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INTERNATIONAL/162: Mauritius - Armutsbekämpfung durch Kleinunternehmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Juli 2013

Mauritius: Armutsbekämpfung durch Kleinunternehmen

von Nasseem Ackbarally


Bild: © Nasseem Ackbarally/IPS

Kleinunternehmen boomen seit der Vereinfachung der Anmeldungsverfahren
Bild: © Nasseem Ackbarally/IPS

Port Louis, 16. Juli (IPS) - Raja Venkat steht mit seinem Mini-Stand am Einwanderungsplatz in Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius. Er preist seine kleinen flachen 'Dhal-Puris' an. Die mit Hülsenfrüchten gefüllten Teigtaschen serviert er mit Tomatensauce und Bohnencurry. "Wenn Sie meine Puris probieren, wollen Sie mehr", ruft er den Passanten zu. Der Straßenverkäufer ist einer von vielen tausend Landsleuten, die seit der Lockerung der Gewerbeanmeldeverfahren im letzten Jahr ein eigenes Geschäft aufgemacht haben.

"Zuvor hatte ich als Maurer auf dem Bau ausgeholfen, Gemüse transportiert und Autos gewaschen", berichtet Venkat gegenüber IPS. "Ich habe jeden Auftrag angenommen, doch die meiste Zeit war ich arbeitslos." Seit einem halben Jahr haben er und seine Frau jedoch ihr eigenes Geschäft. Aashna Venkat bereitet die Puris in Terre-Rouge, dem Wohnort der Familie zu, und ihr Mann verkauft sie in der Hauptstadt. "Wir verdienen nun genug, um alle satt zu bekommen und können sogar ein bisschen Geld zurücklegen", freut sich der Vater zweier Kinder.

In den Städten und Dörfern sind kleine Geschäfte wie Pilze aus dem Boden geschossen. Die einen verkaufen Speisen, Gemüse, Obst, Kleidung oder Luxusartikel, die anderen reparieren Fahrräder und Motorroller. Unzählige Frauen, vor allem aus muslimischen Familien, haben sich darauf verlegt, Frauenhände mit Henna-Tatoos zu verzieren.


Miniunternehmen wichtigste Arbeitsgeber

Dem zuständigen Minister für Unternehmen und Kooperativen, Jim Seetaram zufolge, beschäftigen kleine und mittlere Unternehmen inzwischen mehr Menschen als die größeren Betriebe. "Zwischen 2000 und 2011 konnten 67.800 Jobs in kleinen und mittleren Unternehmen geschaffen werden", berichtet er. "Das ist ein Anstieg um 36 Prozent." Demgegenüber hätten die größeren Betriebe nur 14.400 Arbeitsplätze eingerichtet.

Ende 2012 lag die Arbeitslosigkeit den amtlichen Angaben zufolge bei 8,6 Prozent. Somit ist der Plan der Regierung, die Beschäftigungslosigkeit durch eine Lockerung des Gewerbeanmeldeverfahrens einzudämmen, aufgegangen. Wie die Regierung des Inselstaates im Indischen Ozean betont, ist die Zahl der Miniunternehmungen im Jahr 2012 von 133.723 auf 138.236 gestiegen.

"Die kleinen und mittleren Unternehmen sind die eigentlichen Triebfedern der Beschäftigung und tragen signifikant zum Wirtschaftswachstum bei", bestätigt Seetaram. Sie beschäftigten gut 250.000 Menschen oder mehr als 44 Prozent aller erwerbsfähigen Inselbewohner.

Auch Ganesh Ramalingum, Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer von Mauritius, würdigt das Beschäftigungspotenzial des Kleingewerbes. "Jemand, der geschickt genug ist, um Fahrräder oder Motorroller zu reparieren, kommt in die Situation, dass er ein bis zwei Helfer gut gebrauchen kann. Auf diese Weise entstehen immer neue Jobs. Das ist gut für unsere Industrie."

Reguliert werden die Kleinunternehmen von den lokalen Behörden, die bemüht sind, die Wohngebiete vor unnötigen Störungen, Müll, schlechten Gerüchen und Dämpfen zu bewahren. Die Unternehmen, die in Städten wie Port Louis eine jährliche Gewerbesteuer in Höhe von 50 US-Dollar zu entrichten haben, müssen sich an Vorgaben der Feuerwehr, der Gesundheitsbehörden und des Umweltministeriums halten.


Kontrolle umzureichend

Ganeshen Mooneesawmy, Vizevorsitzender des Distriktrats von Rivière du Rempart, der die Geschäftsgenehmigungen im Norden des Inselstaates überprüft, freut sich über die kleinen Privatunternehmen. Er bemängelt aber, dass sich viele von ihnen nicht an die Hygienebestimmungen halten und auch keine Rücksicht auf ihr unmittelbares Umfeld nehmen. "Das Problem ist, dass wir viel zu wenige sind, die diesen Leuten auf die Finger sehen."

In Goodlands im Norden von Mauritius lassen sich die Händler oft an Orten nieder, für die sie keine Lizenzen haben. "Es herrscht hier ein großer Wettbewerb", rechtfertigt sich ein Straßenverkäufer, der seinen Namen nicht nennen will. "Wer nicht kämpft, hat abends nichts zu beißen."

Doch solche Erklärungen lässt Kritanand Beeharry, Ratsherr in Curepipe, einer Stadt im Süden von Mauritius, nicht gelten. Er gehört dem Bezirksausschuss für Gesundheit und Hygiene an. Wie er berichtet, kommt es häufig zu Beschwerden gegen die Mikrounternehmer, doch überwögen die Vorteile.

Anderer Meinung ist Prakash Bhunsee vom Bezirksrat von Flacq im Osten von Mauritius. Die Situation gerät seiner Meinung nach außer Kontrolle. Er bemängelt, dass die die Polizei zwar die Betriebsgenehmigungen kontrolliert, nicht aber die Einhaltung der Hygiene-, Umwelt- und Gesundheitsbestimmungen. Und der Mangel an Inspektoren sorge dafür, dass die vielen Unternehmen schalten und walten könnten, wie sie wollen. (Ende/IPS/kb/2013)


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/07/small-businesses-tackle-poverty-in-mauritius/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2013