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REDE/455: Internationaler Tag der Elektromobilität - Eröffnungsrede von Minister Brüderle (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - Berlin, 25. Oktober 2010

Internationaler Tag Elektromobilität

Eröffnungsrede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie Rainer Brüderle


Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Kollegin Bures,

sehr geehrter Herr Professor Kagermann,

meine Damen und Herren!

Herzlich willkommen im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie!

Wir befinden uns hier in einem alten Gebäude mit langer Geschichte.

Vor über 250 Jahren errichtete Friedrich der Große auf diesem Gelände einen Bau für die Kriegsinvaliden.

Nicht ganz so alt ist der Raum, in dem wir heute zusammenkommen.

Er wurde vor 100 Jahren als Akademie der Militärärzte gebaut.

Zu dieser Zeit begann auch der Siegeszug des Autos.

Was vielleicht nicht jeder weiß: Damals gab es schon
Elektrofahrzeuge.

So konstruierte zum Beispiel Ferdinand Porsche anfangs Elektroautos.

Lange war unklar, ob sich Benziner oder Elektroauto durchsetzen.

Doch die Batterie der Elektroautos wog damals 400 Kilogramm.

Kein Wunder, dass bald der Verbrennungsmotor seinen Siegeszug auf den Straßen begann.

Ein Jahrhundert später bekommt das Elektroauto eine neue Chance.

Noch immer stellt uns die Batterie vor gewaltige Herausforderungen.

Sie ist heute allerdings viel leichter als die Bleibatterie von damals.

Und heute geht es uns nicht mehr nur um den effizienteren Antrieb.

Es geht um eine ganze Menge mehr:

Elektromobilität reduziert Lärm in den Städten,
Elektromobilität sichert die Wettbewerbsfähigkeit unserer Automobilindustrie, und
Elektromobilität macht uns unabhängiger vom Öl.

Daneben kann Elektromobilität vor allem den Klimaschutz unterstützen.

Vollgetankt mit Strom aus Sonne, Wind und Wasser geben
Elektrofahrzeuge praktisch keine Emissionen ab.

Das gilt auch für den Strom aus Kernkraftwerken.

Die Kernenergie nutzen wir als Brücke in das Zeitalter der regenerativen Energien. Das ist unser Ziel.

Schließlich spricht noch ein weiterer Punkt für die Elektromobilität.

Künftig können Elektrofahrzeuge vielleicht zu stabileren Stromnetzen beitragen.

Sie könnten als mobile Stromspeicher dienen.

Und Stromspeicher werden immer wichtiger.

Gerade der Strom aus den erneuerbaren Energiequellen schwankt stark.

Der Wind weht eben nicht immer, wenn wir das Licht anschalten.

Die Sonne scheint nicht immer, wenn wir Elektrizität benötigen.

Mit Elektrofahrzeugen sind neue Lösungen denkbar.

Bei Starkwind und Sonnenschein würden sie aufgeladen.

Bei Flaute oder an sonnenarmen Tagen könnten sie Strom ans Netz zurückgeben.

Das macht die Elektromobilität zu einem zentralen Bestandteil unserer Energiepolitik.

Elektromobilität spielt deshalb auch eine wichtige Rolle in dem vor kurzem vorgelegten Energiekonzept der Bundesregierung, das auf 40 Jahre ausgelegt ist.

Wir müssen da noch ein paar Stolpersteine aus dem Weg räumen.

Dann könnte der Traum von der Elektromobilität Wirklichkeit werden.

Deutschland ist bei der Elektromobilität gut aufgestellt.

Und wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt.

Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen rollen.

Dazu investieren wir massiv in Forschung und Entwicklung. Dort sehen wir den größten Bedarf.

Bei der Grundlagenforschung kann der Staat die besten Impulse für die Entwicklung setzen.

Bis 2011 geben wir 500 Millionen Euro dafür aus.

Für die folgenden Jahre sind weitere Mittel in ähnlicher Höhe vorgesehen.

Das ist sehr gut angelegtes Geld.

Viele Fragen sind noch offen. Wir müssen zum Beispiel klären,

wie die Batterie von morgen aussieht,
wie die Elektrofahrzeuge in den Verkehr integriert werden oder
wo die Ladesäulen stehen sollen.

Gemeinsam können wir heute nach Antworten suchen.

Wichtig ist mir dabei ein realistischer Blick.

Elektrofahrzeuge müssen sich auf Dauer selbst am Markt durchsetzen. Nur dann haben sie eine Chance.

Der beste Richter wird auch hier der Wettbewerb sein.

Der Staat schafft nur den Rahmen dafür.

Er gibt die Spielregeln vor. Doch er macht keine eigenen Spielzüge. Der Staat baut die Autos nicht selbst. Und er bestimmt auch nicht die Technik.

Er gibt nur eine Anschubfinanzierung für die Grundlagenforschung.

Das muss allen klar sein.

Ganz bewusst haben wir in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern auf eine Kaufprämie verzichtet. Denn das verzerrt den Markt.

Wir stehen für fairen Wettbewerb, nicht für dessen einseitige Verzerrung.

