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FRAUEN/837: El Salvador - Informelle Arbeiterinnen können trotz COVID-19 nicht zuhause bleiben (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

El Salvador
Informelle Arbeiterinnen können trotz COVID-19 nicht zuhause bleiben

von Krissia Girón


"Wir im informellen Handel müssen weiterarbeiten, um unsere Kosten zu decken. Keiner würde uns weiterbezahlen, wenn wir in Quarantäne gehen würden."

(San Salvador, 20, März 2020, ARPAS).- Arbeiterinnen des informellen Sektors sind mit ihren Familien am stärksten von der aktuellen Situation betroffen: "Wir Frauen müssen das Geld nach Hause bringen. Wir sind es, die arbeiten müssen. Und wenn wir uns außerdem noch um die Kinder kümmern müssen, ist die Situation noch schwieriger", erklärt Maura Ramírez besorgt, während sie das Gemüse wäscht, um es anschließend in der Pfanne zu braten. Maura verkauft Essen in der 4. Straße West, im historischen Stadtkern von San Salvador. Anfangs versuchte sie es mit Obst und Gemüse, doch inzwischen bietet sie Mittagsgerichte an, denn "das ist es, was die Leute am meisten nachfragen".

Sinkende Einnahmen, steigendes Infektionsrisiko

Während des Ausnahmezustandes, in dem sich das Land aufgrund des Coronavirus COVID-19 befindet, ist der Umsatz zurückgegangen, was ihr große Sorgen bereitet. "Das Geschäft läuft schlecht, denn alle sind in Quarantäne. Die Menschen, die in Unternehmen tätig sind oder für die Regierung arbeiten, bekommen weiterhin ihr Gehalt. Aber wir im informellen Handel müssen weiterarbeiten, um unsere Kosten decken zu können. Keiner wird uns weiterbezahlen oder unsere Schulden erlassen, wenn wir uns in Quarantäne begeben", schildert sie ihre Situation. So ist Maura gezwungen, weiterhin Mittagsgerichte zu verkaufen, auch wenn die Regierung angeordnet hat, zuhause zu bleiben. Dennoch bemüht sie sich, die Hygienevorschriften zu befolgen, um die Ansteckungsgefahr mit dem Virus COVID-19 zu verringern. "Wir haben 90-prozentigen Alkohol, Atemschutzmasken sowie Handschuhe für mich und die Kinder. Die Handschuhe ziehe ich nur aus, wenn ich das Gemüse vorbereite", erklärt sie. Hinter Maura wäscht ein zehnjähriges Mädchen Teller und schält Gemüse. Seit sie aufgrund des Ausnahmezustands nicht mehr zur Schule gehen kann, hilft sie ihrer Mutter jeden Tag bei der Arbeit. "Ich kann sie nicht mehr zuhause lassen, weil sie ein schon ein großes Mädchen ist. Aber hier bei mir ist sie beschützt", erklärt Maura.

Informelle Arbeiter*innen von Hilfeleistungen ausgenommen

Laut der Generaldirektion für Statistik und Volkszählung (DIGESTYC) arbeiten 44,6% der Frauen so wie Maura als Verkäuferinnen auf dem Markt und im Einzelhandel. Die Frauen sind in einem Sektor tätig, der arbeitsrechtlich kaum reguliert ist und daher auch nicht von Sozialleistungen abgedeckt wird. Oft sind die Arbeiterinnen hoch verschuldet, was wiederum ihr Geschäft belastet. Die Arbeiterinnen des informellen Sektors sind mit ihren Familien am stärksten von der aktuellen Situation betroffen. Am 19. März hatte die Regierung angekündigt, vor dem Hintergrund des Notstandes durch COVID-19 wirtschaftliche Hilfeleistungen bereitzustellen. So heißt es, die Maßnahmen sollen großen, kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommen. Daher fordern besonders die Frauen des informellen Sektors vom Staat bessere finanzielle Absicherung für sich und ihre Familien, denn sie bekommen die Auswirkungen der momentanen Situation schon jetzt deutlich zu spüren.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2020

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