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KONFERENZ/165: Weltärmste Länder im Rampenlicht - Vierte LDC-Konferenz in Istanbul 2011 (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Oktober 2010

UN: Weltärmste Länder im Rampenlicht - Vierte LDC-Konferenz in Istanbul 2011

Von Thalif Deen


New York, 14. Oktober (IPS) - Die Vereinten Nationen werden sich im kommenden Jahr in Istanbul zum vierten Mal in den letzten 30 Jahren mit den drängenden sozialen und wirtschaftlichen Problemen der ärmsten Länder der Erde (LDC) befassen. Die miserablen Verhältnisse in den LDC sind nach Ansicht der Weltorganisation eine Gefahr für den Weltfrieden.

"Was wir brauchen, ist die politische Bereitschaft, sich in dieser Frage zu engagieren", sagte der ehemalige Präsident von Mali, Alpha Oumar Konaré. Er und der frühere Weltbankpräsident James Wolfensohn sitzen einem hochkarätigen Gremium vor, das einen Bericht als Instrument für die Beschaffung finanzieller Hilfen verfassen soll.

"Ich mag keine Berichte", sagte Konaré vor Journalisten am 13. Oktober. "Denken Sie nur an die tausenden, die Staub ansetzen." Viel wichtiger sei das Bekenntnis der Weltgemeinschaft, die bereits gemachten Versprechen und Zusagen endlich zu erfüllen.

In den 33 afrikanischen, 15 asiatischen und einem karibischen LDC leben mehr als 800 Millionen Menschen. Sie gelten als die ärmsten und in jeder Hinsicht anfälligsten und somit besonders auf Entwicklungsnothilfe angewiesenen Menschen der Welt.

Bisher haben die Vereinten Nationen den LDC drei größere Konferenzen gewidmet. Die ersten beiden fanden 1981 und 1991 in Paris statt, die dritte 1001 in Brüssel. Alle drei Veranstaltungen verfolgten das Ziel, die finanziellen Mittel zu mobilisieren, die den LDC den Aufstieg ermöglichen. Die vom 30. Mai bis 3. Juni geplante Konferenz in Istanbul wäre die vierte LDC-Konferenz.


Hilfszusagen auf MDG-Gipfel

Auf dem Gipfel zur Revision der UN-Millenniumsziele (MDG) zur Armutsbekämpfung im letzten Monat in New York wurden den LDC etliche Hilfszusagen gemacht. So erinnerte der UN-Untergeneralsekretär Cheick Sidi Diarra am 13. Oktober in New York daran, dass die Europäische Union den bedürftigsten Staaten Hilfen in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt hatten. Mit dem Geld sollen sie diejenigen MDG voranbringen, mit denen sie am weitesten zurückliegen.

Belgien habe 400.000 Euro für die bevorstehende LDC-Konferenz zugesagt, China den ärmsten Ländern Zollfreiheit für weitere Produkte sowie Schuldenabschreibungen, so der UN-Sonderberater für Afrika Diarra, der zugleich Hoher Repräsentant der UN für die am wenigsten entwickelten Länder, die vom Land eingeschlossen Entwicklungsländer und die kleinen Inselstaaten ist.


Hoffen auf EU-Handelserleichterungen

Die EU arbeitet derzeit an einer Vereinfachung ihrer Bestimmungen für Importe aus Entwicklungsländern. Vor allem soll die Herkunftskennzeichnungspflicht gelockert werden. Allgemein wird jedoch davon ausgegangen, dass nur die stärksten LDC von den Zugangserleichterungen profitieren werden.

In der globalisierten Welt ist die Bestimmung der Herkunft einzelner Erzeugnisse äußerst schwierig. So kann etwa eine Jeans in Italien entworfen werden, während der Stoff aus Pakistan, das Garn aus Tunesien und der Reißverschluss aus Frankreich stammt, um in Tunesien konfektioniert und in China recycelt zu werden.

Industriestaaten räumen Entwicklungsländern Handelspräferenzen vor allem in Form von Zollerleichterungen ein. Doch die Entwicklungsländer konnten von solchen Arrangements bisher nicht in dem Maße profitieren, wie ihnen lieb gewesen wäre. Das wiederum liegt an anderen nicht- tarifären Handelsbarrieren. Zu ihnen gehört die Herkunftskennzeichnungspflicht, die die EU nun ändern will.

"Im Augenblick exportieren wir keine Stoffe in die EU", meinte ein Diplomat aus einem afrikanischen LDC gegenüber IPS. "Wir liefern unsere Ware in die USA, weil AGOA ('African Growth and Opportunity Act') den afrikanischen Exporteuren den Marktzugang zu Vorzugsbedingungen gestattet. Doch vielleicht werden die neuen europäischen Regeln Investoren ermutigen, zu uns nach Afrika zu kommen."


Elend trifft Hälfte der LDC-Bevölkerung

Wie UN-Generalsekretär Ban Ki-moon einräumte, haben die LDCs einige Fortschritte erzielt, "doch lebt auch weiterhin fast die Hälfte der Bevölkerung dieser 49 Länder in absoluter Armut". Diesen Menschen fehlten grundlegende Sozialleistungen und ihre Volkswirtschaften litten unter schwachen menschlichen und institutioneller Kapazitäten. Sie seien akut anfällig für externe Schocks, natürliche und von Menschen verursachte Katastrophen und Krankheiten.

Seit 1981 führen die Vereinten Nationen über Jahrzehnte laufende Entwicklungsprojekte in den LDC durch. Das letzte, das Brüsseler Aktionsprogramm, das auf der dritten LDC-Konferenz beschlossen wurde, läuft im nächsten Jahr aus.

Dass die gravierenden Probleme der LDC durch die globalen Krisen der letzten Jahre verschärft wurden, ist eine weitere Herausforderung, die auf der Vierten LDC-Konferez in Istanbul im nächsten Jahr besprochen werden müssten, so Ban. Auf dem Programm stehen zudem Fragen zum Handel, zu ausländischen Direktinvestitionen, Auslandsüberweisungen, Technologietransfer, Schuldenerlasse und die Anpassung und Bekämpfung des Klimawandels. Dazu meinte Ban: "Die Agenda ist dicht und die Erwartungen sind hoch." (Ende/IPS/kb/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2010