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INTERNATIONAL/201: Dominikanische Republik - Sieg der Doppelmoral, Abtreibung bleibt absolut verboten (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Dominikanische Republik Sieg der Doppelmoral: Abtreibung bleibt absolut verboten

Von João Flores da Cunha


(São Leopoldo, 9. Juni 2017, ihu-unisinos) - Der Senat der Dominikanischen Republik hat sich am 31. Mai gegen die Entkriminalisierung der Abtreibung in dem Karibikstaat entschieden. Die Abstimmung war Teil einer Reform des dominikanischen Strafrechts. Das Strafrecht des Landes sieht bis zu drei Jahren Gefängnisstrafe für Frauen vor, die sich einer Abtreibung unterziehen. Zudem ordnet das Gesetz eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren für Ärzte und anderes Gesundheitspersonal an, das eine Abtreibung durchführt.


Präsidentschaft legte Entkriminalisierung der Abtreibung nahe

Die Präsidentschaft hingegen hatte empfohlen, das Recht auf Abtreibung in vier Fällen zu gewähren: wenn das Leben der Mutter in Gefahr oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung oder eines Inzest ist, oder der Fötus außerhalb der Gebärmutter nicht überleben kann. Die Entscheidung vom 31. Mai leistete der Empfehlung des Präsidenten Danilo Medina, die dieser im Dezember vergangenen Jahres an die Senator*innen richtete, jedoch keine Folge. Die Rechtslage des Landes verbietet in allen vier Fällen die Durchführung einer Abtreibung und der Senat hat nun entschieden, diese Norm beizubehalten.

Die Kirche des Landes hatte sich ihrerseits für die Beibehaltung des Verbotes eingesetzt. Nach der Abstimmung veröffentlichte die Bischofskonferenz der Dominikanischen Republik eine Stellungnahme, in der sie dem Senat dafür "dankt und beglückwünscht" das Abtreibungsverbot beibehalten zu haben. Für die Bischöfe des Landes "setzte die Nation [dadurch] ein starkes Zeichen für den Schutz des Lebens als unantastbarer Wert".


Scharfe Kritik seitens internationaler NGOs

Die Nichtregierungsorganisationen Amnesty International und Oxfam kritisierten die Entscheidung des dominikanischen Senates. "Das absolute Abtreibungsverbot führt dazu, dass Frauen sich Verzweiflungstaten und unsicheren Handlungen unterziehen, die ihr Leben und ihre körperliche und seelische Gesundheit gefährden", so in einer Stellungnahme der NGOs.

"Diese beschämende Entscheidung gegen die Entkriminalisierung der Abtreibung bedeutet nichts anderes, als die Gesundheit und das Leben von Millionen von Frauen und Mädchen in Gefahr zu bringen. Anstatt politische Spiele mit dem Leben von Frauen zu spielen, sollten die Befugten ihre Zeit und Energie darauf konzentrieren, die Menschenrechte der Frauen zu schützen", mahnte die Leiterin des Amerika-Programms von Amnesty International Erika Guevara Rosas. Die Organisationen betonten, dass die Dominikanische Republik eine der höchsten Muttersterblichkeitsraten der Region aufweist. Laut Daten des Ministeriums für Wirtschaft, Planung und Entwicklung handelt es sich um 106 Tote je 100.000 Neugeborene. Die ärmsten Frauen seien dabei den größten Risiken ausgesetzt, warnten die NGOs.


Absolutes Abtreibungsverbot in vier Ländern Lateinamerikas

Zusammen mit Chile, El Salvador und Nicaragua ist die Dominikanische Republik eines der vier Länder Lateinamerikas, die keinerlei legale Abtreibung erlauben. In El Salvador können Frauen sogar bestraft werden, wenn sie den Fötus unabsichtlich verlieren. Außerhalb Lateinamerikas ist Abtreibung nur in Malta und im Vatikanstaat [absolut] verboten.

In Lateinamerika ist die bedingungslose Durchführung einer Abtreibung nur in Uruguay erlaubt. In Brasilien ist Abtreibung erlaubt, wenn das Leben der Frau in Gefahr, der Fötus nicht überlebensfähig oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Dem brasilianischen Obersten Gerichtshof liegt derzeit eine Klage vor, in der die Legalisierung der Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche gefordert wird. Drei Minister*innen des Gerichtshofes - Luis Roberto Barroso, Edson Fachin und Rosa Weber - zeigten sich bereits positiv gegenüber der Auffassung, das Verbot der Abtreibung in den ersten 12 Schwangerschaftswochen sei mit den fundamentalen Rechten von Frauen unvereinbar. Wann über die Klage entschieden wird, ist noch unklar.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2017

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