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INTERNATIONAL/153: Uganda - Teilerfolg für Frauen, Rückerstattung von Brautgeld verfassungswidrig (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. August 2015

Uganda: Teilerfolg für Frauen - Rückerstattung von Brautgeld verfassungswidrig

von Wambi Michael


Bild: © Wambi Michael/IPS

Hochzeitszeremonie in Uganda
Bild: © Wambi Michael/IPS

KAMPALA (IPS) - In Uganda hat der Oberste Gerichtshof nach einem langwierigen Kampf gegen die Praxis des so genannten Brautgeldes beschlossen, dass Männer bei Auflösung der Ehe keinen Anspruch auf eine Rückzahlung haben.

Frauenrechtlerinnen in dem ostafrikanischen Land, in dem die meisten Ehen von den Familien arrangiert werden, begrüßten die Entscheidung als wichtigen Schritt zu mehr Gleichberechtigung. Gleichwohl bedauerten sie, dass die Praxis an sich nicht als verfassungswidrig erklärt wurde.

Das Brautgeld gilt als Zeichen der Wertschätzung des Bräutigams gegenüber seiner Schwiegerfamilie. Traditionell werden den Eltern der Braut neben Geld auch Kühe oder Ziegen übergeben. In letzter Zeit stehen auch Sofas oder Kühlschränke auf der Wunschliste.


Jahrelanger juristischer Streit

Der Rechtsstreit um das Brautgeld begann 2007, als die Frauenorganisation MIFUMI eine Petition beim Verfassungsgericht einreichte. Die Praxis des Brautpreises widerspreche der ugandischen Staatsverfassung, die Frauen und Männer bei Heirat und Scheidung rechtlich gleichstelle. Außerdem hinderten solche überkommenen Bräuche Frauen daran, einen Beitrag zur Entwicklung des Landes zu leisten.

Das Verfassungsgericht urteilte jedoch im Jahr 2010 zugunsten des Brautgeldes. Nur ein einziger Richter, der inzwischen verstorbene Amos Twinomujuni, stimmte gegen den Brauch. Die zentrale Frage sei die Gleichbehandlung, erklärte er. Zudem sorge das Brautgeld für häuslichen Streit.

MIFUMI legte gegen dieses Urteil vor dem Obersten Gericht Berufung ein. Mit einer Stimmenmehrheit von sechs zu eins sprachen sich die Richter kürzlich immerhin gegen das Recht auf Rückerstattung des Brautgeldes aus. Der Vorsitzende Richter Jotham Tumwesigye erklärte, es sei ungerecht gegenüber den Eltern der Braut, wenn sie das Geschenk nach Jahren zurückgeben müssten. Frauen gerieten zudem in Gefahr, von den Eltern zur Aufrechterhaltung der Ehe gezwungen zu werden, selbst wenn sie Misshandlungen durch den Partner hinnehmen müssten.

Ugandas Oberster Richter Bert Katureebe begründete den Beschluss ferner damit, dass die Möglichkeit einer Rückforderung des Brautgeldes nahelege, dass eine Frau lediglich 'geliehen' sei und ohne materiellen Verlust wieder zurückgegeben werden könne. Dies sei mit der Würde der Frau unvereinbar.

Die MIFUMI-Rechtsexpertin Solomy Awiidi zeigte sich zufrieden über die Entscheidung, die zumindest in Teilen eine Praxis abgeschafft habe, die Frauen zu Geiseln mache. "Vätern und Brüdern von Bräuten standen Zivilklagen ins Haus, weil sie das Brautgeld nicht zurückzahlen können. Tausende, wenn nicht Millionen Frauen im Lande harren in Gewaltbeziehungen aus, weil ihre Familien den Brautpreis nicht zurückerstatten können. Das Urteil wirkt auf viele befreiend."

Der in Kampala ansässige Menschenrechtsanwalt Ladislaus Rwakafuzi, der als Hauptanwalt die MIFUMI-Petition unterstützt hatte, räumte zwar ein, "dass wir nicht alles bekommen, was wir uns erhofft hatten. Aber zumindest werden Männer künftig besonnener sein, wenn es um die Höhe des Brautgeldes geht, weil sie nun wissen, dass sie es nicht zurückbekommen werden, wenn die Ehe scheitert."

Nach Ansicht von Rita Achiro, Geschäftsführerin des Ugandischen Frauennetzwerks UWONET, macht das Urteil den Frauen Mut, sich rechtlich gegen erlittenes Unrecht zu wehren. Achiro forderte Regierung und Parlament auf, nun dafür zu sorgen, dass der Beschluss der Richter in geltendes Recht überführt wird. Solange die Rückforderung von Brautgeld kein Straftatbestand sei, werde es auch weiterhin eingefordert werden.

Die UWONET-Chefin erinnerte daran, dass das Verfassungsgericht 2004 zehn frauenfeindliche Artikel des Scheidungsgesetzes aufgehoben habe. So war es vorher nur den Männern gestattet, ihre Frauen im Fall von Ehebruch zu verlassen. Aktivistinnen hatten die Änderung des alten Scheidungsrechts damals als bahnbrechend bezeichnet. Doch elf Jahre später gibt es immer noch kein Gesetz, das die Einhaltung der Bestimmungen sicherstellt. (Ende/IPS/ck/10.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/ugandan-women-hail-partial-success-over-bride-price-system/

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IPS-Tagesdienst vom 10. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2015

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