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USA/1194: Cheney erteilt Obama Ratschläge für den Antiterrorkampf (SB)


Cheney erteilt Obama Ratschläge für den Antiterrorkampf

Durchsichtige Instrumentalisierung des Terrors durch die Republikaner


Kaum aus dem Weißen Haus ausgezogen, erteilt Dick Cheney, der acht Jahre lang George W. Bush als Vizepräsident zur Seite stand, bereits Ratschläge an die Nachfolgeregierung Barack Obamas. Derzeit ist Amerikas neuer Präsident bemüht, das unter Bush und Cheney schwer geschädigte internationale Ansehen der USA aufzubessern und hat deshalb die schnellstmögliche Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf Kuba angeordnet. Des weiteren distanziert sich die Obama-Regierung von den Folterpraktiken der Bush-Ära und verspricht eine Einhaltung der Genfer Konventionen durch die USA. Dafür gibt es jetzt Kritik seitens des Mannes, der als mächtigster Vizepräsident aller Zeiten in die Geschichte eingegangen ist. Laut Cheney lege die Obama-Administration gegenüber der terroristischen Bedrohung eine blauäugige Haltung an den Tag und setze Amerika damit der Gefahr eines noch verheerenden Anschlages als der des 11. Septembers 2001 aus.

Die Kassandrarufe gab Cheney bei einem Interview mit der Website Politico ab, das am 4. Februar unter der reißerischen Überschrift "How I Saved The USA - Cheney warns of new attacks" erschienen ist. Der langjährige Washingtoner Insider, der Ende der sechziger Jahre von seinem Mentor Donald Rumsfeld in die Regierung Richard Nixons geholt wurde, danach republikanischer Kongreßabgeordneter für Wyoming wurde und später George Bush sen. als Verteidigungsminister diente, kritisierte die Entscheidungen der Obama-Regierung, das Internierungslager Guantánamo Bay zu schließen und die Anwendung von "verschärften Verhörmethoden" bei verhafteten mutmaßlichen Anhänger vom Osama Bin Ladens "Terrornetzwerk" Al Kaida zu verbieten, scharf. Er warf Obama und den Demokraten vor, Wahlkampfversprechen einzulösen, statt die Politik der Vorgängerregierung in der Terrorbekämpfung auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. "Wenn Leute mehr Sorgen darum machen, einem Al-Kaida-Terroristen seine Rechte vorzulesen, als die Vereinigten Staaten gegen Leute zu schützen, die zur Ermordung von Amerikanern wild entschlossen sind, dann macht mir das Sorgen", polemisierte Cheney.

Entgegen anderslautenden Einschätzungen, wonach die meisten der rund 200 verbliebenen Gefangenen in Guantánamo Bay unschuldige Opfer des "globalen Antiterrorkrieges" sind, behauptete Cheney, es handelte sich bei diesen Männern um den "harten Kern" der Al Kaida. Sie freizulassen oder in einem Gefängnis auf dem amerikanischen Festland unterzubringen, könnte laut Cheney fatale Folgen haben. Als Freigelassene könnten sie neue Anschläge verüben oder als Gefangenen im amerikanischen strafvollzugssystem ihren "Gift" verbreiten - "Das sind böse Leute und wir werden diesen Kampf nicht gewinnen, indem wir die andere Wange hinhalten", so Cheney.

Der frühere Stellvertreter von George Bush jun. meinte, daß für Amerikas Sicherheit zu sorgen, ein "hartes, gemeines, schmutziges und häßliches Geschäft" sei, und daß Liberale wie Obama und seine Kabinettsmitglieder dies nicht verstanden hätten. "Die Vereinigten Staaten müssen weniger geliebt, als vielmehr respektiert werden. Manchmal erfordert das, daß wir Maßnahmen ergreifen, die Kontroversen auslösen. Ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob die Obama-Administration dies begreift", erklärte er. Laut Cheney sei die Bush-Regierung ebenfalls blauäugig an die Sache rangegangen, sei jedoch von den schockierenden Ereignissen des 11. September 2001 eines besseren belehrt worden.

Cheney behauptete, daß die umstrittensten Maßnahmen der Bush-Regierung - er erwähnte in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Überwachen des amerikanischen Telefon- und E-Mail-Verkehrs durch die NSA, die "verschärften Vernehmung" von "hochwertigen" Gefangenen durch die CIA und das drakonische USA-PATRIOT-Gesetz - Amerika vor weiteren Anschlägen wie die gegen das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington geschützt hätten. Indem Obama diese Maßnahmen wieder lockere bzw. teilweise rückgängig mache, erhöhe er die Wahrscheinlichkeit, daß Terroristen irgendwann in naher Zukunft die USA mit einer Atomwaffe angreifen und den Tod von Hunderttausenden Menschen verursachen werden, so das Fazit Cheneys.

Mit dieser kruden Mischung aus Amerika-zuerst-Militarismus und Angsmacherei machen es sich die US-Republikaner wirklich leicht. Als am 11. September 2001 das gesamte US-Sicherheitsapparat wie gelähmt reagierte, die WTC-Zwillingstürme zusammenstürzten und fast 3000 Menschen vor den Augen der Fersehzuschauer in aller Welt ermordet wurden, lenkte, Bush, Cheney und ihre neokonservativen Streitgefährten von den zahlreichen diversen Versäumnissen in Sachen Terrorbekämpfung in den vorangegangen sechs Monaten mit der haarsträubenden Behauptung ab, die lasche Haltung der Vorgänger-Regierung Bill Clintons gegenüber Al Kaida wäre die Hauptursache für das schwerste Versagen der US-Geheimdienste. Und sollte es wieder zu so einem fürchterlichen Vorfall wieder kommen, werden diese ewigen Besserwisser dafür die angeblich mangelnde Kampfbereitschaft und Entschlossenheit der Demokraten verantwortlich machen, anstelle sich mit der Frage zu beschäftigen, warum sie selbst in acht Jahren Regierungszeit Osama Bin Laden nicht aus dem Verkehr gezogen oder etwas zur Korrektur der einseitig pro-israelischen US-Politik im Nahen Osten unternommen haben.

7. Februar 2009