Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


ENERGIE/2258: Akademien veröffentlichen Stellungnahme "Rohstoffe für die Energiewende" (idw)


acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften - 08.02.2017

Akademien veröffentlichen Stellungnahme "Rohstoffe für die Energiewende"


Weltweit gibt es genügend Metalle und Energierohstoffe für die Energiewende. Die Versorgung hängt jedoch davon ab, wie sich die Rohstoffpreise entwickeln, wie transparent die Märkte sind und ob hohe Umwelt- und Sozialstandards im Bergbau erzielt werden können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe des Akademienprojekts "Energiesysteme der Zukunft" (ESYS). In ihrer Stellungnahme sprechen sich acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften für strategische Rohstoffpartnerschaften mit Lieferländern, die Erschließung neuer Lagerstätten und mehr Metallrecycling aus.


Ist die Energiewende erfolgreich, sinkt der Verbrauch von Kohle, Erdöl und Erdgas. Gleichzeitig müssen für den Ausbau von Windparks, Solaranlagen, Speichern und intelligenten Netzen immer mehr verschiedene Metalle importiert werden. Gefragt sind vor allem wertvolle Elemente wie Seltene Erden, Platingruppenelemente, Germanium, Indium und Kobalt. Von den Energierohstoffen werden besonders Erdgas und Biomasse benötigt, um die Schwankungen der Wind- und Solarenergie auszugleichen. Wie Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten werden kann, beschreibt die Stellungnahme "Rohstoffe für die Energiewende. Wege zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung".


Metalle und Mineralien

Zwar gibt es weltweit ausreichend natürliche Metallvorkommen, sie sind jedoch ungleich verteilt und werden ungleichmäßig genutzt. In China beispielsweise werden 86 Prozent der Seltenen Erden abgebaut - sie werden unter anderem für den Bau von Windanlagen, Batterien und Elektromotoren benötigt. Nutzen Staaten diese Marktmacht aus, etwa indem sie den Export erschweren, können Länder wie Deutschland nicht mehr genügend Metalle beziehen.

Mit zwischenstaatlichen Handelsabkommen und -verträgen kann der Staat den privatwirtschaftlichen Rohstoffimport und die Lieferbeziehungen unterstützen. Strategische Rohstoffpartnerschaften können auch dazu beitragen, Umwelt- und Sozialstandards zu etablieren. Sie sind sowohl ethisch geboten als auch Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb. Außerdem sollten Energieaufwand und Umweltbelastungen bei der Rohstoffgewinnung die ökologischen Vorteile der Energiewende nicht übersteigen, so die Stellungnahme.

Mit der Erschließung neuer Lagerstätten in Deutschland und Europa sowie in der Tiefsee ließe sich die Rohstoffbasis erweitern: "In Deutschland gibt es etwa Lagerstätten für Indium und Germanium, am Meeresboden lagern unter anderem Kobalt, Kupfer und Nickel. Um die Vorkommen wirtschaftlich zu fördern, müssen jedoch die Umweltfolgen besser erforscht und Technologien für Abbau und Verarbeitung weiterentwickelt werden", erläutert Jens Gutzmer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der an der Stellungnahme mitgearbeitet hat.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist das Metallrecycling: Alte Autos, Elektronikgeräte und Leitungen sind wertvolle Rohstoffquellen. "Da die Wiedergewinnungsraten bei vielen Hightech-Elementen gering sind, sollte die gesamte Prozesskette verbessert werden", sagt Christian Hagelüken von Umicore, der ebenfalls Mitglied der ESYS-Arbeitsgruppe ist. Labels für recyclingfähige Produktdesigns würden schon bei der Herstellung ansetzen. "Auch verbraucherfreundlichere Sammelsysteme und verbesserte, breit genutzte Recyclingverfahren könnten die Wiedergewinnungsraten erhöhen. Außerdem sollten Ausfuhr und Verbleib von Elektroschrott besser kontrolliert werden", so Hagelüken.


Energierohstoffe

Biomasse kann die Schwankungen von Strom aus Wind- und Solarenergie ausgleichen. Würde die Landwirtschaft in den europäischen Emissionshandel einbezogen, könnte der CO2-Ausstoß der Biomasseproduktion reduziert werden. Auch durch Nachhaltigkeitsvorgaben für den Energiepflanzenanbau und -import sowie eine Steuer auf Stickstoffdünger würde die Bioenergieproduktion klimafreundlicher werden.

Erdgas ist vor allem für den Übergang zu einem klimafreundlichen Energiesystem wichtig, weil es weniger CO2 verursacht als Kohle. Um sich weniger abhängig von einzelnen Lieferländern zu machen, könnte die Flüssiggasinfrastruktur ausgebaut werden. Schiefergas und Erdgas aus Kohleflözen in Deutschland können die Versorgung zusätzlich absichern.

Die ESYS-Stellungnahme ist frei zugänglich unter:
www.acatech.de/rohstoffe-fuer-die-energiewende

Die Ergebnisse der Stellungnahme werden am 16. Februar 2017 auf der Fachkonferenz "Rohstoffe effizient nutzen - erfolgreich am Markt" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vorgestellt.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Experten sind namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht werden.

Für die gemeinsame Initiative "Energiesysteme der Zukunft" (ESYS) hat acatech die Federführung übernommen. Im Akademienprojekt erarbeiten rund 100 Energiefachleute aus Wissenschaft und Forschung Handlungsoptionen zur Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung.


Weitere Informationen unter:
http://www.acatech.de/rohstoffe-fuer-die-energiewende
http://www.leopoldina.org/de/publikationen/empfehlungen-stellungnahmen/
http://www.akademienunion.de/publikationen/neuerscheinungen/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution858

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften,
Julika Witte, 08.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang