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RENTE/574: Regierungsdialog Rente startet (BMAS)


Bundesministerium für Arbeit und Soziales - 9. September 2011

Regierungsdialog Rente startet:

Lebensleistung in der Rente gerecht belohnen


Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat in Gesprächen mit Rentenversicherung, Fachpolitikern, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern den Regierungsdialog Rente gestartet. In diesem breit angelegten, offenen Diskussionsprozess sollen Entwicklungen in der Arbeitswelt und gesellschaftliche Veränderungen daraufhin untersucht werden, ob und welche Risiken sie für mehr Bedürftigkeit im Alter bergen. Arbeitsgruppen werden Vorschläge für mögliche Änderungen im Rentenrecht daraufhin prüfen, ob sie Lebensleistung gerecht belohnen und Bedürftigkeitsrisiken wirksam entgegenwirken.

Die Regierung geht offen in den Dialog. Sie bringt eigene konkrete Vorschläge ein und stellt sie zur Diskussion. Umgekehrt wird sie alternative Vorstellungen gründlich prüfen und bewerten. Bis Ende des Jahres soll es eine Entscheidung geben: Was wird jetzt Gesetz, was braucht länger? Anfang 2012 soll ein Gesetzgebungsverfahren starten. Geplant sind ein Abschluss vor der Sommerpause 2012 und das Inkrafttreten der Änderungen zum 1. Januar 2013.


Vorschläge der Bundesregierung für den Regierungsdialog Rente:

Das deutsche Rentensystem ruht auf festen Fundamenten. Aber gesellschaftliche Veränderungen und eine sich wandelnde Arbeitswelt machen Anpassungen erforderlich:

1. Die Zuschuss-Rente:

Ursula von der Leyen: "Es muss einen Unterschied machen, ob jemand etwas geleistet, Beiträge gezahlt und vorgesorgt hat oder nicht. Insbesondere Frauen, die lange Kinder erzogen haben und für andere Menschen da waren, müssen wir nach einem arbeitsreichen und verantwortungsvoll geführten Leben besser absichern. Auch Geringverdiener, die ein Leben lang gearbeitet haben, müssen eine Rente bekommen, die deutlich über der Grundsicherung liegt. Wir wollen die Leistung und den Einsatz dieser Menschen in der Rente gerechter als bislang belohnen. Zusätzliche Vorsorge ist heute unverzichtbar und für jeden möglich: Schon ab fünf Euro pro Monat kann man riestern. Die Zuschuss-Rente soll Lohn für Lebensleistung sein."

Die Zuschuss-Rente stellt deshalb Menschen besser, die wenig verdient, aber lang gearbeitet und zusätzlich vorgesorgt haben. Sie honoriert die Lebensleistung von Menschen im Niedriglohnbereich. Sie motiviert zugleich zur ergänzenden Altersvorsorge. Denn sie gibt die Sicherheit, im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Die Zuschuss-Rente ist ein garantiertes monatliches Alterseinkommen von 850 Euro.

Die Zuschuss-Rente startet mit erleichterten Zugangsbedingungen, um möglichst vielen rentennahen Jahrgängen Zugang zur neuen Leistung zu ermöglichen. Erst im Jahr 2047 ist die Zugangsvoraussetzungen in ihrer endgültigen Höhe.

In den ersten zehn Jahren ab 2013 reichen für den Zugang zur Zuschuss-Rente

- 40 Versicherungsjahre, also alle rentenrechtlichen Zeiten: Beschäftigung, Schulbildung ab Alter 17, Ausbildung, Studium, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft/Mutterschutz, Zeiten der Leistung freiwilliger Rentenbeiträge z.B. bei Selbständigkeit,

- davon 30 Beitragsjahre (Pflichtbeitragszeiten): Beschäftigung (inklusive selbständiger Tätigkeit mit Pflichtversicherung in der Gesetzlichen Rentenversicherung), Wehr-, Zivil- und Freiwilligendienst, Zeiten der Kindererziehung oder Pflege. Damit werden die Erziehung von Kindern bis zum 10. Lebensjahr bzw. die Pflege von Angehörigen substantiell aufgewertet und der Erwerbsarbeit gleichgestellt. Zu den Beitragsjahren aus Beschäftigung zählen auch Minijobs, wenn eigene Rentenversicherungsbeiträge ("Aufstockungsbetrag" von 19,60 Euro bei 400 Euro-Job) geleistet werden.

- und zum Start (2013-2017) fünf Jahre zusätzlicher Vorsorge.

Nach zehn Jahren, also 2023, sind

- 45 Jahre Versicherungszeiten und

- 35 Jahre Beitragszeiten erforderlich.

- Die Anforderungen an die zusätzliche Altersvorsorge werden schrittweise erhöht: Von 2018 an steigt die Mindestdauer jedes Jahr bis 2047 um jeweils ein Jahr von sechs auf dann 35 Jahre an (vgl. Tabelle unten). Das heißt, erst in der Endstufe 35 Jahre nach dem Start sind die vollen 35 Jahre Zusatzvorsorge als Voraussetzung für die Zuschuss-Rente erforderlich.



