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USA/1297: Rumsfeld warnt vor weiteren Großanschlägen Al Kaidas (SB)


Rumsfeld warnt vor weiteren Großanschlägen Al Kaidas

Amerikas Produktion tödlicher Waffen muß aufrechterhalten werden


Rechtzeitig zur medialen Aufbereitung des zehnten Jahrestages der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 waren sie alle wieder da, die großen Antiterrorkrieger von einst, die den Westen nach dem schrecklichen Ereignis in zwei Kriege in Afghanistan und im Irak stürzten, obwohl 15 der 19 mutmaßllichen Flugzeugattentäter und nicht zuletzt ihr vermeintlicher Auftraggeber, der damalige Chef des Al-Kaida-"Netzwerkes" Osama Bin Laden, allesamt aus Saudi-Arabien stammten. An der Einweihung der neuen 9/11-Kultstätte in Südmanhattan samt Wasserfälle, welche die Vergänglichkeit allen Irdischen symbolisieren sollen, nahm an der Seite Barack Obamas dessen Vorgänger George W. Bush teil, der, für immer unvergessen, damals vom Schütthaufen der Zwillingstürme des World Trade Center aus mit einem Megaphon in der Hand den "globalen Antiterrorkrieg" ausrief und dafür von den versammelten, schutzhelmtragenden Aufräumarbeitern grölend bejubelt wurde.

Auch Tony Blair meldete sich an diesem Wochenende mit mehreren Interviews, darunter mit dem Rundfunksender BBC und der Nachrichtenagentur Reuters, zu Wort. Der ehemalige britische Premierminister, der sich in den Jahren nach 9/11 als treuester Verbündeter Washingtons erwiesen hatte und heute als gutdotierter Konzernberater und glückloser Sonderbeauftragter des Nahostquartetts in der Welt unterwegs ist, verwahrte sich vehement gegen die Argumente, erstens, militante Muslime griffen den Westen aus Protest gegen dessen Politik im Nahen Osten - Unterstützung Israels sowie diverser autokratischer arabischer Potentaten - an, und zweitens, die Einmärsche im Irak und in Afghanistan hätten das Problem des "islamistischen Terrorismus" verschärft, statt es zu lindern.

Für Blair liegt die Wurzel allen Übels in der Ideologie des radikalen Islams, die deshalb bis zum bitteren Endsieg bekämpft werden müsse, weil man mit deren Vertretern gar nicht vernünftig reden könne, sie lehnten die "demokratischen" Spielregeln ab. In diesem Zusammenhang malte Blair die Gefahr einer iranischen Atombombe an die Wand und plädierte im Notfall für den Einsatz militärischer Mittel, um die Regierung in Teheran an der Entwicklung der schrecklichsten aller Waffen zu verhindern - ganz wären die Iraner, weil mehrheitlich schiitische Moslems, der Vernunft nicht zugänglich und somit vom Einsatz einer einzigen Atombombe durch die viel größeren Nukleararsenale Israels und der USA nicht abzuschrecken.

Mit einem am 9. September in der konservativen US-Zeitschrift Human Events erschienenen Exklusivinterview hat sich ebenfalls Donald Rumsfeld den zehnten Jahrestag der Flugzeuganschläge zum Anlaß genommen, um sich in die aktuelle politische Debatte in den USA einzumischen. Der zweimalige US-Verteidigungsminister - einmal unter Gerald Ford in den siebziger Jahren und einmal unter Bush jun. - dessen eigene Rolle beim rätselhaften Versagen des US- Verteidigungsapparates am Vormittag des 11. September 2001 bis heute ungeklärt geblieben ist, hat die im Zuge der dringend nötigen Bundeshaushaltskonsolidierung vorgesehenen Kürzungen am Etat des Pentagons heftig kritisiert.

Trotz der Tatsache, daß der Pentagonhaushalt seit 2001 von rund 300 Milliarden Dollar auf mehr als 800 Milliarden jährlich regelrecht explodiert ist, führte Rumsfeld das laufende Haushaltsdefizit und die zunehmende Staatsverschuldung der USA auf die Sozialausgaben zurück. Ihm zufolge wäre es ein schwerer Fehler, das Geld, das Amerikas Militär für seinen Kampf gegen das Böse braucht, zu kürzen. "Sollten wir diesen Fehler machen, sind wir dazu verdammt, einen erneuten, irgendwie gearteten Anschlag zu erleiden", so Rumsfeld. Dieser Spruch erinnert an die berühmte Standpauke, die er bei einer Pressekonferenz am Abend des 11. September 2001 hielt und dabei Carl Levin, den damaligen Vorsitzenden des verteidigungspolitischen Ausschusses des Senats, bezichtigte, er und seine demokratischen Parteikollegen hätten durch ihre Ablehnung höherer Pentagonausgaben die Flugzeuganschläge erst ermöglicht.

In seinem Interview mit dem Human-Events-Reporter Jason Mattera führte Rumsfeld die "Tödlichkeit der heutigen Waffen", die mit einem Schlag Zehn- oder Hunderttausende Menschen umbringen könnten, als Grund an, warum es keinerlei Abstriche am Antiterrorkampf Washingtons geben dürfe. Daß die USA als weltweit größte Entwickler, Produzenten und Exporteure immer tödlicherer Waffen seit Jahrzehnten zu dieser unheilvollen Entwicklung beigetragen haben und daß die Antwort für dieses Problem in umfassender Abrüstung auf globaler Ebene liegen könnte, wäre Rumsfeld, der selbst ein parasitäres Dasein im militärisch-industriellen Komplex Amerikas führt, nicht einmal im Traum eingefallen.

Die Intervention des Kumpans von Dick Cheney in die laufende Haushaltsdebatte kommt zu einer Zeit, in der Amerikas Rüstungslobbyisten gegen Obamas geplante, eher symbolische Kürzungen am Wehretat von 350 Milliarden Dollar über zehn Jahre gestreckt Sturm laufen. Zu den Befürwortern des Status quo gehören nicht nur der republikanische Senator Jon Kyl aus Arizona, der mit einem Rücktritt aus dem neuen Haushaltkürzungskomitee für den Fall drohte, sollte der Wehretat zu sehr angetastet werden, sondern auch Obamas neuer Verteidigungsminister Leon Panetta. Der Ex-CIA-Chef, der weitere Kürzungen mit dem "Weltuntergang" verglich, trifft sich am 13. September im Pentagon mit den Vorstandsvorsitzenden der größten US- Rüstungsunternehmen wie Boeing, Lockheed-Martin, Northrop Grumman, General Dynamics und Raytheon, um über Wege zu beraten, wie man die staatliche Subventionierung im bisherigen Umfang aufrechterhalten kann.

12. September 2011