Schattenblick → INFOPOOL → REDAKTION → WOCHENDRUCKAUSGABE


EDITORIAL/144: Dicke Luft und dünne Luft (SB)



Wochendruckausgabe 144 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 03.08.2019


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Dicke Luft und dünne Luft

"Laß mal die Luft raus" steht etwa für die Aussage, die Spannung einer Situation oder die intensive Aktivität irgendeines Tuns zu entschärfen oder zurückzunehmen. Die Beschreibung einer anwachsenden Spannung hingegen, etwa mit den Worten, es herrsche dicke Luft, in den Fokus der Aufmerksamkeit zu lancieren, bedient sich ihrer ebenso als symbolische Füllmasse wie der Hinweis, es sei noch Luft drin, wenn es sich um die Einführung zusätzlicher Kapazitäten handelt. Sicher muß die Luft nicht selten im Sprachgebrauch als Medium oder Trägerschaft herhalten, unter anderem gewiß deshalb, weil ihre Unverzichtbarkeit außer jeder Diskussion und Frage steht, zur selben Zeit jedoch auch, weil ihre unterschiedlichen Funktionen es nahelegen.

Luft reimt sich auf Duft wie auf Gruft und Schuft und Kluft und ist mischbar mit ungeheuer vielen, grundlegenden Aggregaten und Zuständen in der Natur, genauso wie sie auch die wohl engsten und verbindlichsten Nachbarschaften mit Gegenständen, Konglomeraten, Verkettungen und Vereinzelungen pflegt. Es sind die oberen Räume in Allem und Jedem, die sich stets von ihr beherrscht und besetzt finden, wollte man sie genauer verorten. Sie trotzt dem Vakuum und dem Zerfall, verdingt sich als Mantel und Schutz des Planeten Erde und ist sich nie zu klein oder zu groß, den Rest dieser Welt aufs entschiedenste zu verknüpfen. Auch ist sie Träger des Wandels und dem Stoffwechsel geradeso verpflichtet wie dem Stillstand.

Klaglos trägt und transportiert sie die Frische aus der Wald- und Pflanzenwelt wie auch die Wuchten aus dem Nachlaß menschlichen Schaffens. Die Luft würde bestimmt eher unbemerkt zur Entlastung jener Verunreinigungen und Schäden, welche diese Welt fortschreitend anhäuft, fürsorglich beitragen, wären ihre Kapazitäten nicht, wie jene der ganzen Erde, äußerst beschränkt, zumindest an dem wachsenden Maß und der Wut menschlich-industrieller Zerstörungsgewalt gemessen.

Schlußendlich bleibt mir Gott sei Dank gerade noch genug Luft für einen Stoßseufzer in Anbetracht dessen, spätestens jetzt mit diesem leidigen Thema durch zu sein.

Ihre Schattenblick-Redaktion


2. August 2019


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang