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AGRAR/1640: Pakistan - Landwirtschaft im Swat-Tal erholt sich von den Taliban (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Januar 2014

Pakistan: Landwirtschaft im Swat-Tal erholt sich von den Taliban

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Viele Bauern arbeiten hart daran, die Landwirtschaft nach den Verlusten unter den Taliban wiederzubeleben
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, 9. Januar (IPS) - Ahmed Nawaz, ein Bauer im Swat-Tal im Nordwesten Pakistans, verflucht den Tag, an dem die Taliban in die malerische Gebirgsregion mit ihren üppigen Feldern und blühenden Gärten einzogen. "Das Land verkam", erklärt der 55-Jährige. "Früher ernährte die Landwirtschaft die ganze Familie. Doch nach der Ankunft der Taliban 2007 konnten wir zwei Jahre lang nicht unsere Felder bestellen."

Das Swat-Tal liegt in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa - bis zur Vertreibung der Taliban durch das Militär 2010 eine Hochburg der selbst ernannten Gotteskrieger. Die Bevölkerung brauchte lange, um wieder zu einem halbwegs normalen Alltag zurückzukehren. Die Extremisten hätten den Bauern hart zugesetzt und sie in große finanzielle Schwierigkeiten gebracht, berichtet Nawaz. "Inzwischen sind wir aber wieder auf dem Weg nach vorn."

Mindestens 65 Prozent der Menschen im Swat-Tal leben von der Landwirtschaft. Laut einem Bericht der Agrarbehörde von Khyber Pakhtunkhwa produzierte die Region vor 2007 etwa ein Viertel der gesamten Obstproduktion Pakistans. Durch die Taliban sank der Anteil auf zehn Prozent. Die ständigen Kämpfe, Artillerieangriffe, Bombenexplosionen, Ausgangssperren und Straßensperren verurteilten die Farmer zur Untätigkeit. 55 bis 70 Prozent der gesamten Obsternte gingen verloren.


Exporte nach Europa und Nahost

Wie Gul Shah vom Bauernverband von Swat erläutert, wurden früher qualitativ hochwertiges Obst, Gemüse und Getreide aus der Region bis in den Nahen Osten und nach Europa geliefert. Im Bezirk Malakand, zu dem auch das Swat-Tal gehört, wachsen unter anderem Pfirsiche, Birnen, Äpfel, Pflaumen, Aprikosen, Zwiebeln, Mais, Weizen und Reis.

Die Kämpfe legten den Agrarsektor jedoch lahm, und die Bauern kamen nicht länger an Saatgut, Dünger und Pestizide heran. "Nach der Vertreibung der Taliban begannen wir wieder damit, Obst und Gemüse zu exportieren und auf pakistanischen Märkten zu verkaufen", sagt Shah. Äpfel, Trauben, Pfirsiche und Kakis würden im In- und Ausland stark nachgefragt.

Die Taliban zerstörten auch die weiterverarbeitenden Industrien, die Kühlhäuser und Trockenlager. Die Infrastruktur konnte inzwischen wiederaufgebaut werden, auch Logistik und Marketing sind erneut funktionsfähig. Shah zufolge befördern jeden Tag mindestens 2.000 Laster Obst aus Malakand in andere Teile des Landes.

Aus der Wirtschaftsstudie für Pakistan von 2012 geht hervor, dass der Agrarsektor in den vorangegangenen fünf Jahren aufgrund der politischen Gewalt Verluste von umgerechnet rund 330 Millionen US-Dollar verschmerzen musste.

Während sich die Lage im Swat-Tal wieder gebessert hat, geht es den Bauern in dem Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA), wo die Taliban nach wie vor großen Einfluss ausüben, noch immer sehr schlecht.

Jalandar Khan, ein 45-jähriger Farmer aus der innerhalb der FATA gelegenen Bergregion Süd-Waziristan, berichtet, dass er mehr als 80 Hektar fruchtbares Land besaß, auf dem er vor 2004 verschiedene Agrarerzeugnisse produzierte. Die Taliban hätten dann jedoch verhindert, dass er weiter auf den Feldern arbeiten konnte. Die Bauern in dem Gebiet seien ärmer als früher, sagt er. "Mindestens 200 Familien, denen es früher finanziell sehr gut ging, haben seit der Ankunft der Taliban kaum noch Arbeit."

Nicht nur Nord- und Süd-Waziristan, sondern auch die Bezirke Kurram, Khyber, Bajaur und Orakzai wurden durch die Taliban schwer geschädigt. Wie der Verwaltungsbeamte Abdul Ghafoor erklärt, sind die meisten urbaren Gebiete ausgetrocknet, weil die Taliban die Stromversorgung häufig unterbrachen und somit eine regelmäßige Bewässerung der Felder verhinderten.


Armut in den FATA fast verdoppelt

Der Wirtschaftsstudie von 2012 zufolge trug im Zeitraum 1999 bis 2000 der Agrarsektor 25,9 Prozent zum pakistanischen Bruttoinlandsprodukt bei. 2009 und 2010 waren es dagegen nur noch 21,3 Prozent. In den FATA, wo viele Kleinbauern erfolgreich Landwirtschaft betrieben, ist demnach die Zahl der in Armut lebenden Familien zwischen 2000 und 2011 von etwa 35 Prozent auf 66 Prozent angestiegen.

Der Farmer Zaman Gul aus Bajaur berichtet, dass die Bauern dort Weizen, Gemüse und Obst für die lokalen und internationalen Märkte angebaut hätten. "Inzwischen ernten wir nicht einmal genug, um uns selbst zu ernähren." (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://finance.gov.pk/survey_1213.html
http://www.ipsnews.net/2013/12/barren-fields-recover-taliban/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2014