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BERICHT/302: Olivenzweig - Gegenöffentlichkeit schaffen ... (SB)


Der Staatspräsident wirft der "sogenannten Türkischen Medizinischen Vereinigung" vor, "Terroristen-Liebhaber" zu sein. Die Vertreter des Verbands seien "keine Intellektuellen, sondern eine Bande nicht-denkender Sklaven" und "Diener des Imperialismus".
Recep Tayyip Erdogan zur Kritik des Ärztebunds an der "Operation Olivenzweig" [1]


Im Zuge der Aufhebung jeglicher Freiheitsrechte hat das Erdogan-Regime auch die Pressefreiheit in der Türkei abgeschafft. Nach dem kontrollierten Putschversuch und der Verhängung des Ausnahmezustands wurden mindestens 150 Medienorganisationen mit sofortiger Wirkung geschlossen, und die Behörden beschlagnahmten ihren materiellen Besitz. Zahlreiche regierungskritische Journalistinnen und Journalisten wurden festgenommen, auch der deutsch-türkische Pressevertreter Deniz Yücel sitzt weiter in Haft. Die Ulmer Journalistin Mesale Tolu kam unter Auflagen frei, darf aber das Land nicht verlassen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi ist ein Sprachrohr der AKP-Regierung. Die Okkupation der Deutungsmacht mündet im Zuge des Angriffs der türkischen Streitkräfte auf den kurdischen Kanton Afrin im Nordwesten Syriens in eine absolute Kontrolle der gesamten Presse, die zu Beginn der "Operation Olivenzweig" mit einem 15-Punkte-Plan gleichgeschaltet wurde [2].

Nach kritischen Äußerungen über den türkischen Feldzug in den sozialen Medien sind bislang 311 Menschen festgenommen worden. Ihnen werde Terrorpropaganda vorgeworfen, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Innenminister Süleyman Soylu, ohne Details zu nennen. In der vergangenen Woche war die türkische Polizei bereits gegen zahlreiche Kritiker des Militäreinsatzes vorgegangen. Unter anderem wurden Ermittlungen gegen zwei Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP eingeleitet. [3]

Der türkische Ärztebund (TTB) bezeichnete "Krieg" als "öffentliches Gesundheitsproblem", da er zu "irreparablen Problemen" führe. "Nein zum Krieg, Frieden jetzt", hieß es in dem Schreiben des TTB. Daraufhin griff Erdogan die Verbandsvertreter höchstpersönlich aufs schärfste an. Inzwischen sind elf Mitglieder des Ärztebundes, darunter auch der Vorsitzende Rasit Tükel, festgenommen worden, die Staatsanwaltschaft hat gegen den Verband Ermittlungen eingeleitet. [4] Regierungskritische Äußerungen werden in der Türkei mit dem Terrorverdikt belegt und als Verbrechen verfolgt, als legitime Meinung duldet das Regime ausschließlich uneingeschränkte Affirmation.


Stimme der kurdischen Bewegung in Deutschland

An der Universität Hamburg fand am 26. Januar 2018 auf Einladung des AStA und des Verbands der Studierenden aus Kurdistan (YXK) zum Thema "Quo vadis, Türkei?" eine Podiumsdiskussion über die aktuelle politische Lage in der Türkei, ihre Auswirkungen auf Deutschland und die Zukunft der deutsch-türkischen Beziehungen statt. Unter Moderation des kurdischen Studierendenverbands referierten und diskutierten Leyla Imret (Co-Bürgermeisterin der Stadt Cizre im Exil), Mako Qocgiri (Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad), Cansu Özdemir (Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft) und Britta Eder (Anwältin in Hamburg). Nachdem Leyla Imret über ihre Erfahrungen während des Angriffs der türkischen Streitkräfte auf die kurdische Städte und die aktuelle politische Situation in der Türkei berichtet hatte [5], ging Mako Qocgiri auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei, die kurdische Öffentlichkeitsarbeit und die Bündnispolitik der kurdischen Freiheitsbewegung in Syrien ein.

Das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad berichtet regelmäßig in deutscher Sprache über die Situation in Kurdistan und veröffentlicht zahlreiche Hintergrundanalysen. Sein Ziel ist es, die demokratische Öffentlichkeit über die Zustände in Kurdistan und vor allem die deutsche Komplizenschaft aufzuklären. Durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit kann ein wichtiger Beitrag dazu geleistet werden, diesen Krieg zu stoppen und eine friedliche Lösung zu finden. Civaka Azad leistet ebenso Informations- und Dokumentationsarbeit über die in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden und setzt sich für die Belange der kurdischen Migrantinnen und Migranten ein. Vor kurzem wurde unter anderem ein Dossier zur 25jährigen Geschichte der deutschen Verbotspolitik gegen kurdische Organisationen erstellt.


Auf dem Podium mit Mikro - Foto: © 2018 by Schattenblick

Mako Qocgiri
Foto: © 2018 by Schattenblick


Waffenbrüderschaft und Wirtschaftsverbund

Mako Qocgiri ging eingangs auf den teils heftigen Wellenschlag in den deutsch-türkischen Beziehungen ein, der mitunter den Eindruck erweckte, ein Bruch stehe unmittelbar bevor. Im Sommer 2017 warfen türkische Amtsträger der deutschen Politik fast täglich Nazimethoden vor, während umgekehrt auf deutscher Seite die Rede davon war, daß die Türkeipolitik neu ausgerichtet werden müsse. Außenminister Gabriel erklärte jedoch nach einem Besuch bei seinem türkischen Amtskollegen, daß die Regierung in Ankara ungeachtet aller sonstigen Differenzen bei ihrer Politik gegenüber den Kurden auf gutem Kurs steuere. Während alle Stricke zu reißen schienen, gab es ein festes Band: Die Bundesregierung unterstützt den Kampf gegen die kurdische Bewegung. Die kurdischen Verbände in Deutschland kritisierten daraufhin, daß die Bundesregierung die Kurdenkarte ausspiele, um die Wogen im Streit mit der Türkei zu glätten. Bereits im Frühjahr 2017 waren die Fahnen der YPG und JPG hierzulande verboten worden. Der deutsche Botschafter in Ankara wurde fast wöchentlich ins türkische Außenministerium einbestellt, und diese Methode scheint Wirkung gezeigt zu haben, da in der Folge weitere kurdische Symbole in Deutschland verboten wurden. Inzwischen scheinen sich die Beziehungen normalisiert zu haben, wenn Gabriel seinem Kollegen bei sich zu Hause Tee einschenkt und harmonische Bilder gezeigt werden. Kurdische Demonstrantinnen und Demonstranten sähen sich zunehmender Repression ausgesetzt und bei den jüngsten Demonstrationen in Berlin, Hannover und Hamburg habe die Polizei verschärft interveniert und Leute wegen verbotener Symbole herausgegriffen, so der Referent. Man müsse davon ausgehen, daß die Repression weiter zunehmen wird.

In einem kurzen historischen Abriß gab Mako Qocgiri Einblick in die traditionelle deutsch-türkische Waffenbrüderschaft, deren Anfänge aus der Zeit datieren, als Bismarck 1890 als Reichskanzler entlassen wurde und das deutsche Kaiserreich seine Außenpolitik neu ausrichtete. Deutschland suchte seinen Platz an der Sonne, Wilhelm II. wollte im imperialistischen Spiel mitmischen. Da die meisten Kolonien bereits unter den europäischen Nachbarn aufgeteilt waren, fand Deutschland im Osmanischen Reich schließlich eine Region, in der es agieren konnte. Der "kranke Mann am Bosporus" verlor Gebiete auf dem Balkan und anderswo. Das Kaiserreich schickte eine Vielzahl an politischen und militärischen Beratern und arbeitete wirtschaftlich mit dem Osmanischen Reich zusammen, das keine offizielle Kolonie war, aber in einer Art halbkolonialem Zustand ausgebeutet wurde. Es gab Direktinvestitionen wie das Prestigeprojekt der Bagdadbahn, das von der Deutschen Bank finanziert wurde.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte das Osmanische Reich an der Seite des Deutschen Reiches, worauf die Niederlage seinen Zusammenbruch beschleunigte. Aus den Trümmern entstand die türkische Republik. In die Zeit der deutschen Militärberater fallen die Genozide an den Armeniern. Zum einen gab es zwischen 1894 und 1896 Pogrome mit rund 300.000 Toten, 1915/16 dann bis zu 1,5 Millionen ermordete Armenier, die auf Hungermärschen ins Exil starben. Die Resolution von 2016 im Deutschen Bundestag übernahm Mitverantwortung für den Genozid und markierte den Beginn der diplomatischen Krise mit Ankara.

