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ENERGIE/1327: Bundesnetzagentur plädiert für bedarfsgerechten Ausbau der Stromübertragungsnetze (BNA)


Bundesnetzagentur - Pressemitteilung vom 20. Juli 2010

Bundesnetzagentur plädiert für einen bedarfsgerechten Ausbau der Stromübertragungsnetze
Kurth: "Wir brauchen innovative Lösungen beim Netzausbau"


Um in Deutschland den Transport großer Mengen Strom aus erneuerbaren Energien von Norden nach Süden langfristig zu gewährleisten, sind Fortschritte beim Netzausbau notwendig. Neue Übertragungstechnologien können den Netzausbau zwar ergänzen, aber nicht ersetzen.

Das ist ein Ergebnis des Workshops "Technologieoptionen zur Deckung des Kapazitätsbedarfs in den Übertragungsnetzen", den die Bundesnetzagentur durchgeführt hatte.

"Das politische Ziel der Entwicklung einer CO2-armen bzw. -freien Stromerzeugung nach 2015 erfordert einen bedarfsgerechten Netzum- bzw. -ausbau. Im Rahmen unserer Veranstaltung sah keiner der Vertreter aus Wissenschaft und Industrie eine realistische Alternative zu den 24 im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) enthaltenen Ausbauvorhaben. Darüber hinaus ist die Herausforderung, ab 2020 weitere ca. 12 GW Strom aus erneuerbaren Energien von Nord- nach Süddeutschland transportieren zu müssen, nach Ansicht der Experten mit keiner der heute eingesetzten Technologien allein zu meistern", fasste der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, die wichtigsten Ergebnisse des Workshops zusammen.

"Wir müssen daher schon jetzt über innovative technologische Lösungen diskutieren, um sie dann möglichst im Konsens mit allen Beteiligten umsetzen zu können", betonte Kurth.

An dem Workshop der Bundesnetzagentur nahmen rund 90 Vertreter aus Wissenschaft, Industrie, Netzbetrieb, Behörden und Bürgerinitiativen teil. Zentrale Themen der Veranstaltung waren die Möglichkeiten und Kosten des Einsatzes von Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ)-Technologie und Hochtemperaturleiterseilen. Als eine weitere Option zur Bewältigung der steigenden Transportaufgaben im Übertragungsnetz wurde die Errichtung eines neuen Drehstromnetzes in der Frequenz des Bahnstromnetzes erörtert. Diese Technologie könnte insbesondere beim Anschluss von Off-Shore-Windparks Bedeutung erlangen.

Hochtemperaturleiterseile erlauben höhere Ströme als klassische Leiterseile. Sie ermöglichen zusätzliche Transportkapazitäten auf bestehenden Trassen. Da sie jedoch keine wesentliche Veränderung bei für das Netz entscheidenden Faktoren (u. a. Impedanzen, Netzstabilität) bewirken, können sie aus heutiger Sicht lediglich als Ergänzungsmaßnahme auf den vorhandenen Leitungen betrachtet werden, um den nach 2015 entstehenden Ausbaubedarf zu reduzieren. Der durch das EnLAG definierte Netzausbaubedarf bleibt unverändert bestehen.

Die Tagung hat einmal mehr gezeigt, dass pauschale Aussagen zum Kapazitätsbedarf in den Übertragungsnetzen nicht möglich sind. Vielmehr sind projektindividuelle Untersuchungen notwendig. So sind beispielsweise die Kosten von HGÜ-Leitungen als Erdkabel im Vergleich zu konventionellen Drehstromleitungen als Freileitung mindestens doppelt so hoch, je nach Vorhaben können sie aber auch achtmal so hoch sein. Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien sind sorgfältig abzuwägen. HGÜ-Leitungen, die sich als Freileitung oder als Erdkabel realisieren lassen, lohnen sich nach Ansicht von Experten an Land erst ab Distanzen von ca. 600 Kilometern.

"Es sollten möglichst bald praktische Tests neuer Übertragungstechnologien erfolgen, soweit dies unter dem Aspekt der Netzsicherheit verantwortbar und bezahlbar ist. Die Bundesnetzagentur wird das Thema zusammen mit dem Markt weiter verfolgen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Übertragungsnetze der Zukunft den neuen Anforderungen gerecht werden können und zugleich die Netzentgelte nicht mehr als notwendig steigen. Die technischen Alternativen müssen dabei hinreichend untersucht und ihre Potenziale in Deutschland einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. Nur so wird sich die mangelnde Akzeptanz eines Netzausbaus, die vielerorts spürbar ist, verringern lassen", sagte Kurth.


Die Vorträge des Workshops sind im Internet unter
www.bundesnetzagentur.de zu finden.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. Juli 2010
Pressestelle der Bundesnetzagentur (BNA)
Tulpenfeld 4, 53113 Bonn
Telefon: 0228/14-99 21
Telefax: 0228/14-89 75
pressestelle@bnetza.de, www.bundesnetzagentur.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2010