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INTERVIEW/328: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - im Dunstkreis des Ressourcenraubes ...   Caroline Ntaopane und Matthew Hlabane im Gespräch (SB)


Der Treaty-Prozess bei den Vereinten Nationen
Brauchen wir ein internationales Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte? - Veranstaltung am 27. September 2016 in Berlin

Caroline Ntaopane und Matthew Hlabane darüber, warum sie das Zustandekommen eines neuen Menschenrechtsabkommens unterstützen, auch wenn sie davon keine Änderung erwarten, über menschliche Existenzen, die im UN-Treaty nicht vorkommen und wie der Begriff der Illegalität genutzt wird, um die eigentlichen Vergehen der Bergbaukonzerne zu verschleiern ...



Der Olifant River - Foto: By Malapo Country Lodge (Malapo Country Lodge) [CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0-3.0-2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

Das Wasser in den Flüssen im südafrikanischen Kohlerevier kann aufgrund seiner starken Verschmutzung nicht einmal mehr als Kühlwasser für das Kraftwerk genutzt werden.
Foto: By Malapo Country Lodge (Malapo Country Lodge) [CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0-3.0-2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

Hinsichtlich der Anerkennung von sogenannten Umweltrechten gilt die südafrikanische Verfassung weltweit als nachahmenswertes Beispiel. Sie garantiert den Menschen ihres Landes das Recht, in einer gesunden Umwelt zu leben und Zugang zu ausreichend Wasser. Doch die Vorbildlichkeit beginnt und endet scheinbar auch auf dem Papier, das diese Rechte dokumentiert. Auch 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist die Kluft zwischen Arm und Reich immer noch riesengroß. Während die Reichen in Prunkvillen, auf Farmen und an den Küsten des Landes die schönsten Seiten Südafrikas genießen, lebt fast die Hälfte seiner Einwohner in Armut.

Die reichhaltigen Bodenschätze des Landes werden mit Unterstützung der Regierung von multinationalen Konzernen ausgebeutet, die eigentlich die Wirtschaft zum Wohle der Allgemeinheit ankurbeln sollen, aber Profitinteressen verfolgen und diese gegen die in der Verfassung formulierten Rechte der Bevölkerung durchsetzen.

Zwar gelten laut EU-Parlament, -Kommission und -Ministerrat einige Bodenschätze Afrikas wie Diamanten, Gold, Zinn, Coltan oder Wolframerz als sogenannte Konfliktmineralien, deren Handel kürzlich mit verbindlichen Regeln eingeschränkt wurde. Sie stammten aus Regionen, die bekannt dafür sind, daß dort die Herstellung oder der Abbau der Stoffe illegal oder durch Zwangsversklavung mit Waffengewalt außerhalb einer staatlichen Kontrolle stattfindet, wobei systematisch Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen in Kauf genommen werden. Doch abgesehen davon, daß die vereinbarten Regelungen viel zu kurz greifen, weil sie nur einen kleinen Teil der Gewinnung und Verarbeitung erfassen, werden Rohstoffe aus Südafrika in der Regel nicht als "blutig" bezeichnet.

Dabei haben Konflikte in der jüngeren Vergangenheit, bei denen Minenarbeiter durch staatliche Gewalt ums Leben kamen, etwa bei dem sogenannten "Massaker von Marikana" im August 2012, als 34 Bergleute während eines Bergarbeiterstreiks im Kugelhagel der Polizei starben, schon darauf hingewiesen, daß hier die Verstöße gegen menschliches Recht beim Wettlauf um die Bodenschätze möglicherweise nur weniger offensichtlich sind und auch das verbriefte Recht einer vorbildlichen Verfassung nicht für alle Südafrikaner bessere Lebensbedingungen garantiert.

Wie Caroline Ntaopane in ihrem Vortrag [1] zusammenfaßte, wird das Konfliktpotential von Kohle stark unterschätzt. Südafrika gewinnt etwa 90 Prozent seiner Energie aus Kohle, die Erneuerbaren befinden sich noch in der Anlaufphase. Die südafrikanische Regierung rechtfertige ihre Bemühungen damit, daß sie der schwarzen Bevölkerung Zugang zu Energie verschafft. Allerdings zeigt sich, daß benachteiligte Menschen im Umfeld von Kohleminen und -kraftwerken nur selten an das Stromnetz angeschlossen sind. Statt dessen wird ihre Lebensqualität durch die industriellen Aktivitäten stark gemindert.

Am Bau und der Inbetriebnahme der beiden Kraftwerke, von denen Caroline Ntaopane spricht, sind insgesamt mindestens 19 deutsche Unternehmen beteiligt. Kredite der staatlichen KfW IPEX-Bank und zwei Exportkreditgarantien des Bundes haben den Kraftwerkebau unter Beteiligung der deutschen Wirtschaft mit ermöglicht. Eine indirekte Beteiligung an den vom südafrikanischen Staat geduldeten Machenschaften nationaler und internationaler Wirtschaftskonzerne haben aber auch die Energiekonzerne, die Steinkohle aus Südafrika importieren. Auch deutsche Unternehmen ebenso wie die Bundesregierung wurden für ihre Verantwortung daran noch nie in irgendeiner Form zur Rechenschaft gezogen.