Was die heutigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern betrifft, sind demnach rund 6800 deutsche Unternehmen in der Türkei tätig. Im Jahr 2016 exportierte Deutschland Waren im Umfang von 22 Milliarden Euro in die Türkei, die umgekehrt Güter im Wert von 14 Milliarden Euro nach Deutschland ausführte. Die Türkei ist ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Automobilkonzerne, große Unternehmen wie Bosch und Daimler produzieren dort vor allem Lkws. Viele deutsche Unternehmen haben Beteiligungen oder tätigen Direktinvestitionen in der Türkei, deren Wirtschaft schwächelt. Die Ratingagenturen haben das Land in den letzten Jahren immer weiter heruntergestuft, so daß es bei Aufnahme internationaler Kredite hohe Zinsen zahlen muß. Deshalb ist es um so mehr auf Direktinvestitionen angewiesen, die vor allem aus Deutschland, aber auch aus den Niederlanden kommen. Man könne daher bilanzieren, daß die beiden Länder füreinander sehr wichtig sind, zumal die türkische Wirtschaft maßgeblich von Deutschland auf den Beinen gehalten werde. Spreche Ankara davon, sich stärker nach China, Rußland und den Shanghai Five auszurichten, um die fehlende Anbindung an die EU zu kompensieren, störe das die deutsche Politik durchaus. Diese tendiere auch aus diesem Grund dazu, die Frage der Menschenrechte in der Türkei nicht ernsthaft zu stellen und die Autokratie, die in Richtung einer Diktatur gehe, zu akzeptieren. Allerdings bluffe Ankara auch mit seinen angeblichen Alternativen, da die Abhängigkeit vom Westen ausgeprägt sei, so der Referent.

In den deutschen Medien wird derzeit insbesondere der Einsatz deutscher Panzer gegen die Kurdengebiete kritisiert, der inzwischen auch offiziell bestätigt worden ist. Nach Angaben der türkischen Regierung finden aus Deutschland gelieferte Leopard-2A4-Panzer im Rahmen der am 20. Januar 2018 begonnenen "Operation Olivenzweig" der türkischen Streitkräfte Verwendung, heißt es in einem Schreiben des Wirtschaftsministeriums an Bundestagsabgeordnete. Die Bundeswehr hatte dem NATO-Partner in den 90er Jahren 354 Leopard-Panzer geliefert, ohne Auflagen für den Einsatz zu erteilen. Der Türkei wurde es lediglich untersagt, die Panzer an Dritte zu verkaufen oder zu verschenken. Damit hat die Bundesregierung jetzt auch keine rechtliche Möglichkeit, gegen den Einsatz der schweren Kampfpanzer aus deutscher Produktion zu intervenieren, und kann ihre Hände in Unschuld waschen.

Wenngleich sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel darauf verständigt haben, die von der Türkei gewünschte Nachrüstung ihrer Panzer mit Minenschutz aus deutscher Produktion vorerst nicht zu genehmigen, sind diese Panzergeschäfte nach Einschätzung Mako Qocgiris keineswegs dauerhaft vom Tisch. Die deutschen Rüstungsexporte sind seines Erachtens sehr wichtig für die Türkei, auch wenn diese eine eigene Rüstungsindustrie aufzubauen versucht. Dazu werden Joint ventures mit deutschen, aber auch südostasiatischen Unternehmen geschlossen, um die Rüstungsexportrichtlinien komplett über Bord werfen zu können. Deutsche Waffen werden im Krieg in Kurdistan eingesetzt: In den 90er Jahren waren es die Waffenbestände der NVA, die Deutschland an die Türkei verschenkt hat, heute sind es die Leopard-2-Panzer. Nach der Wahl Donald Trumps sei in der deutschen Außenpolitik verstärkt davon die Rede, mehr Verantwortung zu übernehmen. Es gebe gemeinsame Bestrebungen mit Frankreich, auf EU-Ebene, aber auch eine Parallele zu der Situation vor 100 Jahren, die Türkei in den deutschen Imperialismus einzubinden, um den Einfluß in dieser Region zu stärken.


