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INTERNATIONAL/054: Papua-Neuguinea - Frauen bestimmen über Zukunft von Mega-Kupfermine (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Oktober 2011

Papua-Neuguinea: Frauen bestimmen über Zukunft von Mega-Kupfermine

von Catherine Wilson

Panguna-Mine - Bild: © C.E. Wilson/IPS

Panguna-Mine
Bild: © C.E. Wilson/IPS

Buka, Bougainville, 19. Oktober (IPS) - Auf der Insel Bougainville, die politisch zu Papua-Neuguinea gehört, wird Land von den Müttern an die Töchter vererbt. So will es die Tradition. Auch die Eigentümer der Grundstücke, über die sich die einst größte Kupfertagebaumine der Welt erstreckt, sind Frauen. Sie werden entscheiden, ob die seit 22 Jahren stillgelegte Panguna-Mine, die viel Unheil über Mensch und Natur gebracht hat, wieder in Betrieb geht.

Ihre Entscheidung hängt letztlich davon ab, ob sie die Vorschläge der Projektbefürworter zufrieden stellen. Die Frauen wollen über die konkreten Folgen des Bergbauprojekts genau ins Bild gesetzt werden. "Um was für eine Form des Bergbaus geht es und welche Prozesse werden dadurch in Gang gesetzt?", fasst Patricia Tapakau die Bedenken zusammen. Tapakau leitet die Organisation 'Panguna Women in Mining', die die Interessen von Frauen in den 13 Dörfern vertritt, die von der Wiedereröffnung der Mine betroffen wären. "Genau das müssen wir wissen, denn wir wollen keine weiteren Zerstörungen mehr."

Die Panguna-Kupfermine hatte 1969 die Arbeit aufgenommen. Damals stand Bougainville unter australischer Kolonialverwaltung, und die traditionellen Eigentümerinnen wurden aus dem Kupferabkommen zwischen der australischen Regierung und dem Bergbauunternehmen 'Conzinc Rio Tinto Australia' ausgeschlossen.


Ökologische und soziale Probleme

20 Jahre lang trugen die Clans der Barapang, Kurabang, Basikang und Bakoringku an den Folgen der durch den giftigen Abraum verursachten Verseuchung von Böden und Gewässern und der Zwangsumsiedlung ganzer Gemeinden. Der Anteil der Betroffenen an den Einnahmen aus dem lukrativen Geschäft war hingegen verschwindend gering.

1989, nachdem sich die Firma 'Bougainville Copper Limited' (BCL) geweigert hatte, den Entschädigungsforderungen der Landeigentümerinnen in Höhe von insgesamt zehn Milliarden Kina (454 Millionen Dollar) nachzukommen, erzwang die Revolutionäre Armee von Bougainville die Schließung der offenen Mine.

Die papuanische Regierung, die zu 19,06 Prozent an der Mine beteiligt war, BCL und der britische Multi 'Rio Tinto' (53,58 Prozent) verhängten daraufhin eine Blockade über die Insel. Was folgte war ein zehnjähriger Krieg, der 20.000 Menschen das Leben kostete. Die lokalen Gemeinschaften erlebten schwere Menschenrechtsverletzungen und die Infrastruktur wurde zerstört.

Nach Angaben von Helen Hakena, Leiterin der lokalen Organisation 'Leitana Nehan Women's Development Agency', die Frauen Führungsqualitäten vermittelt und sie über ihre Landrechte aufklärt, konnten seit dem Friedensabkommen von Bougainville 2001 einige politische Erfolge wie die Bildung einer Autonomen Regierung Bougainvilles im Jahr 2005 erzielt werden. "Wir haben nun unsere eigene Regierung und konnten zudem im Bereich der Friedensbildung und Entwaffnung einiges erreichen", erläutert Hakena. "Unternehmen, Schulen, und andere Einrichtungen haben inzwischen ihre Tore geöffnet."


