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WOHNEN/233: Verdrängung auf angespannten Wohnungsmärkten - Das Beispiel Berlin (idw)


Humboldt-Universität zu Berlin - 04.04.2019

Verdrängung auf angespannten Wohnungsmärkten. Das Beispiel Berlin

Experten und Buchveröffentlichung zur aktuellen Debatte um den Wohnungsmarkt


Die Stadt Berlin wächst seit Jahren stetig, der Wohnraum ist allerdings knapp und teuer. Angesichts der angespannten Wohnungsmärkte in den Großstädten steht die Frage nach der Verdrängung von alteingesessenen Bewohnerinnen und Bewohnern aktuell weit oben auf der Agenda stadt- und wohnungspolitischer Debatten.

Nicht nur die Politik, sondern auch verschiedene Mieterbündnisse in Deutschland beschäftigen sich mit diesen drängenden gesellschaftlichen Fragen. So startet am 6. April 2019 das von der Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" initiierte Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungsunternehmen. Ihr Ziel ist, dass private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, enteignet und ihre Bestände in Gemeineigentum überführt werden.

In der jetzt veröffentlichten Studie "Verdrängung auf angespannten Wohnungsmärkten. Das Beispiel Berlin" der HU-Wissenschaftler Dr. Fabian Beran und Prof. Dr. Henning Nuissl sind das Ausmaß und die Folgen von Verdrängung - zu denen es bislang kaum belastbare Befunde gibt - Thema. Die Forscher haben auf der Basis einer repräsentativen Befragung von Umzüglerinnen und Umzüglern aus den Berliner Innenstadtbezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg das Ausmaß der Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt quantifiziert, die Wohnstandortentscheidungen von Verdrängten beleuchtet und die Folgen einer Verdrängung für die Betroffenen untersucht. Darüber hinaus erfolgt eine konzeptionelle Einordnung des Verdrängungsbegriffs, den es vom Phänomen der Gentrifizierung zu unterscheiden gilt.

Die Verdrängungsrate, das heißt den Anteil verdrängter Mieterinnen und Mieter an allen Umzügen, beziffern die beiden Wissenschaftler mit über 20 Prozent. Mieterhöhungen, beispielsweise als Folge einer baulichen Aufwertung, sind in den beiden untersuchten Bezirken erwartungsgemäß die häufigste Ursache einer Verdrängung. Mieterinnen und Mieter mit niedrigem Einkommen oder niedrigem Bildungsabschluss werden überdurchschnittlich häufig verdrängt, ebenso wie Menschen zwischen 40 und 65 Jahren sowie Alleinerziehende. Stärker als von solchen soziodemographischen Merkmalen hängt die Wahrscheinlichkeit, verdrängt zu werden, jedoch von der Art des Vermieters ab: Am häufigsten verdrängen private Kleinanbieterinnen und -anbieter sowie privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen. Letztere hat auch das initiierte Volksbegehren im Fokus.

Den Verdrängten gelingt es überwiegend, ihre räumlichen Wohnwünsche zu realisieren und nahräumlich umzuziehen; so finden sich die Zuzugsschwerpunkte der Verdrängten innerhalb oder angrenzend an die innere Stadt von Berlin. Verdrängte sind im Zuge ihres (verdrängungsbedingten) Umzugs hohen Belastungen ausgesetzt und müssen nach ihrem Umzug beziehungsweise trotz ihres Umzugs in der Regel eine deutlich höhere Mietbelastungsquote in Kauf nehmen.


Publikation
Fabian Beran, Henning Nuissl,
Verdrängung auf angespannten Wohnungsmärkten. Das Beispiel Berlin,
Herausgegeben von der Wüstenrot Stiftung, 240 Seiten, Ludwigsburg, 2019 (ISBN 978-3-933249-12-8)

Das Buch kann bei der Wüstenrot Stiftung kostenfrei bestellt werden:
https://www.wuestenrot-stiftung.de/publikationen/verdraengung-auf-angespannten-wohnungsmaerkten-das-beispiel-berlin/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution46

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, 04.04.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2019

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