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ARBEIT/539: Bangladesch - Immer noch Hungerlöhne in der Textilindustrie (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 40 vom 4. Oktober 2013
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Massendemonstration für Mindestlohn
Bangladesch: Immer noch Hungerlöhne in der Textilindustrie

von Dirk Grobe



Zweihunderttausend Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter haben nach Polizeiangaben am 23. September in der Stadt Gazipur (Bangladesch), nahe der Hauptstadt Dhaka, gegen ihre nach wie vor miserablen Arbeitsbedingungen und für die Einführung eines monatlichen Mindestlohns von 8.000 Taka (rund 100 Dollar oder knapp 75 Euro) demonstriert.

Es war der dritte Tag neuer Massenaktionen in der Stadt, die im April dieses Jahres durch den Einsturz des neungeschossigen Rana-Plaza-Gebäudes mit mehr als 1.100 Toten und 2.500 Verletzten traurige Berühmtheit erlangt hat. Obwohl das Haus wegen eklatanter Baumängel Risse aufwies, waren tausende Beschäftigte gezwungen worden, darin ungeachtet der Baumängel und deutlichen Gefahrensignale die Arbeit aufzunehmen, und dann unter den einstürzenden Etagen begraben worden. Mehrere tausend Beschäftigte der in dieser Gegend ansässigen Textilfabriken blockierten nun, fünf Monate später, mit Stöcken in den Händen die Straßen zur Hauptstadt und unterbrachen mehrere Stunden lang den gesamten Verkehr, um ihren Forderungen nach besserer Bezahlung Nachdruck zu verleihen. "8.000 Taka sind das Mindeste, was wir verlangen", erklärte ein Gewerkschaftsfunktionär mit Blick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Falls sich die Unternehmerseite nicht bewegen sollte, die die gewerkschaftliche Forderung zurückgewiesen hat, wurden weitere Protestaktionen angekündigt. An verschiedenen Brennpunkten der Proteste kam es zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und eingesetzten Polizeikräften; auch zwei Gebäude in der Vorstadt Savar sollen in Brand gesteckt worden sein. Bekanntlich arbeiten die Textilunternehmen, die in dieser Gegend besonders dicht vertreten sind, ausschließlich für westeuropäische und US-amerikanische Konzerne wie Walmart, Marks & Spencer, Carrefour, H&M, KiK, C&A, Esprit, Vögele, Benetton, Lidl, Aldi, Rewe u. a. m. Nach der Katastrophe im April hatten diese Firmen zwar mit dem internationalen Gewerkschaftsdachverband UNI und einigen Nichtregierungsorganisationen Abkommen über besseren Brand- und Gebäudeschutz unterzeichnet. Mehrere Dutzend Firmen wurden wegen mangelnder Sicherheit geschlossen. Doch für die Beschäftigten bedeutete dies die Entlassung ohne die Gewissheit, eine neue Arbeit finden zu können. An der miserablen Entlohnung der Beschäftigten änderte sich nichts. Die einheimischen Subunternehmer argumentierten damit, dass sie infolge der schwächelnden Weltkonjunktur nicht mehr zahlen könnten. Dabei machen die Konzerne mit den Billigtextilien aus Bangladesch weiterhin enorme Gewinne. Doch die Arbeiterinnen und Arbeiter vor Ort erhalten nach wie vor nur Hungerlöhne, derzeit etwa 28 Euro pro Monat. Dabei beläuft sich der Exportwert der Textilien aus Bangladesch auf 20 Milliarden Euro pro Jahr.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 45. Jahrgang, Nr. 40 vom 4. Oktober 2013, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2013