Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

MELDUNG/154: Prozessbeobachtung - Demonstration in Remagen (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Pressemitteilung vom 17. Oktober 2011

Prozessbeobachtung:
Strafrechtliche Verfolgung von Teilnehmern einer Demonstration in Remagen


Landgericht Koblenz: 19.10.2011, (9.30 Uhr, Saal 139)

Gegen die nationalistische Versammlung von NPD und Kameradschaftsanhängern am 20.11.2010 demonstrierten viele Bürger und Bürgerinnen am gleichen Tag in Remagen. Vor allem einige Jugendliche wurden danach wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch angeklagt. Der erste und bisher einzige Prozess fand am 12.5.2011 in Bad Neuenahr-Ahrweiler statt. Das Amtsgericht verurteilte zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, auf drei Jahre zur Bewährung ausgeschrieben, und erließ weitere schikanierende Auflagen (u.a.: 150 Sozialstunden und 1.500 Euro Schmerzensgeld).

Der Prozess machte gleich mehrere Ungereimtheiten deutlich. Deshalb wird das Grundrechtekomitee den Berufungsprozess im Landgericht Koblenz, am Mittwoch, 19.10.2011, (9.30 Uhr, Saal 139) beobachtend begleiten. Presse und Öffentlichkeit sind bei diesem Prozess dringend erwünscht.

Schon die Umstände bleiben fragwürdig. Der verletzte Polizeibeamte war als Streifenpolizist nicht in Bezug auf die Versammlung eingesetzt, hatte aber Schlagstock und Pfefferspray einsatzbereit in den Händen. Die eingesetzte Bereitschaftspolizei hatte nicht den Eindruck, dass von der Gruppe eine Gefahr ausginge. Eine Identifizierung des Täters konnte nicht zweifelsfrei stattfinden. Das Tatwerkzeug konnte nicht gefunden werden, und andere bezeugen, dass der Angeklagte eine solche Tasche nicht hatte. Ein Zeuge, der mit dem Angeklagten zusammen unterwegs war und eher vorsichtig und genau beschrieb, was er gesehen hatte, wurde noch im Prozess auf Veranlassung des Staatsanwalts verhaftet. Ohne Anwalt wurde er von der Polizei befragt und unter Druck gesetzt. Falschaussage wurde ihm vorgeworfen. Bereitschaftspolizisten hatten jedoch ähnliche Aussagen wie er gemacht.

Ein Eindruck drängt sich auf: Unprofessionelle Polizeiarbeit führt zur willkürlichen Verfolgung Jugendlicher, ein Staatsanwalt erhöht den Druck auf Angeklagte und Zeugen, und ein Richter verurteilt ohne eindeutiges Beweismaterial. Die Zustände in dem beschaulichen Städtchen am Rhein erschrecken ob ihrer Willkür. Polizei und Gericht kriminalisieren politisch aktive Jugendliche auf der Grundlage ihrer eigenen Vorurteile.


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 17. Oktober 2011
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Aquinostr. 7-11, 50670 Köln
Telefon: 0221/9726920
E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2011