des Musicals "Cabaret"? "Money makes the world go around ..."

11. September 2017


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