Journalismus gegen die Propagandamaschine

Auch die deutsche Presse berichtet einseitig über Kurdistan und bezieht oft Stellung für die türkische Regierung. So übernimmt beispielsweise die Tagesschau die meisten Stellungnahmen der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Diese tendenziöse Berichterstattung gab vor sechs Jahren den Ausschlag, die Arbeit von Civaka Azad aufzunehmen, so der Referent. Damals endeten fast alle Berichte mit dem identischen Absatz, die PKK sei eine Terrororganisation, die für einen eigenen Staat kämpfe, und in diesen Kämpfen seien Zehntausende Menschen getötet worden. Ganz abgesehen davon, daß die PKK schon seit den 90er Jahren keinen eigenen Staat mehr fordert, sei das Grund genug gewesen, Öffentlichkeitsarbeit zu machen, an Journalisten heranzutreten und der eigenen Stimme in den Medien Gehör zu verschaffen. Es wurden Pressemitteilungen geschrieben, Kontakte gepflegt, Hintergrundgespräche geführt und Veranstaltungen wie die heutige besucht, um direkt zu der Öffentlichkeit zu sprechen.

Der Bedarf sei gerade in Krisenzeiten riesengroß, und man komme kaum hinterher, da immer mehr Journalisten aus den bürgerlichen Medien anfragten. Es sei ein gewisser Wandel hin zu einem differenzierteren Journalismus zu beobachten, wenngleich es andererseits auch Korrespondenten von Zeitungen gebe, die für den Mittleren Osten verantwortlich sind, aber nie ihr Hotel in Istanbul, Beirut oder Kairo verließen, sondern von dort aus ihre Berichte verfaßten. Dazu griffen sie auf Meldungen der Nachrichtenagenturen zurück, die staatliche Propaganda wiedergeben, die dann wiederum in deutschen Medien auftaucht.

Civaka Azad versuche weiterhin, Informationen in den Medien zu plazieren und eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. In Afrin hätten sich Journalisten zum Information Center of Afrin Resistence zusammengeschlossen, das vor Ort berichtet und Meldungen über Twitter verbreitet. Auf diese Weise können auch deutsche Journalisten direkt mit ihnen Kontakt aufnehmen und authentische Nachrichten aus dem eingekesselten Kanton bekommen, die hier wiederum über die sozialen Medien oder andere Kanäle weiterverbreitet werden können.


Strategische und taktische Bündnispartner

Angesichts der wechselvollen Bündnisse im Syrienkrieg stellt sich nicht zuletzt die Frage nach den Beziehungen der kurdischen Freiheitsbewegung zu Rußland und den USA. Der Referent unterschied in diesem Zusammenhang zwischen strategischen und taktischen Bündnispartnern. Mit ersteren führe man den Kampf für eine bessere Welt, mit letzteren finde man heute eine Schnittmenge der Zusammenarbeit, doch könnten sie morgen wieder auf der Gegenseite stehen. Antisystemische, sozialistische, feministische, ökologische, basisdemokratische Gruppen seien strategische Bündnispartner, mit denen die kurdische Bewegung zusammenarbeite und auf die Straße gehe. Von taktischen Bündnispartnern wie derzeit den USA im Norden Syriens sei keinesfalls Rettung oder Hilfe beim Aufbau eines demokratischen Nahen Ostens zu erwarten. Die USA hätten in Syrien so gut wie jede Gruppe ausprobiert, um den IS zu bekämpfen, doch sei das mit allen gescheitert. Auch in Kobani hätten sie abgewartet, bis der IS die Stadt fast eingenommen hatte. Erst als der öffentliche Druck immer stärker wurde, seien sie eingeschritten. Dasselbe gelte für Rußland, das seine eigenen Interessen in Syrien verfolge. Man arbeitet auf punktueller Ebene zusammen, wisse aber ganz genau, wo diese Zusammenarbeit endet. Daß Rußland den Luftraum über Afrin für die türkische Luftwaffe geöffnet hat, überrasche die kurdische Freiheitsbewegung nicht. Es würde sie auch nicht überraschen, ließen die USA sie morgen fallen. Es gehe darum, die Strukturen soweit aufzubauen, daß man auf eigenen Füßen stehen und sich verteidigen könne, sollten diese Mächte sich gegen die kurdische Bewegung stellen, so Qocgiri. Deshalb klopfe man auch nicht mit Hilfsersuchen an Regierungstüren, sondern baue öffentlichen Druck auf, gehe auf die Straße und halte das Thema heiß, um Einfluß auf die Regierungen von unten zu nehmen.

