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UNTERNEHMEN/2574: Literaturhinweis - Ausländische Investoren besser als ihr Ruf (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 15.06.2016

Ausländische Investoren besser als ihr Ruf

Wirtschaftsgeographen-Team veröffentlicht neues Buch zu Investoren aus Brasilien, Russland, Indien und China in Deutschland


Ausländische Investitionen in deutsche Unternehmen werden oftmals argwöhnisch beäugt, wie auch die Reaktionen auf den geplanten Einstieg eines chinesischen Investors beim deutschen Roboterhersteller Kuka oder der Verkauf des rheinland-pfälzischen Flughafens Hahn zeigen. Die Sorgen, die den Investoren in der Öffentlichkeit entgegengebracht werden, sind allerdings vielfach unbegründet. "Vor allem wird gemutmaßt, dass Investoren aus China oder anderen aufstrebenden Ökonomien nur in Deutschland investieren, um Wissen aus den übernommenen Unternehmen abzuziehen", nennt Prof. Dr. Sebastian Henn von der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Beispiel für ein gängiges Vorurteil. Der Jenaer Wirtschaftsgeograph und seine Kollegen Prof. Dr. Martin Franz aus Osnabrück und Dr. Jörg Weingarten von der PCG Project Consult GmbH aus Essen haben nun ein neues Buch vorgelegt, das mit solchen Vorurteilen aufräumt.

In den letzten drei Jahren haben sich die drei Wissenschaftler in einem von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierten Projekt (www.bricinvest.de) intensiv mit Investitionen aus den sogenannten BRIC-Staaten - Brasilien, Russland, Indien und China - in Deutschland beschäftigt. Die Ergebnisse ihrer Forschungen sind jetzt in dem Sammelband "BRIC-Investitionen in Deutschland - Chancen und Risiken für Unternehmen und Arbeitnehmer" veröffentlicht worden. Die Studie belegt, dass sich das Engagement ausländischer Investoren langfristig vielfach positiv auf deutsche Unternehmen auswirkt. "In der Öffentlichkeit werden Übernahmen immer mit feindlichen Übernahmen gleichgesetzt. Dabei ist es gerade in der Hochtechnologie meist eher ein Aushandlungsprozess auf Augenhöhe", unterstreicht Prof. Franz von der Universität Osnabrück. Auch im momentan kontrovers diskutierten Fall Kuka habe der chinesische Investor zugesagt, Arbeitsplätze und Entwicklungskompetenzen in Deutschland zu belassen. "Solche Zugeständnisse sind nicht ungewöhnlich", erläutert Franz. Denn die Käufer von wissensintensiven Unternehmen möchten weder die Mitarbeiter mit ihrem Know-how vergraulen noch die vorhandenen Kunden. Deshalb gehen ausländische Investoren auf die Interessen der Stakeholder in Deutschland ein, so die Autoren.

Tatsächlich ist das hohe Know-how in deutschen Unternehmen ein wichtiger Investitionsgrund. Die Angst vor einem schnellen Wissenstransfer mit anschließendem Wiederverkauf oder sogar einer Schließung des deutschen Unternehmens scheint aber unbegründet. "Angesichts der häufig geringen Integration des deutschen Unternehmens in das Käuferunternehmen und den ohnehin großen Herausforderungen beim Wissenstransfer ist eine kurz- bzw. mittelfristige Angleichung der unternehmensspezifischen Wissensbasen nicht zu erwarten. Daher kann auch die Qualität der Produktion in der Regel nur langfristig angeglichen werden", so Dr. Jörg Weingarten von der PCG Project Consult GmbH. Vielfach - so die Ergebnisse der Untersuchung - verfolgen die Investoren strategische Ziele, in denen eine Produktion in Deutschland als wichtiger Baustein für eine europäische Expansion gesehen wird.

Das Fazit der drei Wirtschaftsgeographen: "Ausnahmen gibt es immer, aber im Allgemeinen sind Investoren aus den BRIC-Staaten meist besser als ihr Ruf. Ihnen sollte nicht mit Vorurteilen begegnet werden, sondern im Einzelfall geprüft werden, welche Strategien und Ziele sie verfolgen. Eine solche Investition muss den Interessen der deutschen Unternehmen und ihren Belegschaften nicht entgegenstehen: Sie kann Unternehmen stark machen und auch den Arbeitnehmern nutzen."


Bibliografische Angaben:
Martin Franz, Sebastian Henn, Jörg Weingarten (Hg.): BRIC-Investitionen in Deutschland - Chancen und Risiken für Unternehmen und Arbeitnehmer, Bielefeld 2016, Transcript Verlag, 230 Seiten, Preis: 24,99 Euro, ISBN 978-3-8376-3410-5

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution23

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Axel Burchardt, 15.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2016

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