2. Verbesserte Erwerbsminderungsrente:

Ursula von der Leyen: "Mit der Erwerbsminderungsrente helfen wir denen, die nicht mehr arbeiten und vorsorgen können. Wir werten ihre Rentenansprüche deutlich auf. Bei der Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67 blieb es allerdings zunächst bei der Zurechnungszeit bis Alter 60. Wir stellen den alten Fünfjahresabstand wieder her und heben für die Betroffenen das Rentenniveau."

Wer krank ist und nicht mehr arbeiten kann, wird aktuell so gestellt, als habe er bis 60 gearbeitet. Die Differenz zwischen Eintritt der Erwerbsminderung und Alter 60 ist die "Zurechnungszeit". Sie soll stufenweise auf das 62. Lebensjahr angehoben werden. Erwerbsgeminderte bekommen dann langfristig eine Rente, als hätten sie mit dem bis zur Erwerbsminderung erzielten Einkommen noch bis zum Alter 62 weitergearbeitet. Die Verlängerung soll parallel zur Rente mit 67 stufenweise erfolgen.


3. Kombirente:

Bei vorzeitigem Rentenbezug (ab 63 Jahre bis zum jeweils geltenden gesetzlichen Renteneintrittsalter) gelten aktuell starre monatliche Hinzuverdienstgrenzen. Auch geringes Überschreiten der Grenzen führt zu stark geminderten Rentenzahlungen. Deshalb entscheiden sich zu wenige Menschen, zumindest teilweise weiterzuarbeiten. Die Kombirente ermöglicht und erleichtert einen längeren Verbleib im Erwerbsleben. Denn Teilzeitarbeit und Rente können flexibel kombiniert werden. Dies kommt auch Menschen in stark belastenden Berufen entgegen, die nicht bis zur Regelaltersgrenze voll arbeiten wollen oder können.

Ursula von der Leyen: "Mit der Kombirente geben wir Flexibilität für Arbeit bis 67. Vorzeitig in Rente zu gehen und von heute auf morgen ganz raus aus Arbeit - das wird zum Auslaufmodell. Immer mehr Menschen wollen und können länger arbeiten, wünschen sich aber für die letzten Berufsjahre einen anderen Rhythmus aus Beruf und Freizeit. Die Unternehmen sollen gemeinsam mit Gewerkschaften hierfür Lösungen finden können. Dafür ist die Kombirente der Rahmen."

Ab Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters (bis 2029 schrittweise von heute 65 auf dann 67 Jahre steigend) kann jeder unbeschränkt hinzuverdienen. Dabei bleibt es. Die Kombirente erlaubt für die Zeit des vorzeitigen Rentenbezugs ab Alter 63 bis langfristig 67 ein Einkommen aus Rente und Hinzuverdienst in der Höhe des zuletzt erzielten Brutto-Einkommens. Die Grenze, innerhalb derer Rente und Hinzuverdienst in freier Gewichtung miteinander verbunden werden können, ist damit individuell. Durch eine jahresdurchschnittliche Betrachtungsweise wird das Verfahren einfacher.

Die Kombirente gibt den Tarifpartnern Raum für konkrete tarifvertragliche Ausgestaltungen, die ein flexibleres Arbeiten bis zur steigenden Regelaltersgrenze ermöglichen.


Hintergrund und Ausgangslage:
Das deutsche Alterssicherungssystem ist stabil. Reformen haben die Rente demographie- und zukunftsfest gemacht. In der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass unsere Alterssicherung sicher auf drei starken Säulen ruht: der gesetzlichen Rente, der betrieblichen Alterssicherung und der zusätzlichen privaten Vorsorge. Um die Rente finanzierbar zu halten und die junge, arbeitende Generation nicht zu überfordern, sinkt das Rentenniveau in den kommenden Jahrzehnten behutsam und in festgelegten Grenzen. Dies muss mit zusätzlicher Altersvorsorge ausgeglichen werden, die der Staat mit beträchtlichen Mitteln fördert.

Heute haben 97,6 Prozent aller Menschen über 65 Jahre ein ausreichende Versorgung. Von rund 19,9 Millionen Senioren sind rund 400.000 oder 2,4 Prozent auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen. Diese Zahl hat sich seit 2007 nicht erhöht, sondern ist im Gegenteil zuletzt leicht gesunken. Wie sich Bedürftigkeit im Alter in Zukunft entwickeln wird, lässt sich heute nicht seriös voraussagen. Denn es hängt entscheidend von der langfristigen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung sowie dem Erwerbs- und Vorsorgeverhalten der Menschen ab. Auch die Frage, wie viele Menschen in Zukunft alleinstehend alt werden, spielt eine wichtige Rolle.

Renten sind und bleiben Spiegel der Erwerbsphase. Sie können und sollen den Verlauf eines Erwerbslebens nicht im Nachhinein "reparieren" und "umkehren". Die Grundsicherung im Alter ist eine weitreichende steuerfinanzierte Fürsorgeleistung für die, die - aus welchem Grund auch immer - im Alter nicht über ausreichende eigene Mittel verfügen. Mit der umfassenden Reform vor zehn Jahren wurde der Empfängerkreis deutlich ausgeweitet. Der Bund übernimmt in den nächsten drei Jahren die Finanzierung (aktuell vier Milliarden Euro pro Jahr) komplett.

Gegen Altersarmut hilft zuallererst der Dreiklang aus verlässlicher Arbeit, fairen Löhnen und zusätzlicher Vorsorge.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 38 vom 9. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2011