Die Aktivistin Caroline Ntaopane von ActionAid [2] und Matthew Hlabane vom Southern Green Revolutionary Council, einer Protest- und Widerstandsorganisation in Südafrika, haben an der kürzlich erschienenen Misereor-Studie "wenn nur die Kohle zählt - deutsche Mitverantwortung für Menschenrechte im Kohlesektor" mitgewirkt und setzen sich seit Jahren für die Rechte der vom Kohlesektor betroffenen Bevölkerung in Südafrika ein. Sie kämpfen gegen Korruption und für lokale Alternativen zur Kohle. Derzeit befinden sie sich auf einer von Misereor und der Koordinationsstelle Südliches Afrika (KOSA) organisierten Reise, um in Veranstaltungen den Dialog mit deutschen Politikern und Politikerinnen und Organisationen zu suchen, und darüber aufzuklären, warum der Bau von Kohlekraftwerken für sie bereits ein Verbrechen darstellt.

Der Schattenblick sprach mit den beiden im Rahmen der von Brot für die Welt, CorA-Netzwerk, Fian International, Global Policy Forum, Misereor und Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierten Veranstaltung zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte.


Vor dem Veranstaltungsraum im Haus von Brot für die Welt, Berlin - Foto: © 2016 by Schattenblick

Caroline Ntaopane, Frauenrechtlerin, Umwelt- und
Menschenrechtsaktivistin von ActionAid

Foto: © 2016 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Was hat Sie dazu motiviert, sich der Organisation ActionAid anzuschließen? Haben Sie oder Mitglieder Ihrer Familie selbst Berührungspunkte mit dem Kohlebergbau oder in irgendeiner Weise unter den dort herrschenden Umwelt- und Arbeitsbedingungen gelitten?

Caroline Ntaopane (CN): Ich habe mich 2014 der Organisation ActionAids angeschlossen. Doch schon davor war ich über acht Jahre aktiv im Umweltschutz. Dafür hatte ich sehr persönliche Gründe. Denn ich wohne ganz in der Nähe einer Ölraffinerie, genauer gesagt einer Kohleverflüssigungsanlage, die Treibstoffe wie Öl aus Kohle gewinnt. Meine Tochter leidet unter einer schweren chronischen Erkrankung der Atemwege, auch der Rest meiner Familie hat immer wieder mit Atem- oder Lungenproblemen zu tun. Alle, die hier leben, sind anfälliger gegenüber Infektionen und haben nur wenig Widerstandskräfte. Bereits eine leichte Erkältung hat meist schlimme Folgen. Ein Cousin von mir hat Asthma, viele haben Nebenhöhlenentzündungen. Das liegt an der unentwegt hohen Belastung der Luft mit Schadstoffen aus der Ölraffinerie. Seitdem mir diese Zusammenhänge klar geworden sind, habe ich mich in anderen südafrikanischen Gemeinden umgehört und arbeite nun mit verschiedenen Organisationen, die allesamt aus der Gegend des Kohlebergbaus stammen, zusammen.

Südafrika ist schon lange vom Kohlebergbau abhängig, auch was die Energiegewinnung betrifft. Daher wurde uns Südafrikanern immer eingehämmert, Kohle sei etwas Gutes. Daß wir ohne den Kohlebergbau nicht existieren, unsere Schulden nicht zahlen könnten und natürlich auch keinen Strom bekämen. Doch tatsächlich profitieren die ärmeren, südafrikanischen Gemeinden überhaupt nicht von dem Kohlebergbau, geschweige denn von den Kohlekraftwerken. Sie leben zwar oft Zaun an Zaun mit den Elektrizitätskonzernen, die Hochspannungsleitungen sind direkt über ihren Hütten gespannt, aber selbst sind sie nicht an das Stromnetz angeschlossen.

Tatsächlich wird nur Strom für die Großindustrie produziert und in den ländlichen Gemeinden gibt es keine Fabriken. Die armen Südafrikaner nutzen immer noch Holz, Paraffin und andere traditionelle Quellen einfacher Energieerzeugung zum Kochen und zum Heizen im Winter.


Luftverschmutzung in Mpumalanga durch die sechs gewaltigen Schlote eines Kohlekraftwerks. Im Vordergrund ein paar kleine Häuser der Nachbarsiedlung. - Foto: 2007 von Hein Waschefort (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Sie leben zwar oft Zaun an Zaun mit den Elektrizitätskonzernen, sind aber selbst nicht an das Stromnetz angeschlossen.
Foto: 2007 von Hein Waschefort (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Die medizinische Versorgung, für die sie aufkommen müssen, sowie der gesundheitliche Preis, den sie für die Schadstoffbelastung zahlen, steht dazu in keinem Verhältnis. Die Luft ist unvorstellbar schmutzig. Dazu kommen noch die Probleme mit der Wasserversorgung. An vielen Orten gibt es inzwischen kein sauberes Trinkwasser mehr. Das Wasser ist mit den Abflüssen oder mit dem sauren Grubenwasser aus den Stollen verseucht. Die armen Leute in den Dörfern müssen ihr Trinkwasser kaufen und dafür müssen manche Frauen jeden Tag bis zu sechs Stunden und mehr laufen, nur um Wasser von weit entlegenen Quellen zu holen.