Meine Damen und Herren,

die Welt der Mobilität ist im Umbruch.

Die Elektromobilität eröffnet uns viele neue Möglichkeiten.

Alte Platzhirsche könnten von ihren angestammten Revieren vertrieben werden.

Neulinge werden versuchen, sich Chancen zu sichern.

Das macht die Entwicklung so spannend.

Dabei ist die Elektromobilität nicht nur ein Thema für die klassische Automobilbranche.

Diese Technologie schafft ganz neue Wertschöpfungsketten - und das branchenübergreifend.

Das beginnt bei Rohstoffen und geht über das Elektrofahrzeug bis hin zum Recycling der Werkstoffe.

Viele Branchen können sich hier einbringen.

Ich denke da zum Beispiel an die Energiewirtschaft oder aber den IKT-Bereich, die hier zusammengeführt werden müssen.

Mit unserer Nationalen Plattform haben wir alle Akteure an einen Tisch gebracht.

So können sich die wichtigsten Branchen in Deutschland vernetzen.

Das ist ohnehin die Strategie, mit der man erfolgreich ist.

Heute erweitern wir unsere Plattform.

Wir wagen einen Blick über die Grenzen.

Erst kürzlich habe ich mich bei meinem Besuch in Japan und China über Elektromobilität ausgetauscht.

Das ist ein internationales Thema.

Wir alle stehen vor den gleichen großen Aufgaben.

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung heute Vertreter von ausländischen Regierungen und Unternehmen eingeladen.

Seien Sie uns alle herzlich willkommen!

Sie stellen heute Ihre Konzepte vor. Wir sind gespannt.

Ich freue mich über diesen Austausch. Im Dialog können wir voneinander lernen.

Wir haben hier viel zu bieten - Sie aber auch.

Unsere Unternehmen spielen global in der ersten Reihe mit. Alle deutschen Hersteller setzen auf Elektromobilität.

Ich höre manchmal, Deutschland hinke hinterher.

Das stimmt nicht. Deutschlands Unternehmen starten mit aller Kraft durch.

Wir sind in allen Bereichen der Wertschöpfungskette stark.

Mit Frankreich, unserem Nachbarn, haben wir eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet.

Sie hat bei der Frage der Normung erste Lösungen erarbeitet.

Daran wollen wir anknüpfen. Wir wollen gemeinsam einen Modellversuch durchführen.

Wir versprechen uns davon neue Erkenntnisse über die Chancen und Schwierigkeiten grenzüberschreitender Elektromobilität.

Und mit China haben wir die Einrichtung einer gemeinsamen Plattform vereinbart.

Das kann eine exzellente Grundlage für unsere Zusammenarbeit sein.

Ich wünsche mir noch mehr solcher Kooperationen.

Meine Damen und Herren,

bei der Elektromobilität dürfen wir uns nicht voneinander abschotten.

Wettbewerb ist auch international die beste Lösung. Protektionismus war schon immer die falsche Antwort.

Seit Adam Smith wissen wir, dass Freihandel einen win-win-Situation ist.

Der freie Welthandel sorgt für Wohlstand und Arbeitsplätze in allen Ländern.

Das gilt für alle Produktionsstufen - auch für die Rohstoffe. Der Handel mit ihnen muss Teil des freien Handels sein.

Der Zugang zu Rohstoffen ist gerade in der Elektromobilität wichtig. Wir brauchen Lithium für die Batterien.

Und ohne seltene Erden laufen die Elektromotoren nicht.

Es muss klar gelten: Wer auf unseren Märkten aktiv ist, muss auch seine Märkte öffnen.

Und auch die Elektrofahrzeuge selbst dürfen nicht an Grenzen scheitern.

Hier sind gemeinsame Normen und Standards wichtig.

Das fängt beim Stecker an. Es geht weiter mit der Integration der Batterie. Und es endet mit einheitlichen IKT-Standards.

Erst letzte Woche habe ich mit meinem japanischen Kollegen eine engere Zusammenarbeit bei diesem Thema verabredet.

Hier brauchen wir schnell Fortschritte.

Bei den Ladegeräten für Handys haben sich die Hersteller gerade erst auf gemeinsame Normen geeinigt.

Das war eineinhalb Jahrzehnte zu spät.

Eine solche Schläfrigkeit darf sich nicht wiederholen.

Meine Damen und Herren,

es warten einige Herausforderungen auf uns.

Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln und mit der Arbeit beginnen. Es gibt noch viel zu tun.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Tagung mit einem fruchtbaren Austausch und vielen interessanten Kontakten.

Vielen Dank.


Weiterführende Informationen

Elektromobilität
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/Industrie/elektromobilitaet,did=329150.html

Bundesregierung lädt zum "Internationalen Tag der Elektromobilität"
Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=364612.html

Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Energie/Energiepolitik/energiekonzept,did=360932.html


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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 25. Oktober 2010
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Pressestelle des BMWi
Telefon: 03018-615-6121 oder -6131
E-Mail: buero-L2@bmwi.bund.de
Internet: http://www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2010