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KIND/115: Wo leben die glücklichsten Kinder? (Goethe-Universität Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - Pressemitteilung vom 13. Mai 2015

Wo leben die glücklichsten Kinder?

Children's Worlds Studie veröffentlicht Ergebnisse


FRANKFURT/LONDON/ZÜRICH. Mehr als 50.000 Kinder wurden in 15 verschiedenen Ländern zu Erfahrungen, Perspektiven und Wohlbefinden befragt. Die Children's Worlds Studie, in der Acht- bis Zwölfjährige in so unterschiedlichen Ländern wie Nepal und Norwegen, Äthiopien und Israel oder Deutschland und Südkorea direkt befragt wurden, ist bislang einzigartig. Der Bericht, der heute veröffentlicht wird, bringt wichtige Erkenntnisse, die zur Verbesserung der Lebenssituation von Kindern auf der ganzen Welt genutzt werden können. Die Jacobs Foundation hat dieses fortlaufende, internationale Projekt während der letzten drei Jahre gefördert.

Kinder erleben große Unterschiede. In europäischen Ländern sind sie zufriedener mit ihren Freundschaften, während Kinder aus afrikanischen Ländern tendenziell glücklicher mit ihrem Schulleben sind. Kinder in nordeuropäischen Ländern hingegen sind insbesondere unzufrieden mit ihrem Aussehen und ihrem Selbstbewusstsein. Die Mehrheit der 53.000 befragten Kinder in allen 15 Ländern bewertet ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von null bis zehn in der Gesamtheit als positiv. Allerdings variiert der prozentuale Anteil der Kinder mit sehr hohem Wohlbefinden: Demnach rangieren die Türkei mit 78 % sowie Rumänien und Kolumbien mit 77 % ganz vorne, während in Südkorea nur 40 % ein hohes Wohlbefinden haben. Der Prozentsatz des niedrigen Wohlbefindens liegt bei 2 % in Rumänien und Kolumbien und wiederum bei über 7% in Südkorea und Südafrika.


Das Wohlbefinden der Kinder in Deutschland

Für die deutschen Ergebnisse hebt Studienleiterin Sabine Andresen von der Goethe-Universität Frankfurt hervor: "Kinder in Deutschland sind im hohen Maße mit ihren Freundinnen und Freunden zufrieden. Mit Blick auf die Erwachsenen ist ihnen wichtig, dass sie ernst genommen und einbezogen werden. Generell sinkt das Wohlbefinden bei den Zwölfjährigen, vor allem Mädchen sind weniger zufrieden mit ihrem Aussehen. Im Vergleich zu anderen Ländern zeigt sich außerdem, dass Kinder in Deutschland weniger über ihre Rechte und die Kinderrechtskonvention wissen."

Neben diesen Ergebnissen gibt die Studie auch Auskunft über grundlegende Aspekte wie Familie, Freundschaften, Geld und Besitz, Schulleben, Wohnumgebung, Freizeit und Zeitnutzung, persönliches Wohlbefinden und Kinderrechte. Hiermit liegen wichtige Informationen für Politik, Pädagogik und Wissenschaft vor.

Simon Sommer, Head of Research bei der Jacobs Foundation, betont die Bedeutung für die verschiedenen Handlungsfelder: "Wir sind hocherfreut, den ersten Bericht dieser neuen internationalen Studie vorzustellen. Die Stiftung ist stolz darauf, ein Teil davon zu sein, komplexe Forschung zugänglicher zu machen und dem Ziel eines besseren Verständnisses der kindlichen Lebenswelt durch die eigene Perspektive der Kinder, einen Schritt näher gekommen zu sein. Durch innovative Forschungsprojekte wie dieses möchten wir den Transfer von Forschung in die Praxis stärken und Impulse für politische Entscheidungsträger und Vertreter der Gesellschaft liefern." Die Ergebnisse bieten vielfältige Einsichten in globales Kinderleben.