Der Bergbau verbraucht Unmengen an Wasser, die er generell aus den nahegelegenen Wasserläufen bezieht. Die Flüsse, welche die kleinen Gemeinden bislang mit Wasser versorgt haben, trocknen alle aus. Die Bevölkerung konkurriert mit der Industrie um die letzten Ressourcen der Gegend. Doch zugunsten des Profits sind es immer die Bergbaugesellschaften, die letztlich den Zuschlag zur Nutzung des Wassers bekommen oder den Gemeinden einfach das Wasser abdrehen. Die Dorfgemeinschaften bleiben praktisch "im Trockenen" sitzen, mit nichts, nicht einmal einer Entschädigung.

Wenn Sie unsere Verfassung einsehen, so heißt es darin: 'Wasser ist ein Grundbedürfnis.' Die südafrikanische Wirtschaft hat das Recht, Wasser zu nutzen, sie müssen es nicht kaufen. Aber dieses Recht hat die Bevölkerung nicht, wenn das gesamte Wasser von der Wirtschaft und den Konzernen verbraucht wird und das wenige, was ihnen bleibt, durch die Bergbauaktivitäten komplett verseucht und mit Schadstoffen kontaminiert ist.

SB: Abgesehen von der gewaltigen Wasserverseuchung beim Kohleabbau, der Feinstaubbelastung der Luft, sind eigentlich auch noch die gewaltigen Mengen an Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffen ein Thema, wenn diese Kohle schließlich zu Strom verbrannt wird. Würden Sie und die Organisationen, in denen Sie aktiv sind, es begrüßen, wenn man den Kohlebergbau und die anschließende Kohleverstromung insgesamt stoppen könnte? Oder, wie es Klimaschützer fordern, wenn man "die Kohle im Boden lassen" würde?

CN: Viele Südafrikaner sehen noch nicht ein, warum sie den Slogan "Leave the coal in the hole" aufgreifen und wörtlich nehmen sollten. Zum einen sehen sie keinen Vorteil darin, da die Energieversorgung unseres Landes traditionell auf Kohle basiert. Andererseits wissen wir aber auch, daß durch die Kohleverstromung der größte Beitrag an klimarelevanten CO2-Emissionen geleistet wird und daß die Erwärmung des Klimas gewaltige Folgen haben wird, von denen wir Südafrikaner bereits jetzt einen Vorgeschmack bekommen. Daher machen sich inzwischen durchaus einige Menschen in Südafrika dafür stark, daß alle neuen regierungsgeförderten Projekte, Strom zu gewinnen, auf erneuerbaren Energien beruhen und wir uns von der Kohle ganz verabschieden sollten.

Aus diesem Grund haben wir auch gegen die Vergabe von Darlehen für das im Bau befindliche Medupi-Kraftwerk in Lephalale protestiert. Unsere Forderungen diesbezüglich waren sehr deutlich: Alle Investoren sollten aus Gründen des Umwelt-, Gesundheits- und Klimaschutzes die Finanzierung von Kohlekraftwerken ablehnen und Darlehen nur an Firmen vergeben, welche die Nutzung von Erneuerbaren Energien ausbauen wollen. [3]


Eine kleine Gruppe Südafrikaner mit Bannern. Eins sagt: 'people before profit' (Menschen gehen vor Profit) - Foto: by Jan Schwarz mit freundlicher Genehmigung der Klimaallianz Deutschland [http://www.die-klima-allianz.de/klima-allianz-protestiert-vor-kfw-hauptsitz/]

Protest in Pretoria gegen die deutsche Beteilung durch die staatliche KfW IPEX-Bank an den Kohlekraftwerken Medupi und Kusile.
Statt den Energiezugang zu verbessern und Armut zu bekämpfen, werden dadurch Energieungleichheit und der Kampf ums Wasser in der Region verschärft.
Foto: by Jan Schwarz mit freundlicher Genehmigung der Klimaallianz Deutschland [http://www.die-klima-allianz.de/klima-allianz-protestiert-vor-kfw-hauptsitz/]

SB: Schuldenlasten und andere existentielle Notlagen von Menschen oder Familien werden von manchen Minenbesitzern ausgenutzt, um Kinder, Frauen oder andere Arbeitssuchende in Arbeitsverträge zu pressen, die einer Versklavung gleichkommen oder grundlegende Menschenrechte überschreiten. Solche Praktiken gibt es überall dort, wo begehrte, schwer zugängliche Rohstoffe in Handarbeit abgebaut werden sollen. Steht Ihre Organisation auch in Kontakt zu anderen Organisationen oder Aktivisten, die sich um die Arbeitsbedingungen bei der Förderung von kritischen Bodenschätzen wie Seltene Erden, Diamanten, Kobalt, Coltan, Phosphor, Platin usw. kümmern?

CN: Die Menschen, für die sich unsere Organisation engagiert, kommen in der Regel aus dem Kohlebergbau. ActionAid hat unter anderem auch an der Gründung einer neuen Initiative von südafrikanischen Gemeinden mitgewirkt, die sich "Mining affected Communities united in action (MACUA)" nennt. [4] Diese Initiative umfaßt 100 betroffene Bevölkerungsgruppen in 70 Schwesterverbänden überall auf der Welt, die unter den unterschiedlichsten Minen und Bergbauaktivitäten leiden. Und dort geht es dann nicht mehr allein um Kohle.

