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INTERNATIONAL/151: Thailand - Gesetzentwurf zur Homo-Ehe, Land könnte in Region Vorreiter werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2013

Thailand: Gesetzentwurf zur Homo-Ehe - Land könnte in Region Vorreiter werden

von Simba Shani Kamaria Russeau


Bild: © Sutthida Malilkaew/IPS

Transsexuelle Frauen dürfen in Thailand ihren Namen und ihr Geschlecht in Ausweisen nicht ändern lassen
Bild: © Sutthida Malilkaew/IPS

Bangkok, 26. Juli (IPS) - Als erstes Land Asiens könnte Thailand bald die Homo-Ehe legalisieren. Ein Gesetzentwurf, der nun in das Parlament eingebracht werden soll, sieht für lesbische, schwule, bisexuelle sowie trans- und intersexuelle Paare die gleichen Rechte wie für heterosexuelle vor.

Den Anstoß zu dieser Reform hatten der 55-jährige Nathee Theeraronjanapong und sein 38-jähriger Partner Atthapon Janthawee gegeben, die 2012 nach 20 Jahren den Bund fürs Leben schließen wollten. Doch die Behörden in der nordthailändischen Stadt Chiang Mai lehnten den Antrag ab und beriefen sich auf einen Passus im Zivil- und Handelsgesetzbuch, dem zufolge Eheschließungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern illegal seien.

Das Paar reichte daraufhin Beschwerde beim parlamentarischen Menschenrechtsausschuss, dem Verwaltungsgericht und der Nationalen Menschenrechtskommission ein. Die beiden Männer wiesen darauf hin, dass die Staatsverfassung ihnen den gleichen Schutz wie Heterosexuellen zusichert.

Der Zwischenfall löste einen politischen Sturm aus, der ein breites Echo in den Medien fand. Ein Parlamentarier bildete darauf hin einen Ausschuss aus Abgeordneten, Wissenschaftlern und LGBTIQ-Aktivisten (Abkürzung für: lesbian, gay, bisexual, transgender, intersex and queer), um den ersten Gesetzentwurf in der Geschichte Thailands zur Legalisierung der Homo-Ehe zu entwerfen.

Der Demokrat Wiratana Kalayasiri, der die Vorlage einbringen wird, erklärt sich den erbitterten Widerstand im Parlament in den ersten Entwurfsphasen des Gesetzes damit, dass die meisten Abgeordneten älter sind. "Als die Arbeit weiterging, begannen die Leute aber zu verstehen, dass es um ein Menschenrecht aller Thailänder geht", erklärt er. "Seitdem haben sich die Ansichten geändert."


Auch Muslime sprachen sich für Homo-Ehe aus

Laut Kalayasiri fanden zu dem Gesetz bereits fünf Anhörungen an mehreren Universitäten im Land und im Parlament statt. Von 200 bis 300 befragten Bürgern begrüßten 78 Prozent die Homo-Ehe. 10,3 Prozent sprachen sich dagegen aus. "Ich war besonders erstaunt, als in der Stadt Songkhla mit etwa 75.000 Einwohnern 87 Prozent der Muslime, die an unserem Treffen teilnahmen, für die Homo-Ehe waren", meint der Abgeordnete.

Eine Untersuchung der Regierung hatte im vergangenen Jahr ergeben, dass fast 60 Prozent aller Befragten gegen die Reform waren. Doch führende Aktivisten der LGBTIQ-Bewegung in Thailand wie Anjana Suvarnananda, 1987 eine der Mitbegründerinnen der Lobbygruppe 'Anjaree', sind zuversichtlich, dass das Gesetz die Öffentlichkeit zum Umdenken bringen könnte.

"Es ist wichtig, dass der Gesetzestext explizit darlegt, dass eine Ehe nicht nur als Bund zwischen Mann und Frau zu definieren ist. Wenn wir die Idee verbreiten können, dass die Familienstruktur auf der Verbindung zweier sich liebender Individuen gründet, dann werden die Gesellschaft und unsere Eltern eher bereit sein, unsere Lebensweise zu akzeptieren", sagt Suvarnananda.

Nach geltendem Recht genießen Familien, in denen die Partner demselben Geschlecht angehören, nicht den gleichen rechtlichen Schutz wie heterosexuelle Paare. Dies wirkt sich etwa bei der Gesundheitsversorgung aus. "Wir LGBTIQ-Aktivisten kämpfen aber für eine größere Absicherung", sagt Suvarnananda.

1956 war ein Vorstoß, Homosexualität zur Straftat zu erklären, gescheitert. Sex zwischen Partnern desselben Geschlechts ist seitdem erlaubt, sofern beide einwilligen. Thailand gilt daher in Bezug auf Schwulenrechte als eines der fortschrittlichsten Länder Asiens.

In anderen Teilen der Region gibt es keine Gesetze, die die Rechte Homosexueller schützen. Homosexualität ist in sechs Staaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) strafbar: in Brunei, Malaysia, Myanmar und Singapur sowie in der philippinischen Stadt Marawi und der indonesischen Provinz Süd-Sumatra.


Starke Vorurteile gegen Transsexuelle in Asien

Besonders kompliziert ist die Situation für Transsexuelle, die in Asien vielen Vorurteilen begegnen. In Malaysia, Brunei und Singapur gelten beispielsweise Gesetze, denen zufolge sich transsexuelle Frauen strafbar machen, wenn sie sich wie Männer kleiden.

Selbst im progressiven Thailand hat die Anerkennung Transsexueller nur allmählich Fortschritte gemacht. Die erste Operation zur Geschlechtsumwandlung wurde dort 1972 durchgeführt. Etwa 180.000 Thailänder sind bekennende Transsexuelle, darunter mehrere Popsänger und Filmschauspieler.

Ein Schönheitswettbewerb für Transsexuelle, 'Miss Tiffany Universe' wird jedes Jahr aus der Stadt Pattaya landesweit übertragen. Dennoch dürfen diese Menschen die Angaben zu ihrem Geschlecht in Geburtsurkunden, Personalausweisen und Pässen bislang nicht ändern lassen.

Zudem hat die Hasskriminalität in dem Land so stark zugenommen, dass die Internationale Menschenrechtskommission für Schwule und Lesben fordert, unverzüglich die 15 brutalen Morde an Lesben und maskulinen Lesben ('butch lesbians') aufzuklären, die in Thailand zwischen 2006 und 2012 begangen worden waren. Einzelne und auch Paare waren erstochen, erwürgt oder erschossen und in vielen Fällen zuvor vergewaltigt worden. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.thailawforum.com/database1/marriage-law-thailand.html
http://www.nhrc.or.th/2012/wb/th/
http://www.astraeafoundation.org/who-we-are/meet-a-grantee/anjaree
http://www.ipsnews.net/2013/07/thailand-brings-same-sex-marriage-debate-to-asia/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2013