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INTERNATIONAL/023: Uganda - 18 Jahre unschuldig im Todestrakt, Mpagi kämpft gegen Todesstrafe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Juni 2011

Uganda: 18 Jahre unschuldig im Todestrakt - Edmary Mpagi kämpft gegen die Todesstrafe

Von Wambi Michael


Kampala, 9. Juni (IPS) - 1982 verurteilte ein Gericht in Uganda Edmary Mpagi aus dem Dorf Masaka und seinen Vetter Fred Masembe zum Tode. Die beiden Männer waren für schuldig befunden worden, ihren Nachbarn William Wandyanka ermordet zu haben. Beide hatten immer wieder ihre Unschuld beteuert, doch die Ergebnisse schlampiger Polizeiarbeit und ein gefälschter Obduktionsbericht überzeugten die Richter.

18 Jahre lang wartete Mpagi im Todestrakt des Gefängnisses auf seine Hinrichtung. Im Jahr 2000 wurde er vom Staatspräsidenten begnadigt. Sein schwerkranker Vetter überlebte die unmenschlichen Haftbedingungen nicht und starb 1985. Unterdessen war das angebliche Mordopfer untergetaucht und wurde erst nach Jahren entdeckt.

Der Justizirrtum und die schlimmen Jahre im Gefängnis haben aus dem einstigen Todeskandidaten einen Menschenrechtsaktivisten gemacht. Gemeinsam mit Amnesty International kämpft er gegen die Todesstrafe in seinem Land und für eine weltweite Aussetzung aller vorgesehenen Hinrichtungen.


Hinrichtungsmoratorium

Im ostafrikanischen Uganda ist es seit 1999 zu keinen Hinrichtungen mehr gekommen. "100 Menschen sitzen weiter im Todestrakt. 170 zum Tode Verurteilte wurden begnadigt, bei weiteren 400 wurde nach unserer Klage vor dem Verfassungsgericht die Todesstrafe in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt", berichtete Mpagi IPS.

Das Gericht hatte entschieden, die zwingende Vollstreckung des Todesurteils verstoße gegen die Verfassung. Doch es lehnte den Antrag der Hinrichtungsgegner ab, die Todesstrafe selbst als nicht verfassungsgemäß abzuschaffen und forderte die Regierung auf, das Strafgesetz zu ändern.

"Meine Verurteilung war typisch für unsere Justiz", klagte Mpagi. "Auf den ersten Blick bekamen wir einen ordentlichen Prozess. Mehrere Zeugen wurden aufgeboten, an deren Rechtmäßigkeit das Gericht keinen Zweifel hatte und uns schließlich zum Tode verurteilte", berichtete er. Doch in Uganda beschränkte sich die Polizei auf Ermittlungen am Schreibtisch. Es sei nie auszuschließen, dass sie dem Gericht gefälschte Beweise und falsche Zeugen präsentiere, um Menschen an den Galgen zu bringen.

"Besonders Arme wie wir, die sich keinen eigenen Rechtsbeistand leisten konnten, wurden unschuldig zum Tode verurteilt. Unseren Pflichtverteidiger bekamen wir nur zweimal zu Gesicht", berichtete Mpagi. Es kommt auch vor, dass Verdächtige bei der Vernehmung gefoltert werden und Verbrechen gestehen, die sie nicht begangen haben.


Todeskandidaten medizinische Behandlung vorenthalten

In einem eigenen Blog hat der Aktivist seitenlang über die in im Todestrakt herrschenden unmenschlichen und erniedrigenden Verhältnisse berichtet. So habe man seinem an Malaria erkrankten Vetter eine ärztliche Behandlung mit der Begründung verweigert, an einen Todeskandidaten dürfe man keine Steuergelder verschwenden.

"Die Hinrichtungen fanden direkt neben unserem Trakt statt", berichtete er IPS. "Wir mussten die Schreie der Todeskandidaten mit anhören, bis die Falltür unter dem Galgen mit lautem Knall aufsprang und die Verurteilten in den Tod stürzten. Dann war es still." (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.amnesty.org/en/region/uganda
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=55963

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. Juni 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2011