Eine der in MACUA organisierten Gemeinschaften steht gewissermaßen an vorderster Front im Kampf gegen den Konzern Anglo Platinum in Limpopo, und über diesen Weg unterstützen wir auch alle anderen Gegner des Platinabbaus, etwa die Aktivisten in Rustenburg. Dort gibt es zwei Platinbergwerke im Merensky Reef, von Impala Platinum Holdings Limited (Implats), die zu den größten der Welt gehören. Außerdem haben wir die Proteste und Auseinandersetzungen der Arbeiter einer Platinmine in Marikana gegen die Machenschaften des britischen Bergbauunternehmens Lonmin PLC unterstützt. [5] Also, kurz gesagt, vereint MACUA alle Inititiativen von Menschen und Gemeinden, die vom Bergbau betroffen sind und befaßt sich mit den unterschiedlichsten Problemen wie den Arbeitsbedingungen, der Umweltverschmutzung, Gesundheitsproblemen, Armut und vielem anderen mehr. Ich bin allerdings in einer Gruppe aktiv, die sich vor allem auf den Kohlebergbau konzentriert.

Ganz besonders engagieren wir uns für die Rechte und Probleme der Frauen und Kinder. Leider haben wir in Südafrika sehr viele stillgelegte oder verlassene Gruben. Und da hinein gehen die Frauen, um sich mühsam einzelne Kohlestücke zu ergattern, um damit die Herde in ihren Hütten zuhause zu befeuern. Das ist extrem gefährlich für sie. Daher kämpfen wir auch für das Recht der Frauen, mit ausreichend Energie für ihre Hauswirtschaft versorgt zu werden.

Die Geschlechterrollen sind in Südafrika vielfach noch sehr traditionell verteilt. Frauen kochen und backen, sie sind für die Ernährung der Familie verantwortlich. Doch wir wollen, daß Frauen auch an den wichtigen politischen Entscheidungsprozessen mitwirken, zum Beispiel, wenn es darum geht, welche Art von Energie wir als Südafrikaner in Zukunft nutzen wollen.

Wir arbeiten mit anderen Organisationen also ebenso zusammen, wie mit den Kirchen und mit den Gewerkschaften, genauer gesagt mit NUMSA (National Union of Metalworkers South Africa), aber auch mit AMCU (Association of Mineworkers and Construction Union), die auch wieder die Aktivitäten von MACUA unterstützen [6].

Es gibt eigentlich nur eine Gewerkschaft, mit der uns die Zusammenarbeit schwer fällt, und das ist NUM (National Union of Miningworkers). Sie arbeitet zum einen eng mit der südafrikanischen Bergbaukammer ("Chamber of Mindes of South Africa") zusammen, welche die Interessen der Bergbauindustrie gegenüber der südafrikanischen Regierung vertritt, und ist zum anderen an der Tripartite Alliance aus African National Congress (ANC), Congress of South African Trade Unions (COSATU) und South African Communist Party (SACP) beteiligt. Das heißt, ihr Interesse an den von der Bergbauindustrie verursachten Schäden und den davon betroffenen Bevölkerungsgruppen ist äußerst gering.

Ansonsten stehen wir mit vielen Organisationen in Verbindung, die sich mit den gleichen aus dem Abbau von Bodenschätzen ergebenden Problemen befassen, wie wir, also mit Themen wie Arbeitslosigkeit oder Gewalt gegen Frauen. Wir hatten gerade einen Fall, in dem eine Minenarbeiterin vergewaltigt und getötet wurde, während sie in einem Stollen im Untergrund arbeitete. So etwas ist kein Einzelfall. Und wir haben damit begonnen, uns mehr um diese Problematik zu kümmern, um die Rechte der Frauen, die im Bergbaugebiet unter Tage oder auch in anderen Jobs arbeiten, besser zu schützen. Momentan sieht das noch sehr schlimm aus: Manche Frauen müssen mit den Minenbesitzern oder den Vorarbeitern ins Bett gehen, um angestellt zu werden, obwohl sie für die Arbeit natürlich ebenso qualifiziert sind wie Männer. Gerade die Bergbauindustrie ist eine reine Männerdomäne. Da hinein zu kommen und sich schließlich darin auch zu behaupten ist für Frauen sehr schwer. Wenn eine Frau krank wird, ist das eine enorme Herausforderung für sie. Ganz besonders, da sie zumeist ohne Arbeitsvertrag beschäftigt wird. Sie hat Angst davor, schwanger zu werden, denn statt Mutterschaftsurlaub nehmen zu können, wird ihr für den Ausfall natürlich kein Lohn mehr gezahlt. Also verheimlichen sie ihre Schwangerschaft, arbeiten kontinuierlich weiter, oft auch sehr schwere Arbeit und riskieren dabei Fehlgeburten. Auch den Frauen, die nicht unter Tage arbeiten, beispielsweise in der Nähe der Platinminen in den Gemeinden beschäftigt sind, setzt der Lärm und die Vibrationen der schweren Maschinen körperlich so zu, daß es zu Fehlgeburten, aber auch generell zu Störungen ihres Zyklus kommen kann. [7] Sie müssen wissen, man kann diese Vibrationen noch in weiter Entfernung spüren. Und mit all diesen Gruppen, die sich damit befassen, arbeitet ActionAid zusammen.

SB: Sie erwähnten im Zusammenhang mit den Frauen, die sich von dort Heizmaterial beschaffen, die stillgelegten Kohlegruben. Welche besondere Gefährdung oder welches Risiko geht für diese Frauen davon aus, wenn sie das tun? Ich habe etwas von radioaktiven Resten und Schwermetallen in dem zudem sauren Grubenwasser gehört.