Wie der Referent weiter ausführte, hat die Türkei in ihrem Kampf gegen Rojava durchgängig auf islamistische Gruppen gesetzt. Zunächst war es die Al-Nusra-Front, der Al-Kaida-Ableger in Syrien, der sich inzwischen mehrfach umbenannt hat, um im Westen akzeptabler zu erscheinen. Der IS wurde definitiv von Ankara unterstützt. Seine Kämpfer passierten die türkische Grenze nach Syrien, in vom IS kontrollierten Grenzgebieten fand reger Handel mit Erdöl wie auch Waffen statt. Als die Kurden solche Gebiete vom IS befreiten, wurde die Grenze von türkischer Seite abgeriegelt und die Region isoliert. Die islamistischen Gruppen, die gegen Afrin kämpfen, sind dieselben, mit denen die Türkei seit Beginn des Konflikts zusammenarbeitet. Die sogenannte Freie Syrische Armee verfolgt im Grunde dieselbe Ideologie wie der IS oder andere islamistische Gruppierungen, unterstrich Mako Qocgiri.

Der Aufruf der Verwaltung von Afrim an das Assad-Regime, die Landesgrenze vor dem türkischen Angriff zu schützen, ist seines Erachtens vor dem Hintergrund zu sehen, daß die kurdischen Kantone niemals separatistische Ziele verfolgt haben. Selbst der kurdische Name Rojava (Westen) wurde in Demokratische Föderation Nordsyrien umgewandelt, weil dies umfassender ist. In diesen Gebieten leben neben Kurden auch Araber und christliche Minderheiten, die an einem Projekt teilhaben, das kein rein kurdischer Gesellschaftsentwurf ist. Rußland versuche, Afrin unter Druck zu setzen, damit es sich dem Assad-Regime ergibt. Östlich des Euphrat, wo auch die Amerikaner sitzen, könne alles so bleiben, aber westlich des Euphrat soll die russische Einflußsphäre ausgebaut werden, rundete Mako Qocgiri seinen informativen und aufschlußreichen Vortrag und Diskussionsbeitrag ab, der die Bedeutung Civaka Azads für die Schaffung von Gegenöffentlichkeit zweifellos unterstrich.

(wird fortgesetzt)


Fußnoten:


[1] www.augsburger-allgemeine.de/politik/Tuerkei-nimmt-Aerztevertreter-wegen-Kritik-an-Afrin-Offensive-fest-id42907021.html

[2] Nach Angaben von Reportern ohne Grenzen wurden türkische Journalisten einen Tag nach Beginn der Militäroperation zu einem Treffen mit Ministerpräsident Binali Yildirim eingeladen und bekamen eine Unterweisung in "patriotischem Journalismus". Sie erhielten demnach 15 "Empfehlungen", in denen sie unter anderem dazu angehalten wurden, in der Berichterstattung die nationalen Interessen der Türkei zu beachten und internationalen Medien zu mißtrauen. ROG kritisierte, "Ziel der Leitlinien ist im Wesentlichen, die türkischen Medien in den Dienst der Regierung und ihrer Kriegsziele zu stellen."
www.focus.de/politik/ausland/konflikte-tuerkei-geht-gegen-aerzte-vor-wegen-kritik-an-militaereinsatz_id_8388065.html

[3] www.zeit.de/news/2018-01/29/tuerkei-bestaetigt-einsatz-deutscher-leopard-2-panzer-180129-99-850559

[4] www.neues-deutschland.de/artikel/1077866.kritik-an-afrin-offensive-spitze-des-tuerkischen-aerztebundes-festgenommen.html

[5] http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0301.html


Berichte und Interviews zur Podiumsdiskussion "Quo vadis, Türkei?" im Schattenblick unter:
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BERICHT/301: Olivenzweig - kein Erbarmen in Aussicht ... (SB)


30. Januar 2018


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