Alters- und Geschlechterunterschiede

In Europa und Südkorea verringert sich das Wohlbefinden von Kindern zwischen zehn und zwölf Jahren, während in anderen Ländern, wie zum Beispiel Israel und Äthiopien, keine Altersunterschiede sichtbar wurden. Das Geschlecht beeinflusste zwar nicht die Gesamtzufriedenheit, aber es wurden signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der Zufriedenheit mit dem eigenen Körper, Aussehen und Selbstbewusstsein in Europa und Südkorea aufgedeckt, die so in weiteren asiatischen, afrikanischen oder südamerikanischen Ländern nicht vorherrschen.


Mit wem Kinder zusammen wohnen

Auch die Wohn- und Familienformen sind international vergleichend interessant: Während mehr als die Hälfte der Kinder in Nepal (61 %) in einem Haushalt, der aus mindestens einem Elternteil und einem Großelternteil besteht, wohnen, berichten in England, Norwegen und Israel weniger als 10 % von einem Drei-Generationen-Haushalt. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass Kinder einiger europäischer Länder zwei Wohnsitze als ihr Zuhause bezeichnen. Dies trifft auf über 10 % der Kinder in Norwegen, England und Estland zu - solch ein Familienmodell ist nur selten in anderen Ländern dieser Studie aufzufinden.


Hausaufgaben in Estland - sich um Geschwister kümmern in Nepal

Zwischen den Ländern wurden beachtliche Unterschiede gefunden, auf welche Weise Kinder ihre Zeit verbringen. Zum Beispiel bringen Kinder in Estland mehr Zeit für ihre Hausaufgaben auf als in Südkorea und England. Kinder in Polen, Norwegen und Israel widmen sich eher sportlichen Aktivitäten. Kinder in einigen Ländern, einschließlich Algerien, Nepal und Südafrika, verbringen hingegen sehr viel mehr Zeit damit, sich um ihre Geschwister oder andere Familienmitglieder zu kümmern als in anderen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland, in der Türkei und in Südkorea.


Kinderrechte

Abschließend ist auf große Unterschiede bezüglich des Wissens und der Umsetzung der Kinderrechte innerhalb der 15 Länder hinzuweisen. Mehr als drei Viertel (77 %) der Kinder in Norwegen äußerten, dass sie die Rechte von Kindern kennen im Vergleich zu 36 % der Kinder im Vereinigten Königreich. Darüber hinaus stimmten 84 % der Kinder in Norwegen zu, dass Erwachsene in ihrem Land die Rechte von Kindern respektieren im Vergleich zu weniger als 50 % der Kinder in sieben anderen Länder. Asher Ben-Arieh (Jerusalem), einer der Untersuchungsleiter und der Vorsitzende der International Society of Children's Indicators, bemerkt: "Dieser Bericht ist der Höhepunkt vieler Jahre Arbeit an einem vertieften Verständnis für die Perspektive von Kindern, über ihre Lebenswelt und ihr Wohlbefinden. Die Studie "Children's Worlds" füllt eine Lücke der internationalen Forschung. Unsere Arbeit beweist, dass es möglich und wertvoll ist, Kinder zu fragen, was sie von ihrem Leben halten. Wir möchten den 53.000 Kindern der 15 Länder, die bislang an dem Forschungsprojekt mitgewirkt haben, dafür danken, dass sie uns ihre Ansichten und Erfahrungen mitgeteilt haben. Die Ergebnisse zeigen große Unterschiede zwischen den Ländern, aber auch innerhalb der einzelnen Länder. Der Bericht beinhaltet wichtige Botschaften für Entscheidungsträger, Praktiker, Eltern und all diejenigen, die sich mit der Verbesserung der Lebensqualität von Kindern beschäftigen."

Ergebnisse des Berichts werden heute der Versammlung des Europäischen Parlaments in Brüssel und im Laufe des Jahres 2015 auf vielen Konferenzen weltweit präsentiert. Dies ist der erste Bericht der gegenwärtigen Befragungswelle. Innerhalb dieser Welle nehmen noch weitere fünf Länder an der Studie teil. Im Laufe des Jahres werden weitere Berichte, einschließlich Befunde für achtjährige Kinder, veröffentlicht.


Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften."

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Quelle:
Goethe-Universität Frankfurt
Pressemitteilung 13. Mai 2015 / 126
Herausgeber: Die Präsidentin
Abteilung Marketing und Kommunikation, 60629 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung
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Internet: www.uni-frankfurt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2015

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