CN: Frauen gehen ein sehr großes Risiko ein, wenn sie sich in den verlassenen Kohlegruben aufhalten. Grubengasexplosionen und Flözbrände sind die häufigsten Ursachen von Minenunglücken. An manchen Stellen brennt die Kohle unter Tage noch jahrelang weiter. Die schlimmsten Tragödien ereignen sich, wenn Frauen ihre Kinder zum Kohlesammeln mitnehmen. Nicht nur an den eigenen Händen haben die Frauen dann oft schwere Verbrennungen, sondern auch die Kinder erleiden dabei oft schmerzvolle Verletzungen. Noch gefährlicher aber ist das Sammeln von Kohlenasche und -staub. Die Frauen tragen diesen Dreck nach Hause und feuchten ihn an, um dann mit ihren bloßen Händen etwa tennisballgroße Kugeln daraus zu formen, die sie in der Sonne trocknen. Und diese Kugeln nutzen sie dann, sobald sie trocken sind, als Brennmaterial in ihren Herden zum Kochen. Der Rauch, der dabei entsteht, aber auch die Asche selbst sind in keiner Weise gesundheitlich unbedenklich. Sie sind für alle Menschen, die in dem Haus leben, ein Risiko. Sie dürfen sich von dem Begriff Haus nicht täuschen lassen. Die meisten Unterschlüpfe, in denen die Menschen hier leben, sind sehr klein und haben keine ordentliche Luftversorgung. Viele Menschen sind schon allein von den Abgasen dieser Herdfeuer gestorben.

SB: Aufgrund der unzureichenden Belüftung, weil dann giftiges Kohlenmonoxid entsteht, oder weil der Rauch noch zusätzliche Gifte enthält?

CN: Sie sind dann gezwungen, diesen giftigen Rauch in den kleinen Räumen einzuatmen. Also diese Art der Nutzung stillgelegter Minen ist für die Frauen und ihre Familien sehr gefährlich. Dazu kommt noch, daß sie den Kohlenstaub mit bloßen Händen ausgraben und dieser direkte Hautkontakt hat ebenfalls gesundheitliche Folgen für die Frauen. Momentan untersuchen wir einen Fall einer Frau, die beim Einsammeln von Staub in einer Kohlengrube gestorben ist. Die Frauen sammeln oft dann Brennstoff in den alten Schächten unter den unakzeptabelsten Bedingungen, etwa wenn das Wetter zu schlecht ist, um etwas anderes zu tun. Das heißt, sie gehen auch bei extremer Kälte oder wenn es regnet dort hinein. Und gerade dann kommt es zu Unfällen. Eine schwangere Frau ist beim Einsammeln von Kohleschlamm in eine Wassergrube gerutscht, die in der Mine entstanden war. Es ist schlicht und einfach nicht sicher, sich dort aufzuhalten.

SB: Gäbe es denn Ihrer Ansicht nach generell - also auch für die regulären Bergleute - so etwas wie akzeptable Arbeitsbedingungen für das Arbeiten in den Kohlebergwerken? Sie sprachen von Atemwegsproblemen, die man als Berufskrankheit mit nach Hause bringt. Lassen sich solche Gesundheitsrisiken überhaupt vermeiden?

CN: Nein, doch seitdem wir angefangen haben solche Diskurse aufzugreifen wie "Leave the coal in the hole", also die Kohle in der Erde zu lassen, haben wir damit auch ein deutliches Zeichen gesetzt, daß wir nicht an so etwas wie den nachhaltigen Abbau von Ressourcen glauben. Bergbau ist in keiner Weise nachhaltig. Die Kohleförderung hat durchaus einmal eine bedeutende Rolle in der südafrikanischen Wirtschaft gespielt, doch wir plädieren jetzt für eine Umstellung auf eneuerbare Energiegewinnung, die in Zukunft durchaus möglich und auch machbar ist.

Anders gesagt fordern wir jetzt, daß diese "Great Transition", wie man die Energiewende bei uns nennt, auch in Südafrika durchgeführt wird. Das kann nicht einfach über Nacht geschehen. Wir sind bereit, diesem Prozeß die nötige Zeit einzuräumen, solange es eine politische Initiative und Bereitschaft gibt, solange uns die Regierung Anhaltspunkte dafür liefert, daß sie eine neue Zukunft will, mit einem Wirtschaftswachstum ohne Kohle und einen ganz neuen Weg ohne Kohlebergbau gehen wird.

Doch auch dabei gibt es Probleme. Zwar gibt es Unternehmen, die in der Lage sind, Solaranlagen zu bauen oder Windturbinen fertigzustellen. Doch unser südafrikanisches Stromversorgungsunternehmen besitzt ein lange gehütetes Monopol auf die gesamte Stromversorgung. ESKOM [8] legt keinen Wert auf Konkurrenten. Sie wollen die einzigen sein, die Elektrizität produzieren und daher blockieren sie den Markt für Stromanbieter, die alternative oder erneuerbare Energiesysteme nutzen. Und weil dieser Erneuerbaren-Markt zudem noch sehr klein ist - er wird ja nicht einmal subventioniert -, wird es selbst für normale Leute fast unmöglich, sich Erneuerbaren Strom zu leisten.

