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KIND/066: Thailand - Blumenmädchen und Bettelknaben, Kinder aus Nachbarländern 'zu mieten' (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Juni 2012

Thailand: Blumenmädchen und Bettelknaben - Kinder aus Nachbarländern 'zu mieten'

von Grit Porsch



Berlin, 6. Juni (IPS) - Ein Kind 'mieten', möglichst aus einem der armen Nachbarländer Myanmar, Laos oder Kambodscha, um es zum Betteln oder Blumenverkaufen auf die Straße zu schicken - kein Problem in thailändischen Touristenhochburgen wie Bangkok oder Pattaya.

Auch die burmesische Witwe, die im thailändischen Grenzgebiet mit ihren zehn Kindern lebt, ging schnell auf das Angebot eines Schleppers ein. Für umgerechnet 160 US-Dollar bar auf die Hand und weitere 360 Dollar, zahlbar über drei Monate, überließ sie dem Menschenhändler den zehnjährigen Ongsi und dessen achtjährigen Bruder Siyathon. Sie sollten in der Hauptstadt Bangkok als Blumenverkäufer arbeiten.

"Nur wenn wir genug Blumen loswurden, gab es keine Prügel", berichtete Ongsi dem UN-Informationsdienst IRIN. "Doch selbst ein Tagesverdienst von 2.000, 3.000 Bath (60 bis 70 Dollar) war nicht genug."

Als nach Ablauf der Dreimonatsfrist weitere Zahlungen ausblieben, wartete die Mutter vergebens auf die Rückkehr ihrer beiden Söhne. Dem älteren Ongsi gelang schließlich die Flucht, und mit Hilfe der Polizei wurde später auch der achtjährige Siyathon bei einer Frau aufgespürt, die als verdächtige Schlepperin verhaftet wurde.

Für Witanapat Rutanavaleepong gehören solche Kinderschicksale zum Alltag. Der Menschenrechtsaktivist, der im Auftrag der Nichtregierungsorganisation 'Mirror Foundation' das Projekt 'Stop Children Begging' verwaltet, schätzt, dass in Thailands Großstädten und Touristenzentren mindestens 1.000 Kinder als Bettler und Blumenverkäufer ausgebeutet werden.


Handel mit ausländischen Kindern

Seit zwei Jahren hat er es monatlich mit bis zu 30 Fällen zu tun, doch nur einmal ging es dabei um drei thailändische 'Miet-Kinder'. Die übrigen stammten aus Myanmar, Laos oder Kambodscha. "Die thailändischen Behörden sehen kein Problem für die zukünftige Gesellschaft des Landes. Für sie sind diese Kinder, die leicht in die Prostitution abgleiten oder selbst zu Schleppern werden, einfach nur Bettler", kritisierte er.

Das Südostasien-Büro des UN-Projektes gegen Menschenhandel (UNIAP) kennt keine genauen Zahlen der Bettel- und Blumenkinder, die von ihren Familien oder Betreuern Schleppern zur Ausbeutung überlassen werden. "Selbst wenn diese Deals auf freiwilliger Basis getroffen werden, handelt es sich dabei um den Tatbestand des Kinderhandels", betonte Lisa Rende Taylor vom UNIAP-Büro in Bangkok.

"Berichten zufolge werden 25 Dollar für ein 'vermietetes' Kind bezahlt", erklärte sie. "Doch diese Geschäfte lassen sich wegen des Drehtüreffekts an den Grenzen nicht wirkungsvoll bekämpfen, zumal die Ordnungskräfte dabei die Kinder und nicht etwa die Kriminellen ins Visier nehmen." (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.mirrorartgroup.org/
http://www.no-trafficking.org
http://www.irinnews.org/printreport.aspx?reportid=95566

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. Juni 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2012