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RESOLUTION/039: 15 Jahre UN-Resolution 1325 - Frauen weiterhin von Friedensprozessen ausgeschlossen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. August 2015

UN: 15 Jahre Sicherheitsratsresolution 1325 - Frauen auch weiterhin von Friedensprozessen ausgeschlossen

von Nora Happel


Bild: © Staton Winter/UN

Die liberianische Polizistin Lois Dolo
Bild: © Staton Winter/UN

NEW YORK (IPS) - Im kommenden Oktober jährt sich zum 15. Mal die Verabschiedung der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit. Die wegweisende Entschließung erkennt nicht nur die unverhältnismäßig großen Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Frauen an, sondern auch deren fehlende Beteiligung an Konfliktbewältigung und Friedensarbeit.

Die völkerrechtlich verbindliche Resolution fordert eine vollständige und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Konfliktprävention, Friedensverhandlungen, humanitären Maßnahmen und Wiederaufbau. Die UN-Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, in allen Bereichen der Friedenssicherung die Perspektive von Frauen zu berücksichtigen und Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen vor sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten zu schützen.

Seit der Verabschiedung der historischen Resolution sind sechs weitere Resolutionen (1820, 1888, 1889, 1960, 2106 und 2122) angenommen worden, doch lassen Fortschritte in der Praxis auf sich warten. Zahlen der Vereinten Nationen und der NATO belegen, dass Frauen und Mädchen weiterhin unverhältnismäßig stark von bewaffneten Konflikten betroffen sind.

Vor dem Zweiten Weltkrieg waren etwa 90 Prozent der Kriegstoten Kombattanten. Heute sind die meisten Opfer bewaffneter Konflikte Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder. Dies hat auch die NATO 2013 eingeräumt, als sie schrieb, dass Kriege von Männern geführt würden, die Leidtragenden jedoch vor allem Frauen und Kinder seien.

Kang Kyung-wha, die für humanitäre Angelegenheiten zuständige UN-Vizegeneralsekretärin und stellvertretende Koordinatorin des UN-Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA), wies kürzlich bei einer Vortragsreihe am Sitz der Vereinten Nationen in New York darauf hin, dass im Grenzgebiet zwischen Nigeria und Niger Mädchen im Alter von 14 Jahren verheiratet würden und die meisten mit 18 bereits zwei Kinder hätten.

Wie Kang weiter erklärte, ist für diese Mädchen an eine höhere Schulbildung kaum zu denken. Außerdem sei die Gefahr groß, dass dort Frauen und Mädchen Opfer von Gewalt, sexuellem Missbrauch, Ausbeutung und Menschenhandel würden. Angesichts einer solchen Marginalisierung und Rechtlosigkeit sei es unwahrscheinlich, dass sie beim Aufbau stabiler Gemeinschaften eine Rolle spielen und an der sozio- ökonomischen Entwicklung ihrer Gesellschaften und Staaten mitwirken könnten.

"Trotz der Resolution 1325 und der Nachfolge-Resolutionen werden Frauen und Mädchen weder an Entscheidungen über humanitäre Maßnahmen noch an Friedensgesprächen und friedensstiftenden Initiativen beteiligt", betonte Kang.


Weltgipfel für humanitäre Hilfe in Istanbul weckt Hoffnungen

Frauenaktivistinnen setzen indes hohe Erwartungen in den UN-Weltgipfel für humanitäre Hilfe, der im Mai 2016 in Istanbul stattfinden wird. Sie hoffen, dass dieses Treffen den Forderungen nach einer Umsetzung der zahlreichen Versprechen Auftrieb verleihen wird. Die internationale Gemeinschaft müsse eine Führungsrolle in dem Bemühen einnehmen, Frauen in Friedens- und Sicherheitsfragen einzubinden, forderte Marcy Hersh von der 'Women's Refugee Commission'.

Kang Kyung-wha zufolge sind auch der psychologische Widerstand gegen die Mitwirkung von Frauen in der Friedens- und Sicherheitspolitik und das rigide Festhalten am traditionellen Status Quo Herausforderungen, die es anzugehen gelte. Es sei üblich, geschlechterspezifische Themen aufgrund ihrer "kulturellen Sensibilität" mit Samthandschuhen anzufassen. "Man kann sich jedoch nicht immer hinter der Kultur verstecken."

Frauenaktivistinnen sind in ihren Gemeinschaften und auf nationaler Ebene nach wie vor mit Frauenhass und Misstrauen konfrontiert. Dazu meinte Christine Ahn, Mitbegründerin des 'Korea Policy Institute', dass es Männer in einflussreichen Positionen gebe, die sich eine Beteiligung von Frauen an friedenserhaltenden Maßnahmen gar nicht vorstellen könnten.


"Patriarchat in Reinform"

"Für diese Männer sind wir naiv, töricht und einfältig. Natürlich ist ihre Kritik verdeckt. Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert. Doch auch wenn wir auf subtile Weise herabgesetzt werden, zeigt sich das Patriarchat in Reinform", sagte Ahn auf der zweiten Veranstaltung der Vortragsreihe in New York.

Ahn hatte im vergangenen Mai gemeinsam mit 29 weiteren Frauen aus Süd- und Nordkorea die demilitarisierte Zone zwischen den beiden Staaten durchquert. Der Marsch zielte darauf ab, die zivilgesellschaftlichen Kontakte zwischen Frauen aus dem Süden und dem Norden Koreas zu fördern. Der symbolische Friedensakt an einer der militärisch am stärksten gesicherten Grenzen der Welt lässt sich als Beispiel für die praktische Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 betrachten.

"Wir berufen uns auf die Resolution, damit sich Frauen aus beiden Teilen Koreas begegnen können", sagte Ahn. "Denn nach den nationalen Sicherheitsgesetzen beider Länder ist ihnen dies nicht erlaubt. Solche Begegnungen werden wie Treffen mit dem Feind betrachtet." (Ende/IPS/ck/03.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/07/women-peace-and-security-agenda-still-hitting-glass-ceiling/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2015

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