Vielleicht kennen Sie das ambitionierte Wohnungsbauprogramm der südafrikanischen Regierung, das sie in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor durchführen will, um Menschen mit Wohnraum zu versorgen. [9] Wir haben versucht, die Regierung davon zu überzeugen, daß sie bei der Sanierung und dem Bau von diesen Wohnkomplexen vor allem nachhaltige und energieeffiziente Bauweisen fördern sollte. Die Häuser sollten so konstruiert werden, daß sie wenig Energie brauchen. Und tatsächlich hat unsere Regierung mit der "Human Settlements Vision 2030" bereits damit begonnen und setzt nun auf Solarthermie. Die Schwierigkeit besteht jetzt darin, daß man Sonnenkollektoren nicht in Gegenden nutzen kann, in denen es kein Wasser gibt.

Und gerade in den Kohlerevieren gibt es kein Wasser mehr. Es wird also nicht funktionieren. Programme, umzusteigen und die Energiewende zu vollziehen, nützten rein gar nicht, wenn sie die Probleme, die wir ohnehin schon haben, nur noch verstärken. Und der Wassermangel ist eines der Hauptprobleme, mit denen wir konfrontiert sind.


Waschsalon, dessen gesamtes Dach mit Sonnenkollektoren bedeckt ist - Foto: by Alanmak commonswiki assumed (based on copyright claims). [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Im Unterschied zu kostspieligen Photovoltaic-Panels funktionieren die einfacheren Sonnenkollektoren nicht ohne Wasser.
Foto: by Alanmak commonswiki assumed (based on copyright claims). [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

SB: Geht es dabei vor allem um Trinkwasser oder Wasser generell? Könnte man das verschmutzte Wasser nicht technisch verwenden?

CN: Es geht uns im wesentlichen um trinkbares Wasser zum Leben. Doch die Sonnenkollektoren, diese Röhren, werden ebenfalls mit reinem Wasser gefüllt. Woher soll das kommen? Unsere Wasserressourcen sind mit Schadstoffen kontaminiert wie alle Flüsse. Der Kohlebergbau hat seinen Wasserbedarf aus unserem großen Fluß, aus dem Olifant River, bezogen, aber auch die ganzen giftigen Abwässer eingeleitet. Dieses Wasser ist absolut unbrauchbar, selbst für die Bergbauindustrie oder ihre Maschinen. Welches menschliche Lebewesen sollte also so ein Wasser noch konsumieren können?

SB: Wenn Sie nun an das Thema und die Diskussion der heutigen Veranstaltung denken, halten Sie die angestrebten, internationalen Menschenrechtsabkommen überhaupt für ein geeignetes Instrument, um etwas für die Lebensbedingungen der vom Bergbau betroffenen Menschen zu tun?

CN: Wow. Vermutlich könnten Sie viele Menschen aus Südafrika fragen, die sie dann detailliert darüber aufklären werden, wie viele große und dennoch folgenlose Treaties wir schon in der Vergangenheit hatten. Welche Verträge oder Erklärungen haben wir schon unterzeichnet, ohne daß sich jemals irgendetwas geändert hätte. Es gibt somit einfach keine Garantie, daß ausgerechnet dieses neue Abkommen das schafft. Die Regierung von Südafrika fordert jetzt, daß das neue Abkommen für alle Vertragspartner verbindlich sein muß. Doch damit sprechen sie nur für die multinationalen Unternehmen. Ein Großteil der südafrikanischen Industrie ist jedoch national. ESKOM etwa, von dem ich heute gesprochen habe, ist ein nationales Unternehmen. Warum werden solche Firmen nicht durch die bestehende, interne Gesetzgebung zur Rechenschaft gezogen? Und wie sollten internationale Abkommen dort Abhilfe schaffen, wo das nationale Recht bereits nicht greift?

Natürlich bleibt ein kleines bißchen Hoffnung, deshalb würden wir nicht versäumen, dieses Abkommen zu unterstützen. Denn es könnte uns dadurch zumindest einen Zugang zu internationalen Gerichten ermöglichen, um Einfluß auf die UNO Richtlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten zu nehmen. Auch eine Beteiligung an bestimmten Referaten, die sich mit der Problematik befassen, wäre wünschenswert. Aber wir haben keine große Hoffnung, daß sich grundsätzlich etwas für die betroffenen Menschen in Südafrika ändern läßt.

SB: Wie würden sich solche UN-Auflagen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, auf die Existenzgrundlage von kleinen oder sogenannten artisanalen Bergbaubetrieben oder die Bergleute auswirken, die unter zwar sehr schlimmen Arbeitsbedingungen Gold waschen oder ohne gesundheitliche Schutzvorkehrungen in kleinem Maßstab verhütten und sich dabei für einen äußerst kargen Gewinn dem Risiko schwerer Vergiftungen aussetzen. Was würde mit diesen Menschen geschehen? Würde man ihnen aufgrund des UN Abkommens die Existenzgrundlage entziehen? Und was dann? Werden diesen Menschen Alternativen geboten? Reicht das UN-Treaty überhaupt aus, solche Fälle zu berücksichtigen?

CN: Diese Menschen, die sogenannten "illegalen Minenarbeiter und -arbeiterinnen" werden vom Treaty vollkommen ausgeklammert. Das Menschenrechtsabkommen konzentriert sich ausschließlich auf die großen Konzerne.


Foto: © 2016 by MISEREOR via misereor.de

Aktivist der Southern Green Revolutionary Council Matthew Hlabane
Foto: © 2016 by MISEREOR via misereor.de

Ich glaube mein Freund und Kollege Matthew Hlabane kommt hier gerade im rechten Moment dazu. Mit den Menschen, die illegal in stillgelegte Minen gehen und unter gefährlichen Bedingungen Kohle oder andere Bodenschätze sammeln und vermarkten, wir nennen sie "Zama zamas" [10] hat sich Matthew sehr viel befaßt. Vielleicht könntest Du die Frage beantworten?

Matthew Hlabane (MH) [der gerade von einer anderen Veranstaltung kommt, und zu dem Gespräch dazugestoßen ist]: Zunächst einmal haben die großen multinationalen Unternehmen einen sehr starken politischen Einfluß, auch auf den Markt. Den wollen sie nicht mit lokalen Anbietern, Produzenten oder Bürgern teilen. Statt dessen wollen sie weiterhin ihr Monopol aufrecht erhalten. Sie streben daher vor allem eine internationale Zusammenarbeit an. Es ist also nicht überraschend, wenn die artisanalen Bergarbeiter, wie sie aufgrund ihrer Tätigkeit mit einfachen Handwerkzeugen genannt werden, in diesem Marktmonopol gar nicht vorkommen. Dabei sollte diese im übrigen ursprünglichste Form des Bergbaus durchaus als Erbschaft respektiert und gewürdigt werden. Diese Menschen, von denen Sie sprechen, machen diese Arbeit nur, um zu überleben. Von daher haben solche Aktivitäten eine Berechtigung.

Doch während es den einen um die reine Existenz geht, machen die Konzernchefs, die sich ihre Hände selbst nicht bei der Kohleförderung schmutzig machen und oft noch nie einen Stollen von innen gesehen haben, Superprofite. Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, daß es nicht die Zama zamas waren, die das erste Loch in die Erde gegraben, die Stollen ausgebeutet und die Umwelt verschmutzt haben, und daher sind es eigentlich die Bergbauunternehmen, die zumindest nach unserem Recht etwas Illegales tun. Sie haben weder die stillgelegten Minengelände - dem Landesgesetz entsprechend - rehabilitiert oder renaturiert sie haben sie einfach so zurückgelassen. Die Energiekonzerne und Bergbaugesellschaften respektieren unsere Regeln und Gesetze nicht. Wenn jemand kriminell ist, dann sie.

Doch statt zur Rechenschaft gezogen zu werden, sind es genau diese multinationalen Konzerne, die den Kohlebergbau forcieren oder die mit Gold Handel treiben, die ihren politischen Einfluß bei der Regierung für die zunehmende Kriminalisierung der artisanalen Bergleute geltend machen. Und die Regierungsbeamten sind sehr empfänglich für diese Sicht der Dinge. Sie sehen die eigentliche Problematik gar nicht mehr, denn ihrer Ansicht nach sind die artisanalen Bergleute schlicht illegal. Aus diesem Grund findet der Diskurs zu dieser Problematik auch kein Gehör bei internationalen Verhandlungen auf der UN-Ebene. Weder sind die beteiligten Regierungen an dem Thema interessiert, noch ist es den Betroffenen selbst möglich, mit ihren Anliegen auf diese Ebene vorzudringen. Sie können ihre Meinung überhaupt nicht äußern, denn sie gelten ja als kriminell.

Aber das ist noch lange nicht alles. Denn - das sollte man nicht vergessen zu bedenken - die eigentlichen Nutznießer von all dem, was unter dem Begriff "illegale Bergbauaktivitäten" zusammengefaßt wird, sind genau genommen vor allem wieder die multinationalen Bergbaukonzerne, die nie damit aufgehört haben, die artisanalen Minenarbeiter, die sie selbst als Illegale bezeichnen, auszubeuten und von ihrer Handarbeit zu profitieren.


Ein weißer Maschinenkoloß vor einer Kohlemine - Foto: von Na derdingseben (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Moderne Fördermaschinen können die Handarbeit nur bis zu einem bestimmten Punkt ersetzen.
Foto: von Na derdingseben (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Für sie ist es ein Kinderspiel, mal eben eine Goldmine zu schließen, wenn sie nicht mehr genug Ertrag abwirft, oder sich der Einsatz von Maschinen nicht mehr lohnt. Sie tun dann weiter nichts für eine Renaturierung des ehemaligen Minengeländes, haben also keine weiteren Kosten. Aber statt das Gelände zu versiegeln und abzuschließen, was sie tun würden, wenn es dort tatsächlich keine Bodenschätze mehr gäbe und sie tatsächlich bankrott wären, kommen sie zurück und zeigen den Zama zamas, wo die Schächte mit den schwer erreichbaren Goldvorkommen sind.