Unter Entwicklungsdruck

Gleichzeitig hat sich die Bevölkerung von Bougainville von 175.000 Menschen im Jahr 2000 auf 300.000 fast verdoppelt. Den Großteil ihrer Einkünfte verdankt die Insel internationalen Gebern. In vielen Dörfern gibt es weder Strom noch sauberes Wasser oder eine Basisgesundheitsversorgung.

Die Autonomieregierung hält Einkünfte aus dem Bergbausektor für entscheidend, um die Entwicklung und Wirtschaft der Insel voranzubringen - die Voraussetzungen für die Unabhängigkeit von Papua-Neuguina. Ein entsprechendes Referendum soll in den nächsten fünf bis zehn Jahren stattfinden.

Im Mai hatte der BCL-Chef Peter Taylor Bougainville in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation besucht und Sondierungsgespräche mit dem Präsidenten von Bougainville, John Morris, über eine Wiedereröffnung der Panguna-Mine geführt. Das Unternehmen schätzt die Kupfer- und Goldreserven der Mine auf 3,5 Millionen Tonnen respektive 12,7 Millionen Unzen.

Taylor erklärte öffentlich, er erwarte von der Autonomieregierung und den Eigentümerinnen des Landes, auf dem sich die Mine befindet, dass sie die Initiative ergreifen. Doch die Landbesitzerinnen halten sich zurück. Sie befürchten, dass die handfesten Wirtschaftsinteressen zur rücksichtslosen Ausbeutung ihrer Territorien führen werden. "Für uns ist Land jedoch wie eine Mutter, die uns ernährt", sagte Joanne Dateransi. "Wir hängen seit ewigen Zeiten von unserem Land ab. Sein Wert lässt sich nicht mit Gold aufwiegen."


Entschädigungsforderungen

Die Frauen sind der Meinung, dass zunächst einmal das wirtschaftliche Potenzial der lokalen Industrien wie Kopra- und Kakaoproduktion und Tourismus ausgeschöpft, die Bergbauopfer entschädigt und die Umweltprobleme gelöst werden müssen. "Als erstes sollten die Regierung und das Unternehmen unserer Forderung nach einer Zahlung von zehn Millionen Kina nachkommen", so Panguna-Landeigentümerin Lynette Ona, die sich bei den Wahlen im nächsten Jahr als Kandidatin aufstellen lassen will. "Die Chemikalien verseuchen noch immer den Fluss."

In einem Umweltbericht über die Folgen der Panguna-Mine, den die Firma 'Applied Geology Associates' (1998) erstellt hat, ist von tausenden Tonnen Rückständen einschließlich toxischer Schwermetalle wie Quecksilber, Blei und Zink die Rede. Die Rückstände wurden in den nahe gelegenen Jaba-Fluss eingeleitet und zerstörten Fischbestände, Wasserreserven und Ernten.

Die BCL müsse schon mit einem sehr guten Giftmüllentsorgungsplan aufwarten, meint Coleman. "Seit der Schließung der Mine haben sich die Böden nur langsam wieder erholt. Während die Mine in Betrieb war, gab es keine Kokosnüsse mehr in unserem Dorf. Heute sind die Bäume wieder voll."

Auf Bougainville sind die politische und soziale Einheit weitere wichtige Themen, zumal der Versöhnungs- und Entwaffnungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Auch nach dem Ende des Bürgerkriegs gibt es viele Haushalte, die im Besitz von Waffen sind. "Wir werden nicht alle Menschen entwaffnen können", meint Hakena. "Doch sollte es Priorität der Regierung sein, wenigstens einige dieser Waffen vor einer möglichen Wiedereröffnung der Panguna-Mine aus dem Verkehr zu ziehen."

Die Panguna-Gemeinschaft besteht aus vielen Hardlinern und ehemaligen Kämpfern, die den Zugang zu der Mine kontrollieren und bisher keine Anstalten machen, der Wiedereröffnung der Mine zuzustimmen. Entsprechend solide müssen die Vorschläge der Minenbefürworter sein, was die Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten angeht. "Wir wollen Entwicklung, aber vor allem wollen wir die Fehler der Vergangenheit vermeiden", meint dazu Patricia Tapakau. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2011