Deshalb sind wir überzeugt davon, daß die alten Goldminen absichtlich in diesem Zustand belassen werden, und eigentlich nur pro forma für bankrott erklärt werden. Damit alle Arbeiter offiziell entlassen werden können, damit die Schächte und das Gelände für den illegalen, aber immer noch profitablen Bergbau frei werden. Den Profit streichen wieder die reichen Konzerne ein, denn für die Illegalen artisanalen Minenarbeiter gibt es auch keine Möglichkeit, ihr Gold zu verkaufen. Die Rohstoff-Multis machen somit Riesenprofite, indem sie Hunderte von artisanalen Minenarbeitern in die alten Schächte rein lassen, ohne ihnen auch nur einen Heller zu bezahlen. Sie rauben diese Leute regelrecht aus. Denn hinter der Maske des Anstands sind es kriminelle Syndikate, die diese Arbeiter teilweise mit Waffengewalt berauben, mit großer Brutalität bedrohen, erschießen oder ermorden. Und das sogar oft in Zusammenarbeit mit der Polizei. In Südafrika ist das allgemein bekannt, daß der größte Teil des geförderten, gestohlenen Goldes von Polizeikräften transportiert und weggeschafft wird.

SB: Herzlichen Dank, Caroline Ntaopane und Matthew Hlabane, für diesen ausführlichen Einblick in Ihre Arbeit.


Anmerkungen:

[1] siehe auch den Bericht zum Vortrag von Caroline Ntaopane:
POLITIK → REPORT
BERICHT/246: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - ein Abwasch und los ... (2) (SB)

Weitere Berichte und Interviews zu der Veranstaltung finden Sie im Schattenblick unter dem kategorischen Titel "Lebens- oder Wirtschaftsrecht" in POLITIK → REPORT
BERICHT/245: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - ein Abwasch und los ... (1) (SB)
BERICHT/246: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - ein Abwasch und los ... (2) (SB)
BERICHT/250: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - haften oder nicht haften ... (1) (SB)
BERICHT/251: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - haften oder nicht haften ... (2) (SB)
INTERVIEW/324: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - Regulation unvermeidlich ...   Jens Martens im Gespräch (SB)
INTERVIEW/326: Lebens- oder Wirtschaftsrecht - Fairplay ...    Julia Duchrow im Gespräch (SB)

[2] http://www.actionaid.org/south-africa/what-we-do

[3] Diese Forderung wird inzwischen von einigen Investoren wie der Weltbank, der U.S. Export-Import Bank, der Nordischen Investitionsbank, der Französischen Entwicklungsagentur und der Europäischen Investitionsbank Folge geleistet - diese Banken schließen aus besagten Gründen die Finanzierung von Kohlekraftwerken aus, haben dies für die Zukunft angekündigt oder lassen sie nur noch unter restriktiven Bedingungen zu. Es gibt aber immer noch Banken wie die KfW-Bank, die eine großzügige Förderpraxis von Kohleprojekten im Ausland praktizieren. Siehe:
http://www.die-klima-allianz.de/klima-allianz-protestiert-vor-kfw-hauptsitz/

[4] http://tcoe.org.za/index.php/archives/artices/95-mining-affected-communities-united-in-action-macua

[5] http://www.actionaid.org/south-africa/videos/mining-affected-communities-united-action-nothing-about-us-without-us
https://2010sdafrika.wordpress.com/2012/02/20/die-minenarbeiter-von-rustenburg/
https://2010sdafrika.wordpress.com/2012/08/14/bergbau-in-sudafrika/

[6] Des weiteren arbeitet ActionAid mit dem afrikanischen Zentrum für Umweltrechte Centre of Environmental Rights (CER) bzw. Advancing Environmental Rights in South Africa sowie dem MEJCON (Mining and Environmental Justice Network of South Africa)

[7] Eine Studie, die von Anglo Platinum in Auftrag gegeben wurde und in der die Gesundheitsrisiken von Frauen durch Lärm und Vibrationen bei der Minenarbeit genauer erläutert werden, ist hier abrufbar:
http://www.saimm.co.za/Conferences/HardRockSafety2009/055-074_Badenhorst.pdf

Fazit der Untersuchung: 'The employment of women is an imperative; however this must be done without compromising health and safety, and following a comprehensive approach as set out here, has enabled companies to successfully employ significant numbers of females without putting themselves or the workplace at risk.'
[Übersetzung SB: Frauen zu beschäftigen ist eine Notwendigkeit, man sollte es aber tun ohne dabei die Gesundheit und Sicherheit zu gefährden. Auf der Grundlage des vorliegenden, umfassenden Konzepts konnten Unternehmen bereits erfolgreich zahlreiche Frauen beschäftigen, ohne das Unternehmen noch die Arbeitsstätte einem Risiko auszusetzen.]

Studien in denen Lärmschäden beim Abbau von Gold, Platin, Kohle und Diamanten in Südafrika nachgewiesen werden, finden Sie hier:
http://www.scielo.org.za/pdf/jsaimm/v111n5/03.pdf
http://researchspace.csir.co.za/dspace/bitstream/10204/5220/1/Edwards1_2011.pdf
http://wiredspace.wits.ac.za/jspui/bitstream/10539/18552/1/Research%20Report%20Final%20-%20PPJ%20van%20Coller.pdf

[8] Eskom ist ein südafrikanisches Stromversorgungsunternehmen, das 1923 als Electricity Supply Commission gegründet wurde, es ist auch unter seinem afrikaanssprachigen Namen Elektrisiteitsvoorsieningskommissie bekannt.

[9] http://www.dhs.gov.za/sites/default/files/documents/SOCIAL_CONTRACT_17-10-2014_low.pdf

[10] Zama zama, bedeutet auf Zulu "versuch es noch einmal". Inzwischen wird es für artisanale Bergleute verwendet, die in stillgelegten Bergwerken per Handarbeit Bodenschätze fördern.

7. November 2016


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